Die Welt verändern! Programmatische Thesen für den 32. Parteitag Hubert Schmiedbauer: Kritisch kommentierende spontane Bemerkungen (unterstrichen), die nicht als Alternativtexte gelten können. Sie sind beliebig erweiterbar und zu korrigieren, wo ich irre. Meine Vorgangsweise soll mithelfen, den Entwurf als irreparabel abzulehnen und die Diskussion um ein brauchbares Programm fortzusetzen. (Überarbeitete Fassung) Jänner 2003 I. Der Kapitalismus im Zeitalter seiner Globalisierung Weit davon entfernt, seinen ausbeuterischen und unterdrückerischen Charakter eingebüßt zu haben, unterscheidet sich der Kapitalismus des 21. Jahrhunderts in wesentlichen Aspekten von demjenigen, den wir vom Beginn des letzten Jahrhunderts an kannten und auf den sich viele der traditionellen Analysen der sozialistischen und kommunistischen ArbeiterInnenbewegung beziehen. Schon aus in diesem ersten Satz wird die Brutalität des kapitalistischen Systems und die Notwendigkeit seiner Beseitigung nicht schlüssig. Damit bleiben wir sogar hinter der Kritik aus dem bürgerlichen Lager selbst zurück. Erst recht gilt das für die konkrete Lebensweise der heutigen Menschen und für die Formen, in denen sie sich ihrer Lage und Probleme bewusst werden, was den Ausgangspunkt für politisches Engagement und Widerstand bildet. Daher müssen wir unsere Analysen und unsere Kritik des Kapitalismus weiterentwickeln, um zu Schlussfolgerungen für unsere Politik zu gelangen. Wenn wir wollen, dass politisch interessierte Menschen unser Programm lesen, dann muß es einen Einstieg geben, der eine lohnende Lektüre erwarten lässt. 1. EINE GLOBALE REVOLUTION DER PRODUKTIVKRÄFTE Der Kapitalismus unserer Zeit wird charakterisiert durch eine sich ständig beschleunigende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte (ungenau, denn der fortgeschrittene Kapitalismus wird durch den ihm eigenen Missbrauch der Produktivkraftentwicklung und als Hindernis für wesentliche Entwicklungen charakterisiert), in deren Zentrum die Mikroelektronik und die Molekularbiologie stehen. Insbesondere die Biogenetik (?) gestattet es, auf bisher nicht gekannte Weise in den Naturprozess, darunter in die biologische Existenz und Entwicklung des Menschen selbst einzugreifen, was nicht nur neue Chancen, sondern vor allem auch qualitativ neue Gefahren für die menschliche Zivilisation birgt. Das hervorstechende Merkmal der heutigen Zeit ist eine grenzenlose globale Vernetzung der wirtschaftlichen, sozialen und geistig kulturellen Prozesse. Die Verwandlung der (der?) Wissenschaft in eine unmittelbare Produktivkraft leitete einen qualitativen Umbruch in den Wirtschafts- und Arbeitsverhältnissen und den Übergang von einer "Industriegesellschaft" zu einer "Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft" ein. Falsche Terminologie. Die quantitative Verschiebung hebt nicht die primäre Rolle der industriellen Produktion (und Wertschöpfung) auf. Es sind lediglich neue Formen innerhalb der kapitalistischen Produktions- und Machtverhältnisse. Massenhaft wird menschliche Arbeit (Arbeitskraft!) durch informationsverarbeitende Maschinen ersetzt. Diese aktuellen Umbrüche erschüttern die gesamte moderne Zivilisation. Dramatischer als je zuvor stellt sich die Frage nach dem Verhältnis von Effektivierung und Humanisierung als den beiden prinzipiellen Dimensionen des Fortschritts. Beispielsatz für schlechte Ausdrucksweise. Unsere These lautet, dass die wissenschaftlich- technische Entwicklung aus ihrer Unterordnung unter das Kapitalverhältnis und das Patriarchat befreit und menschlichen Zwecken unterworfen werden muss, um eine andere Welt möglich zu machen. Ohne Abschaffung des Kapitalverhältnisses ist das eine Illusion! Das müssen wir gleich sagen! 2. BASIS UND ÜBERBAU DES KAPITALISMUS Die Revolution der Produktivkräfte in den entwickelten kapitalistischen Ländern stößt auf einen Typ sozialer, rechtlicher, politischer und kultureller Organisation der Gesellschaft, der sich nach 1945 im Verlauf der kapitalistischen Entwicklung in innen- und außenpolitischen Kämpfen und auch in der Systemauseinandersetzung mit dem Realsozialismus herausgebildet hat. Man nannte das doch nationaler und internationaler Klassenkampf. Die wirtschaftliche Basis dieses Kapitalismus stellte die industrielle Massenfertigung von Produktions- und Konsumgütern dar. Die Massenfertigung ist geblieben, geändert hat sich die Arbeitsteilung. Die Lohnabhängigen in der Großindustrie bildeten einen sozialen und politischen Kern der ArbeiterInnenklasse, auf den sich auch der Einfluss der Gewerkschaften gründete. Das Großkapital war daran interessiert, dass die ArbeiterInnenklasse durch soziale Zugeständnisse ruhig gehalten und der Absatz der Massenproduktionen durch eine entsprechende Kaufkraft sichergestellt wurde. In neueren marxistischen Untersuchungen wird diese Etappe der kapitalistischen Entwicklung, die bis in die 1970er-Jahre andauerte, einem Begriff des italienischen kommunistischen Theoretikers Antonio Gramsci folgend als "Fordismus" bezeichnet (nach dem US-amerikanischen Automobilhersteller Henry Ford, der als erster die neuen Produktionsweisen in seinen Fabriken einrichtete). Eine Etappe in der Entwicklung der Produktivkräfte, verbunden mit Leistungslohnsystemen als weiterer Verschleierung der Ausbeutung. Mit dem Einsatz der neuen Technologien, und auch durch den Wegfall des Realsozialismus als Konkurrenten geriet die fordistische Produktionsweise samt ihrem politischen Überbau in die Krise. Das neoliberale Herrschaftssystem ist die Antwort des Kapitals auf diese Krise. Daß es in erster Linie eine Krise der profitablen Unterbringung abgeschöpfter Mehrwertmassen ist, brauchen wir wohl nicht mehr zu erwähnen?! Wer sonst als wir sollte täglich nachweisen, mit welcher elementaren Lüge die Menschen zum "Sparen" verurteilt werden, abgesehen von der Entschleierung der zunehmenden Formen von angeblicher Leistung für die Lohngestaltung. 3. DER NEOLIBERALE UMBAU Der Neoliberalismus zielt auf eine Umwälzung der sozialen Verhältnisse auf kapitalistischer Grundlage. Das Kapital hat immer darauf gezielt und ist auf mehr oder weniger Widerstand gestoßen. Alle politischen, rechtlichen und kulturellen Hindernisse, sowie gewachsene Einstellungen der Menschen, die einer schrankenlosen Ausbeutung der revolutionierten Produktivkräfte im Wege stehen, sollen abgeschafft werden. Der fordistische Ordnungsrahmen wird aufgelöst oder weggesprengt. Erstens war der gute alte "Fordismus" eine Form der Ausbeutung von Arbeitskraft, zweitens sind Elemente dieser Methode durchaus in den heutigen Arbeitsbedingungen enthalten - sowohl in der Produktion als auch zunehmend bei Tätigkeiten an Schreibtischen, Computern usw. Schauplatz dieser innerkapitalistischen Revolution, die den dem Kapital unterworfenen Menschen als eine "passive Revolution" (Gramsci) von oben aufgezwungen wird, ist die ganze Welt. Der Neoliberalismus zielt auch auf einen Umbau der weltwirtschaftlichen Strukturen, die den gesamten Erdball und alle Menschen den Verwertungsbedürfnissen des transnationalen Kapitals und seiner Institutionen unterwerfen sollen. Erst der "Neoliberalismus"? Was war denn vorher? Die Eckpunkte dieses Konzeptes lauten: Der Markt regelt alles, die arbeitenden Menschen befinden sich in globaler Konkurrenz zueinander und stehen in einem Wettbewerb mit ihren Kollegen und Kolleginnen der kapitalistischen Peripherien. Ausschlaggebend in diesem Krieg aller gegen alle, genannt "Standortwettbewerb" sind vor allem niedrige Arbeitskosten, hohe Qualifikationen, grenzenlose Einsatz- und Leistungsbereitschaft und deregulierte Arbeitsverhältnisse. Hier fehlen die Steuerbegünstigungen, die kostenlos bzw. "wettbewerbsfähig" zur Verfügung zu stellende Infrastruktur, angefangen von Grundstücken über Straßen, Bahnzugang, kommunale Leistungen, bis zur (Mit)Finanzierung von Forschung und Entwicklung - alles Umverteilung.... Zwar hat sich die Linke weltweit und in Europa noch immer nicht von ihren Niederlagen am Ende des 20. Jahrhunderts erholt. Doch die Durchsetzung des neoliberalen Gesellschaftskonzeptes erzeugt Widersprüche und stößt auf Widerstand traditioneller und neuer sozialer Kräfte. Der globale Umbruch, in dessen Verlauf traditionellen politischen Strukturen und Denkformen durch die Produktivkraftentwicklung selbst die Grundlage entzogen wird, stellt uns vor die Herausforderung, radikale gesellschaftspolitische Alternativen in die Diskussion zu bringen, nicht innerhalb sondern in Gegensatz zum neoliberalen Kapitalismus. Was soll dieser Satz? Warum sagen wir uns von der historischen Rolle ("Herausforderung") der kommunistischen Bewegung los? Es geht seit 150 Jahren um Alternativen zum Kapitalismus und daher auch heute nicht um einen "Gegensatz zum neoliberalen Kapitalismus"! 4. RECHTER POPULISMUS UND NEOLIBERALISMUS Die Stärkung der extremen Rechten und das Wachstum des Rechtspopulismus sind, wie sich zeigt, keine österreichische Besonderheit, sondern eine weltweite Realität. Das Kapital erweitert angesichts der sozialen Verwerfungen, die der neoliberale Umbau erzeugt, seine politischen und ideologischen Strategien. Wo die Sozialdemokratie und Christkonservative sich als die politischen Hauptbetreiber des Umbaus (vorübergehend) abgenützt haben, bereitet ihr Scheitern den Boden für autoritäre politische Tendenzen und rechtsextreme Parteien, in denen der völkische Herrenmensch mit dem neoliberalen Sozialdarwinisten eine Koalition eingeht. Diskreditierung und Entideine Koalition eingeht. Diskreditierung und Entideologisierung der Politik im Allgemeinen nützen der extremen Rechten. Die Bildung der ÖVP-FPÖ-Koalition in Österreich war in diesem Zusammenhang kein normaler Regierungswechsel, sondern ein Wellenbrecher. Die Massenwirksamkeit des Rechtspopulismus beruht nicht auf neonazistischen gewalttätigen Kleingruppen, obwohl direkte Verbindungen bestehen, sondern stellt eine neue politische Erscheinung in Europa dar. Rechtspopulismus ist keine neue Erscheinung, er hat in der Vergangenheit die Herausbildung faschistischiese Bewegungen stehen in der Tradition des Antifaschismus, gehen aber in ihrer Gesellschaftskritik und der Radikalität ihres politischen Verständnisses weit über diesen und vor allem über die Grenzen der etablierten Politik hinaus. Und dann haben sie doch wieder rosaroten und grünen Neoliberalismus gewählt. Der Widerstand gegen die extreme Rechte und den Rassismus wird Teil des Kampfes gegen den Neoliberalismus. Der Kapitalismus war immer nationalistisch und rassistisch! Die KPÖ bringt in diesen Widerstand einerseits ihre Erfahrung im Kampf gegen den Nazi-Faschismus ein. Wir trennen mit solchen Formulierungen den Faschismus von seinen Wurzeln in den Kapitalverhältnissen. Darüber hinaus (da schau her!) ist sie aber auch (?) als politische Partei mit Veran-kerung in der ArbeiterInnenschaft und kommunalen bzw. gewerkschaftlichen Positionen gefordert. Wir verstehen als unsere Aufgabe, soziale und politische Interessenvertretung von unmissverständlich linken Positionen aus zu entwickeln. Warum "linken" statt "antikapitalistischen"? Wir wirken für einen Brückenschlag (wir sind wohl am anderen Ufer) zu anderen Bewegungen, den Gewerkschaften und insbesondere zu den globalisierungskritischen Bewegungen, in deren Reihen sich qualitativ neue antikapitalistische Haltungen entwickeln. (Ein Absatz weiter unten hängt in der Luft, wenn wir hier nicht deutlich erkennen lassen: Bisher haben die KommunistInnen sich immer als klassenbewußter Teil dieser Bewegungen verstanden! Und sie stellten und stellen sich die Aufgabe, an der Entwicklung antika-pitalistischer Haltungen aktiv mitzuwirken! Angesichts des europaweiten Vormarsches des Rechtspopulismus ist besonders wichtig, der Entideologisierung entgegenzuwirken, das heißt den Unterschied zwischen linken und rechten Haltungen nicht zu verwischen, sondern herauszuarbeiten. Emanzipatorische Politik ist die Anti-These des rechten Populismus. So gscheit samma! -pitalistischer Haltungen aktiv mitzuwirken! Angesichts des europaweiten Vormarsches des Rechtspopulismus ist besonders wichtig, der Entideologisierung entgegenzuwirken, das heißt den Unterschied zwischen linken und rechten Haltungen nicht zu verwischen, sondern herauszuarbeiten. Emanzipatorische Politik ist die Anti-These des rechten Populismus. So gscheit samma! Entideologisierung entgegenzuwirken, das heißt den Unterschied zwischen linken und rechten Haltungen nicht zu verwischen, sondern herauszuarbeiten. Emanzipatorische Politik ist die Anti-These des rechten Populismus. So gscheit samma! 5. EIN ANDERES EUROPA FÜR EINE ANDERE WELT Der Vormarsch von Nationalismus und Rechtspopulismus findet auf dem Hintergrund einer grenzüberschreitenden Konzentration und Zentralisation des Kapitals statt. Erstens kapitalistische Tradition, zweitens liest sich "grenzüberschreitend" mit "Konzentration und Zentralisation" als Gegensatz. Die Nationalstaaten verschwinden nicht von der Bildfläche, aber ihre Funktionen verändern sich. Eine der wichtigsten Funktionen ist es heute, die Expansion jeweils "ihrer" transnationalen Konzerne zu fördern und in deren Interesse soziale Errungenschaften und demokratische Rechte abzubauen. Die in den vergangenen Jahrzehnten entstandenen neuen internationalen Macht- und Entscheidungszentren (OECD, WTO, Weltbank, Internationaler Währungsfonds und EU) sind Teil (Instrumente, Ausbeutergesellschaften brauchen den Apparat!) der kapitalistischen Globalisierung. Dies gilt insbesondere für die EU. Entsprechend dem Vertrag von Nizza sollen der Binnenmarkt und die Währungsunion durch einen EU-eigenen Repressionsapparat und militärische Streitkräfte "ergänzt" werden. Damit versuchen die herrschenden Kräfte sich die Instrumente für eine eigene weltpolitische Rolle der EU gegenüber den USA zu schaffen. Auch die Erweiterung der EU nach Ost- und Mitteleuropa ist Teil dieser Strategie. Mit der geplanten Entwicklung der EU von einem Staatenbund zu einem Bundesstaat unter Patronanz (nicht Patronanz, sondern Staatsapparat!) der großen Konzerne hat sich eine neue Ebene der politischen Auseinandersetzung geöffnet, auf der eine linke Kraft (die marxistischen Parteien und die anderen linken Kräfte) heute noch kaum handlungsfähig ist, es aber werden muss. Dabei stellt die Rückkehr zum Nationalismus des 19. Jahrhunderts weder eine realistische noch eine wünschenswerte Perspektive dar. Diese "Rückkehr" ist ohnehin eine Erfindung der neoliberalen Agitation. Zwar bilden die Nationalstaaten weiterhin einen wesentlichen Bezugsrahmen sozialer und politischer Kämpfe, um diese aber wirksam führen zu können, beginnen die sozialen Bewegungen, die Gewerkschaften und die alternative, systemüberwindende Linke sich europaweit zu vernetzen. In gemeinsamen Kämpfen entwickeln sich die Umrisse neuer solidarischer und demokratischer Alternativen zum Europa der Konzerne. Der folgende Absatz müßte von weiter oben abzuleiten sein. Die KPÖ versteht ihre Politik als Teil dieser alternativen europäischen Linken und leistet ihren Beitrag zur weiteren internationalen Vernetzung der sozialen Bewegungen, der Gewerkschaften und der linken Parteien. Im Zentrum einer europapolitischen Alternative steht der Kampf um eine demokratische und soziale Integration Europas. Ohne Abschaffung der Kapitalmacht? Dieser wird zu einem wesentlichen Bestandteil der Auseinandersetzung mit dem Nationalismus und der extremen Rechten. Es wird wohl in erster Linie zur Entwicklung europaweiter Klassenkämpfe kommen müssen! Die globale Strategie großer Konzerne, Produktionen aufgrund geringerer Löhne und niedrigerer sozialer bzw. ökologischer Standards nach "Osten" auszulagern (das geschieht seit Jahrzehnten), lässt bewusst werden, dass Europa mehr ist als die EU. Dasselbe zeigt sich anhand der Migration, die eine Tatsache des heutigen Kapitalismus ist. Erst des heutigen? Wann beginnt eigentlich unsere historische Sicht? Die reichen Gesellschaften des Nordens können sich nicht vom Elend in anderen Teilen der Welt abschotten. Die Alternative zur Festung Europa besteht einerseits in einer menschenrechtskonformen Asylpolitik und in der europaweiten Umwandlung der an die Staatsbürgerschaft gebundenen sozialen und politischen Rechte in EinwohnerInnenrechte; andererseits in der Öffnung der Märkte gegenüber den Exporten der Entwicklungsländer und in der Streichung ihrer Schulden. Was wird wo für wen produziert und wer verdient daran? Die KommunistInnen verurteilen Nationalismus. Was ist das? Widerstand gegen Auslandskapital? Grunderwerbsverbot für Ausländer? Neutralität? Sie treten für ein gleichberechtigtes demokratisches Zusammenleben großer und kleiner Völker und für die Garantie der Rechte nationaler Minderheiten ein. Daraus ergeben sich für uns die wesentlichen Gesichtspunkte zur Erweiterung der EU. Es entspricht dem Selbstbestimmungsrecht der Völker Ost- und Mitteleuropas, dass die Abwägung der Chancen und Risken einer EU-Mitgliedschaft und die Entscheidung darüber ausschließlich von ihnen selbst zu treffen ist. Vor allem die Gewerkschaften in den alten und neuen EU-Mitgliedstaaten sind gefordert, zu verhindern, dass soziale und ökologische Standards durch die Erweiterung ausgehebelt werden. Bereits durch die eigenen Regierungen erledigt (z.B. durch bilaterale Investitionsschutzabkommen usw.) Entwicklungshilfe der "West"Gewerkschaftsführungen in Sachen Sozialpartnerschaft und Installation schlechter Sozialstandards. Stattdessen sind EU-weit neue durchzusetzen und bestehende anzuheben. Im EU-Recht ist zu verankern, dass die BürgerInnen jedes Staats das Recht haben, über einen Austritt aus der Union frei zu entscheiden, so wie sich die KPÖ vorbehält, diese Forderung gegebenenfalls in Österreich zu erheben. Statt dem Aufbau einer europäischen Militärmacht kämpfen wir für Schritte Europas zu einer weltweiten Abrüstung und zur Herstellung weltweiter sozialer Gerechtigkeit. Ein unnötiger Satz, der die Militarisierung Europas als Element der kap. Globalisierung ebenso ausklammert wie die Unmöglichkeit einer sozialen Gerechtigkeit unter kap. Bedingungen. 6. EINE NEUE WELTORDNUNG Seit 1990 (schon wieder was "Neues"...!) wird Zug um Zug und mit militärischer Gewalt eine neue Weltordnung durchgesetzt, deren hervorstechendstes Merkmal die Dominanz des US-Imperialismus darstellt. Die anderen imperialistischen Zentren, die EU und Japan, sind Bestandteil dieser neuen Weltordnung und anerkennen die Führungsrolle der USA. (Ganz konkurrenzlos, oder?) Gemeinsam setzen sie die imperialistische Vorherrschaft gegen regionale Widerstände mit dem Ziel durch, keinen Winkel der Erde von der neoliberalen kapitalistischen Globalisierung ausgespart zu lassen. Die Geschichte des Kapitalismus verschweigen heißt die Geschichte der kommunistischen Bewegung löschen. Die "Neue Weltordnung" als der angestrebte Idealzustand der Freiheit des Kapitals stützt sich auf Gewalt und schafft eine weltweite Hierarchie. Die Kriege der 1990er-Jahre und des neuen Jahrhunderts, der Golfkrieg, der Krieg gegen Jugoslawien, der Krieg in Afghanistan dienten diesem Ziel. Sie sind die autoritäre, gewalttätige Antwort auf die weltweite Krise. Ein Wesenszug des Kapitalismus! Massenmörderische Terroranschläge - wie jener des 11. September 2001 - haben nicht das Geringste mit dem Kampf um Befreiung zu tun. Sie wurden und werden von der US-Regierung und ihren Verbündeten benützt, um militärische Aggressionen und die Verhängung eines weltweiten Ausnahmezustands zu rechtfertigen. Dabei setzen vor allem die USA als derzeit einzige Weltmacht ihre Interessen durch. Das gemeinsame politische und militärische Vorgehen schließt wachsende Widersprüche zwischen ihnen und ihren imperialistischen Verbündeten nicht aus. Der Kampf um Frieden und weltweite Abrüstung stellt somit einen zentralen Bestandteil des Kampfes gegen den neoliberalen (und wenn er nicht mehr "neoliberal" ist, was dann?) Kapitalismus dar. Erforderlich sind die Wiederherstellung der anerkannten Regeln des Völkerrechts, insbesondere des Gewaltverzichts in internationalen Beziehungen, sowie die Entwicklung gleichberechtigter internationaler Zusammenarbeit auch in den internationalen Organisationen. Eine dementsprechende Reform der UNO muss die generelle Anerkennung der Beschlüsse der Generalversammlung, die Aufhebung der ständigen Mitgliedschaft der mächtigsten Staaten im Sicherheitsrat und des Vetorechtes zum Ziel haben. Ein Dilemma dieser "Thesen" ist das Durcheinander von Systemkritik, Kapitalismusanalyse und tagespolitischem Aktionsprogramm, statt letzteres aus ersteren abzuleiten. Die Gefahren für die ganze Menschheit sind nicht schlüssig - das bleibt sogar hinter der bürgerlichen Systemkritik zurück... Damit Österreich nicht in den Militarisierungs- und Kriegskurs der NATO oder der EU hineingezogen wird, setzt sich die KPÖ für die Verteidigung und den Ausbau der österreichischen Neutralität im Sinne eigenständiger Beiträge zu einer europäischen und internationalen Friedens- und Abrüstungspolitik ein. Die KPÖ kämpft gegen die Militarisierung der EU, gegen einen Beitritt zur NATO und für einen Austritt aus der NATO-"Partnerschaft für den Frieden". Sie tritt gegen die Aufrüstung des Bundesheeres und gegen seine Umstellung auf eine Berufsarmee ein und fordert stattdessen seine Abschaffung. 7. EINE ANDERE WELT IST MÖGLICH Mit den globalisierungskritischen Bewegungen ist ein neuer Faktor des weltweiten Kampfes gegen Neoliberalismus und Krieg entstanden. Seit Ende der 90er Jahre formiert sich aus thematisch und ideologisch unterschiedlich orientierten Bewegungen und Organisationen ein globales Netzwerk, das die neoliberale US-dominierte Globalisierung herausfordert.Beispiele sind die Weltsozialforen in Porto Alegre, die Landlosenbewegung in Brasilien, die ZapatistInnen in Mexiko oder die Bolivarische Republik Venezuela mit ihrer in der Verfassung verankerten partizipativen Demokratie. Diese Bewegungen richten sich keineswegs gegen eine Globalisierung sozialer und demokratischer Verhältnisse, sondern stellen sich gegen ihre derzeitige durch den Kapitalismus geprägte Form bzw. ihre inhumanen und destruktiven Folgen. Sie stellen den Kräften der kapitalistischen Globalisierung die Forderung nach einer alternativen Entwicklung der Welt(gesellschaft) entgegen. Die globalisierungskritischen Bewegungen, von denen die meisten von den proletarischen Unterschichten der Weltgesellschaft - ArbeiterInnen, Bauern und Bäuerinnen, Indigenas, Frauen, rassistisch Diskriminierte - ausgehen, die authentischer Ausdruck des weltweiten Klassenkampfes sind, entwickeln ein neues organisatorisches und politisches Konzept von Widerstand und Gegenmacht: Durch die Vernetzung zahlloser Einzelinitiativen wird der Kapitalismus in seiner Totalität (das In diesem Sinne wurde die Bewegung schließlich auch für Gewerkschaften zu einem Bezugspunkt. So fanden die (nicht "die", sondern einige) italienischen und spanischen Gewerkschaften über die Vernetzung mit den globalisierungskritischen Gruppen zu neuer Mobilisierungsfähigkeit. Es waren jene Gewerkschaften, die schon bisher Mobilisierungsfähigkeit besaßen und anwendeten. Weitere Gewerkschaften und Verbände in mehreren Ländern beginnen sich ebenfalls intensiver auf die notwendigen Auseinandersetzungen einzustellen. Dieser Prozeß ist im Gange. Auch in Österreich ist das festzustellen. Unsere Dokumente müssen diese stärksten Organisationen der arbeitenden Klasse in ihren Widersprüchen darstellen und auf positive Ansätze verweisen. Es sollte für KommunistInnen ja selbstverständlich sein, sich nach Möglichkeit in der Arbeitswelt und in der Organisation der Lohnabhängigen einzusetzen und beizutragen, dass es eine kämpfende Organisation wird. . Unsere Dokumente müssen diese stärksten Organisationen der arbeitenden Klasse in ihren Widersprüchen darstellen und auf positive Ansätze verweisen. Es sollte für KommunistInnen ja selbstverständlich sein, sich nach Möglichkeit in der Arbeitswelt und in der Organisation der Lohnabhängigen einzusetzen und beizutragen, dass es eine kämpfende Organisation wird. Die weltweite Bewegung beschränkt sich nicht nur auf eine oppositionelle Rolle. In Porto Alegre oder Venezuela (mit alen Miteln bekämpft!) werden neue Projekte partizipativer Demokratie, die durch direkte Demokratie, Volkskontrolle von unten und Einrichtung öffentlicher Foren gekennzeichnet sind, erprobt. Die Macht der transnationalen Konzerne kann nicht ohne die Entwicklung von demokratischer Gegenmacht auf nationaler und internationaler Ebene, ohne neue politische Instrumente zur Regulierung der internationalen Wirtschaft und vor allem der Finanzmärkte eingeschränkt bzw. gebrochen werden. Deshalb beteiligen sich die KommunistInnen (hier fehlt der Kampf auf nationaler Ebene - um die quantitative und qualitative Stärkung der Gewerkschaftsbewegung, der Klassenauseinandersetzung "vor Ort" am Arbeitsplatz, das Auftreten in den Gemeinden gegen die unmittelbaren Auswirkungen der kap. Globalisierung usw. - das muß als Lernprozess für klassenkämpferische Erfahrungen immer sichtbar gemacht werden) am Kampf um eine neue Weltwirtschaftsordnung, integrieren sich in internationalen demokratischen Gegenbewegungen, sind solidarisch mit den Versuchen von Staaten und Völkern, sich aus Abhängigkeit und Ausbeutung zu befreien. Insbesondere unterstützten wir die Forderung nach einer Streichung der Schulden der so genannten Drittweltländer. II. Österreich: vom Sonderfall zur kapitalistischen Normalität 8. NEOLIBERALER UMBAU DER ÖSTERREICHISCHEN GESELLSCHAFT Auf ihre jeweils besondere Weise bekennen sich alle vier im Parlament vertretenen Parteien zur Aufrechterhaltung des kapitalistischen Systems und zur Notwendigkeit, es gemäß den Dogmen des Neoliberalismus umzubauen. Sowohl die hohe Integrationsfähigkeit des österreichischen Kapitalismus als auch die Übereinstimmung der herrschenden Kräfte hinsichtlich der Notwendigkeit eines tief greifenden Umbaus werden in der geschichtlichen Rückschau verständlich. Der Erfolg des kapitalistischen Wiederaufbaus nach 1945 hatte seine Ursache in den Sonderfaktoren, die aus der Befreiung von der nationalsozialistischen Diktatur und der wiedergewonnenen Unabhängigkeit entstanden. Österreich war nicht nach 1945 und auch nicht nach 1955 unabhängig - diese Geschichtslüge können wir doch nicht wiederholen! Das Gegenteil ist zumindest kurz darzustellen, damit die Entwicklung bis heute besser verständlich wird! Dazu zählen die Verstaatlichung ehemaligen deutschen Eigentums an Großbanken und Industriebetrieben sowie die Neutralität mit ihren Vorteilen für die Wirtschaft und Sicherheit Österreichs. Rolle der KPÖ und ihrer Verbündeten!? Um Österreich als Schaufenster für den Osten auszustaffieren, investierten die USA zu Beginn des Kalten Krieges pro Kopf gerechnet die größten Beträge des Marshall-Plans. Hier müssen die politischen und ökonomischen Bedingungen erwähnt werden! Damit unterschied sich die Zweite Republik vom Start weg wesentlich von der Ersten. Nach der Niederlage des kämpferischen Teils der Arbeiterschaft im Oktoberstreik 1950 entwickelte sich auf dieser Grundlage die "Sozialpartnerschaft". Sie wurde im Laufe von Jahrzehnten von einer Herrschaftstechnik, die auf der Einbeziehung der Gewerkschaftsspitzen beruht, zur spezifisch österreichischen Form der wirtschaftlichen und sozialen Regulierung ausgebaut. In der Kreisky-Ära erreichte die "Sozialpartnerschaft" ihren Zenit. Sozialpolitischen Fortschritten in dieser Periode (wie auch zuvor) standen emanzipatorische (?) Rückschritte gegenüber: Zum einen eine Entpolitisierung und Entideologisierung der Arbeiterbewegung. Zum anderen entwickelte sich ein undemokratisches System der Privilegien, der Bürokratie und der Bevormundung, mit dem "Rot" und "Schwarz" die gesamte Gesellschaft überzogen und das deshalb seitens der KPÖ bzw. anderer linker Kräfte stets bekämpft wurde. Das war nicht erst in der Kreisky-Ära, sondern von allem Anfang an der Fall! Objektiv hoben die Krise der kapitalistischen Weltwirtschaft zu Beginn der 1980er-Jahre, die Globalisierung und insbesondere die Dominanz der Finanzmärkte die Wirkung der österreichischen Sonderfaktoren weitgehend auf. Seit dem Zusammenbruch des Realsozialismus und im Gefolge der EU-Mitgliedschaft wird auch in Österreich kapitalistische "Normalität" hergestellt. Das liest sich, als ob der Kapitalismus in Österreich nicht über all di Das Herannahen von Richtungsentscheidungen und erste Tendenzen einer kämpferischen Linie in den Gewerkschaften haben die politischen Spielräume einer klassenorientierten gewerkschaftlichen Linken erweitert. Für die Kommunistische Partei ergeben sich neue Möglichkeiten, in die Debatten einzugreifen und die Aktionen zu "politisieren". Dabei kann es heute nicht um eine Rückkehr zur alten "Sozialpartnerschaft" gehen, sondern um eine Alternative zu ihr, um radikale Demokratisierung auf allen Linien. Geht es nicht vorerst darum, den Klassenkampf von oben kämpferisch zu beantworten? Das wären demokratische Schritte für erste Erfolge. Daraus könnte sich der Kampf um radikale Demokratiereformen entwickeln. emokratische Schritte für erste Erfolge. Daraus könnte sich der Kampf um radikale Demokratiereformen entwickeln. 9. GEGEN DIE PRIVATISIERUNG DER GRUNDVERSORGUNG und der Infrastruktur (Verkehrswesen usw.) Auch im folgenden: Trennung von Systemanalyse und Aktionsprogramm notwendig! Auch heute, nach der Privatisierung des Großteils der verstaatlichten Industrie und der Banken stehen Eigentumsfragen im Brennpunkt des Kampfes gegen den Neoliberalismus. Die im EU-Jargon als "Daseinsvorsorge" bezeichnete, von der öffentlichen Hand geführte Grundversorgung (Gesundheit, Strom, Gas, Wasser, Nahverkehr, Telekommunikation usw.) soll im Zuge der Wandlung von der "sozialen Marktwirtschaft" zum neoliberalen Kapitalismus dem freien Markt unterworfen und dem Wettbewerbsrecht unterstellt werden. Privatisierung bedeutet letztlich ab notwendigen Reserven erreicht. te Enteignung der Öffentlichkeit zugunsten privater Profiteure. Privatunternehmen müssen den Ansprüchen der AktionärInnen genügen und höchstmögliche Profite erwirtschaften. Dies wird auf Kosten der KonsumentInnen, der Beschäftigten und durch Plünderung der notwendigen Reserven erreicht. Kommunen hingegen sind dem Gemeinwohl verpflichtet. Kommunale Unternehmen sind maßgeblich für eine eigenständige Kommunalpolitik. Bei der Auslieferung der öffentlichen und kommunalen Versorgungsbetriebe an das private Kapital geht es in letzter Konsequenz um die Autonomie der Gemeinden. Wird nach der Verstaatlichten Industrie auch der Bereich der Grundversorgung privatisiert, werden die Gemeinden zu Standortmanagern für das Kapital degradiert. Seit dem EU-Beitritt Österreichs haben sich die Probleme der Gemeinden verschärft. Dazu kommt eine weitere Aushöhlung der Kompetenzen durch Auslieferung von Kompetenzen an Brüssel. Die Gemeinden sind mit mehr als der Hälfte der öffentlichen Investitionen ein bedeutender Faktor für die Sozial- und Beschäftigungspolitik. Sie erhalten aber nur ein Siebtel der Mittel aus dem Finanzausgleich und sind auf Bittgänge um Bedarfszuweisungen der Länder angewiesen. Obendrein stehen sie durch den Stabilitätspakt zur EU-Budgetsanierung unter massivem Druck und können in der Folge immer weniger Beschäftigungsimpulse auslösen. Der allen Parlamentsparteien gemeinsame neoliberale Grundkonsens schlägt auf alle Ebenen der Gesellschaft und auch die Gemeinden ökonomisch, politisch, sozial und kulturell durch. Privatisierung und Deregulierung wirken sich für die Gemeinden in Form von Ausgliederung und Privatisierung von Einrichtungen und Leistungen aus. Mit dem Argument der Kostendeckung erzwingen sie höhere Tarife und Gebühren. Der Widerspruch zwischen den Vorgaben und den realen Möglichkeiten sowie zwischen den Ansprüchen der örtlichen Bevölkerung und den finanziellen Möglichkeiten der Gemeinden wird immer größer. 10. FÜR EINEN PROGRESSIVEN SOZIALSTAAT - FÜR EINE DEMOKRATISCHE WENDE Die Zerstörung des Sozialstaates und die Auslieferung wichtiger Bereiche an private Unternehmen führten zu sozialer Ungerechtigkeit und Entsolidarisierung der Gesellschaft. Der Sozialstaat ist in den hoch entwickelten kapitalistischen Gesellschaften auch für die Aufrechterhaltung des kapitalistischen System notwendig. Dessen ungeachtet ist er vor allem das Ergebnis eines mehr als hundertjährigen Kampfes insbesondere der ArbeiterInnenbewegung um ein Leben in Sicherheit und Würde. Der Sozialstaat stellt n der im heutigen Kapitalismus entstehenden Problemlagen nicht erfasst. Dazu kommt, dass Privilegien der SpitzenfunktionärInnen oder eine bevormundende Bürokratie berechtigte Unzufriedenheit hervorrufen. Der Sozialstaat als wichtigste Bastion gegen die neoliberale Entsolidarisierung der Gesellschaften kann daher nur offensiv verteidigt werden. Unser Ziel ist eine progressive Erneuerung des Sozialstaats. Im Gegensatz zum neoliberalen Kapitaldeckungsverfahren (u.a. Abfluß von Massenkaufkraft zum Spekulationskapital, also konjunkturhemmend), ist die Stärkung des Ufahren (u.a. Abfluß von Massenkaufkraft zum Spekulationskapital, also konjunkturhemmend), ist die Stärkung des Umlageverfahrens bei den Pensionssystemen erforderlich. Um den sozialen Veränderungen des heutigen Kapitalismus gerecht zu werden, ist vor allem die Ausweitung seiner Finanzierungsbasis in Richtung der Wertschöpfung erforderlich. (Aufbau des Dokuments - siehe weiter unten...) Eine progressive Erneuerung des Sozialstaats verlangt vor allem eine politische Willensbildung dahingehend, dass menschliche Bedürfnisse Vorrang gegenüber der Rentabilität des Kapitals haben, das heißt eine Hegemonie demokratischer und emanzipatorischer (?) Werte. Deshalb ist der politische Kampf um einen progressiven Sozialstaat verbunden mit dem international zu koordinierenden Kampf um die Zurückdrängung und Durchbrechung der Macht der großen Konzerne. Das greift zu kurz, wenn wir an die ersten Kapitel anknüpfen, wo auf die Instrumentarien des Kapitals - WTO, Weltbank, EU, EZB usw. verwiesen wird. Verknüpft ist er auch mit dem sozialen und ökologischen Umbau der gesamten Produktions- und Lebensweise und mit der Umverteilung der Einkommen und Vermögen. Primär muß es um die Beschneidung der Profite gehen - dort beginnt die Umverteilung. Auch die Frage der Investitionslenkung und natürlich des Kapitalverkehrs wäre zu stellen.rwiesen wird. Verknüpft ist er auch mit dem sozialen und ökologischen Umbau der gesamten Produktions- und Lebensweise und mit der Umverteilung der Einkommen und Vermögen. Primär muß es um die Beschneidung der Profite gehen - dort beginnt die Umverteilung. Auch die Frage der Investitionslenkung und natürlich des Kapitalverkehrs wäre zu stellen. Die progressive Erneuerung des Sozialstaats verlangt auch ein neues Leitbild der Arbeit (dazu Bemerkung an anderer Stelle) und einen neuen Typ der Vollbeschäftigung. Das Wachstum der Produktivität hat das Wachstum der Produktion und der Dienstleistungen überflügelt. Verhindert werden kann das massen- und dauerhafte "Freisetzen" von Arbeitskräften nur durch radikale Arbeitszeitverkürzung in allen Formen bei vollem Einkommensausgleich (das Wort "Ausgleich" wird allseits gedankenlos wiederholt, ist aber nicht richtig und würde genau genommen Lohnsenkung bedeuten - "ohne Einkommensverluste" wäre korrekt) sowie durch Neuverteilung der Arbeit und Neueinstellungen. Kürzere Arbeitszeiten werden aber nur dann genügend Arbeitsplätze schaffen, wenn sowohl die Wochen- und Jahresarbeitszeit als auch die Lebensarbeitszeit reduziert werden. Wir sind wieder im Aktionsprogramm... Progressiver Sozialstaat heißt auch, dass lebenswichtige Strukturen der Gesellschaft wie Wohnen, Gesundheit, Bildung, Kultur und Verkehr der Diktatur des Marktes entzogen werden müssen. Die KommunistInnen wollen die Trennung von sozialen, demokratischen und feministischen Emanzipationszielen überwinden. Eine Strategie radikaldemokratischer Reformen muss demnach alle gesellschaftlichen Bereiche erfassen.(Aufbau - siehe oben...) III. Kräfte der Veränderung Der Neoliberalismus herrscht auch in den Köpfen der Menschen. Wachsende Belastungen in der Arbeitswelt, steigende soziale Unsicherheit, auch das durch den Umgang mit moderner Kommunikationstechnologie und höherer Verantwortung gestiegene Selbstbewusstsein vieler Beschäftigten führen nicht automatisch zu individueller oder kollektiver Kampfbereitschaft. Offenkundig ist der neoliberale Kapitalismus fähig, auch Widerständiges in seine Ideologie einzubauen, demokratische sowie partizipative Ansprüche zu nutzen oder ins Harmlose umzuleiten. Somit ist keineswegs ausgemacht, dass sich aus den widerständigen und revolutionären Tendenzen, die sich dem Neoliberalismus entgegenstellen, eine Bewegung entsteht, die seine Herrschaft wirklich in Frage stellt. Der Kampf um Veränderung der Welt, der an den objektiven Widersprüchen der Gesellschaft, der Klassenteilung und dem Patriarchat anknüpft, ist daher immer auch ein Kampf um die Vorherrschaft neuer Ideen, sozialistischer Hegemonie. Dieser Einleitung fehlt der unentbehrliche Hinweis, dass sozialistische Hegemonie von einer konkreten Zielstellung ausgehen muss. 11. DIE HEUTIGE ARBEITERINNENKLASSE Unter ArbeiterInnenklasse verstehen MarxistInnen (und nicht nur sie) alle in Abhängigkeit vom Kapital Arbeitenden und Lebenden. Vom Mehrwert und seiner Aneignung durch das Kapital - mit steigendem Ausbeutungsgrad - brauchen wir nichts zu erwähnen? Eine materialistische Position kann nicht darauf verzichten, an das Wesen des Kapitalismus zu erinnern! Das ist die große (ökonomisch, sozial und kulturell bestimmte) Mehrheit in der Gesellschaft. Diesen Zustand der entwickelten kapitalistischen Gesellschaft vorwegnehmend kennzeichneten Karl Marx und Friedrich Engels die "proletarische Bewegung" schon Mitte des 19. Jahrhunderts als "die selbständige Bewegung der ungeheuren Mehrzahl im Interesse der ungeheuren Mehrzahl". (Manifest) Diese Mehrheit der Gesellschaft wird aber heute als Klasse weder weltanschaulich noch politisch wirksam. Weltanschaulich geprägte Teile und mit ihnen verbundene politische Parteien sozialdemokratischen und kommunistischen Charakters haben in den vergangenen Jahrzehnten in Europa deutlich an Gewicht verloren, die traditionellen "proletarischen Millieus" haben sich aufgelöst. Rückgriffe auf oder Fortschreibungen dieser historischen Identität haben immer weniger mit der Wirklichkeit zu tun. Warum ist das so? Bis in die 1970er-Jahre überwogen auf fordistischer Basis in den Betrieben und in der Gesellschaft die klassenformierenden Faktoren. Darauf bauten die Politik- und Organisationsformen der ArbeiterInnenbewegung auf. Für einen kurzen historischen Augenblick stimmten steigender Massenkonsum, Aufbau sozialstaatlicher Sicherungssysteme und die Verwertungsinteressen der wichtigsten Kapitalsektoren überein. Das hob die Klassenteilung der Gesellschaften zwar nicht auf, erlaubte aber einen relativ stabilen Kompromiss zwischen reformistischer ArbeiterInnenbewegung inklusive Gewerkschaften und dem Kapital. Wobei auch dieser Kompromiss zu Lasten der ausgebeuteten Entwicklungsländer und bei Aufrechterhaltung der geschlechtshierarchischen patriarchalen Arbeitsteilung in der Gesellschaft geschlossen wurde. Soviel Überbau ohne politisch-ökonomische Argumente (Lohn/Preis/Profit)... Beides ist Ausdruck und Folge von Entideologisierung und Entpolitisierung - in letzter Konsequenz Korrumpierung ausschlaggebender Sektoren der ArbeiterInnenbewegung. Wiederum zu kurz gegriffene historische Darstellung! Das Problem geht doch viel weiter zurück und beginnt mit dem System-Kompromiß des sozialdemokratischen Reformismus, der schon Anfang des 20.Jh. die Niederlagen der Arbeiterbewegung (1.Weltkrieg!) auf dem Gewissen hat! Wo die revolutionären Flügel stärker waren, wurden sie mit Interventionsarmeen bekämpft und zerschlagen, bald darauf auch die sozialdemokratischen Bewegungen. Trotzdem pflegten die Reformer nach 1945 ihren Kompromiß mit dem Kapital weiter und betrieben die beschriebene Entideologisierung... Damit hängt auch der folgende Absatz schief, denn die Entwicklung ist kontinuierlich gelaufen und "die Auflösung des Fordismus" ist nicht mehr als ein Teil dieser Kontinuität. Klassenbewusstsein und die Fähigkeit zur Systemüberwindung letztlich entstehen nicht spontan, sondern erfordern eine Klassentheorie und das organisierte kollektive Handeln als Klasse. Logisch abgeleitet daher die Notwendigkeit einer Klassenpartei. Seit der neoliberalen Wende überwiegen Faktoren, die die Zersplitterung und die Konkurrenz innerhalb der ArbeiterInnenklasse verschärfen. Nicht rechtzeitig und auch nicht als Ausgangspunkt neuer gewerkschaftlicher und politischer Strategien erkannt, führte die Auflösung des Fordismus ab Mitte der 1970er- Jahre zu einer Krise aller Teile der ArbeiterInnenbewegung. Der Anteil der in der materiellen Güterproduktion beschäftigten "klassischen" ArbeiterInnenschaft ist deutlich zurückgegangen, der Anteil der im tertiären Sektor (der zum Teil unmittelbar produktionsbezogen ist - Ausgliederung, Arbeitsteilung) beschäftigten Menschen angestiegen. Neue Technologien, die schwere körperliche Arbeit in vielen Bereichen vollständig zurückgedrängt haben und die ermöglichen, viele Arbeitsprozesse flexibler und anspruchsvoller zu gestalten, haben unter den gegebenen kapitalistischen Vorzeichen neue Belastungen ("Proletarisierung" von Angestelltentätigkeiten, Flexibilisierung, Intensivierung usw.) und neue soziale Risken erzeugt. Sie bilden auch die Grundlage prekärer Arbeitsverhältnisse und neuer Ausbeutungsformen wie etwa der Selbstausbeutung in der so genannten "Scheinselbstständigkeit". Gleichzeitig führen gesellschaftspolitische Konflikte, die mit den unmittelbaren Arbeitsbedingungen nur zum Teil oder nur vermittelt zusammenhängen, zur Politisierung von Menschen, die zur arbeitenden Mehrheit der Gesellschaft zählen. Offensichtlich wird heute die gesellschaftliche Stellung der ArbeiterInnenklasse nicht nur und auch nicht in erster Linie von den betrieblichen Verhältnissen (?) geprägt, obwohl diese - über den Verkauf der Arbeitskraft (Lohn, Stellung im Arbeitsprozess, Un/Sicherheit), - Grundlage bleiben. Hier müsste meines Erachtens mit der Darstellung des Komplexes Produktivität/Wertschöpfung/Lohn das Thema Ausbeutung angedeutet werden - wie soll sich ein gut verdienender Arbeiter oder Angestellter als besonders ausgebeutet erkennen? Die gesellschaftlichen Verteilungsverhältnisse, der Grad der materiellen und sozialen Versorgung, die konkreten Lebensumstände der Menschen, die Art und Weise der Befriedigung ihrer materiellen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse (sind längst vom Kapital profitbringend organisiert) und die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen die Menschen arbeiten und leben, werden immer wichtiger (und daher zur Zielscheibe neoliberaler Deregulierung). Qualifikation und Dequalifikation schlagen immer schneller um und sind heute - trotz eines höheren Bildungsgrads als vor 20, 30 Jahren - Bestandteil neuer Formen sozialer Unsicherheit. "Lebenslanges Lernen" ist für viele nicht zu einer emanzipatorischen Herausforderung, sondern zu einem Bedrohungsbild geworden (auch weil es im Widerspruch zur propagierten Ideologie eines "freien" Lebensstils als Marktkomponente für die "Freizeit"industrie steht). Bildungsfragen sind heute Kernfragen gesamtgesellschaftlicher Auseinandersetzung mit dem Kapital. Welche Bildung? Auch kulturelle Faktoren spielen eine große Rolle in der persönlichen und sozialen Orientierung. Insgesamt ergibt sich also: Die kapitalistische Gesellschaft hat auch unter neoliberalen Verhältnissen nicht aufgehört, durch Klassenwidersprüche strukturiert zu sein. Klassenherrschaft in diesen Bereichen... Allerdings haben sich die Bedingungen, die Inhalte und die Formen, in denen sich Klassenbewusstsein bilden kann, verändert. Hier besteht eine besondere Herausforderung für die KPÖ und die Linke, nämlich demokratische und solidarische Potentiale sichtbar zu machen, Denk- und Verhaltensformen neu zu erlernen, zu entwickeln und zu vermitteln. Theoretische Arbeit und Klassenbewusstsein...? 12. FEMINISMUS UND KAPITALISMUS Die ungerechte Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern ist Ausdruck kapitalistischer und patriarchaler Produktionsverhältnisse. Die kapitalistische Lohnarbeit erfasst nur einen Teil der Wirklichkeit. Der unbezahlte, gesellschaftlich unsichtbare "Rest" der Arbeit bestimmt aber nach wie vor die Geschlechterverhältnisse und die Benachteiligung der Frauen - und zwar trotz und im Rahmen der bedeutenden Zunahme ihrer Berufstätigkeit. Die Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse als Massenerscheinung der neoliberalen kapitalistischen Ökonomie betrifft im großen Maße die Frauen. Ein zu wenig beachteter Zug des neoliberalen Kapitalismus besteht darin, dass immer mehr Arbeit un- oder unterbezahlt den Frauen zugeschoben wird. Man bezeichnet das als "Feminisierung der Arbeit". Wie in der Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa sind es wieder die Frauen, deren Ausbeutung in den Ländern der so genannten "Dritten Welt" unerhörte Extraprofite erlaubt. Alle Schranken, die ihrer Vernutzung entgegenstehen könnten, werden niedergerissen. In den Industrieländern steigen jene Anfordererden und mit althergebrachter Familienidylle garniert sind. Flexibilität, Mobilität, prekäre Arbeitsverhältnisse und nicht-existenzsichernde Einkommen zerstören die letzten Fundamente der bürgerlichen Familie. Die vielschichtigen Verunsicherungen und psychischen Belastungen beider Geschlechter verlangen nach einer neuen Kultur des Zusammenlebens, die keine Form des Zusammenlebens von Menschen - sozial, juristisch und kulturell - privilegiert oder diskriminiert und deren Kern in einer grundlegenden Veränderung der Produktions- und Reproduktionsverhältnisse besteht. Das verlangt einen über die Lohnarbeit hinausgehenden Arbeitsbegriff, der alle notwendigen gesellschaftlichen Tätigkeiten umfasst und eine Grundlage bei der Entwicklung eines neuen Verständnisses von Sozialstaat und sozialer Sicherheit bildet. Die Arbeitskraft als Ware wird nach dem kapitalistischen Kriterium von Angebot und Nachfrage gehandelt und der Bereich der Reproduktion der Arbeitskraft bzw. soziale Arbeit aus der Verantwortung des Kapitals genommen. In der Theorie geht es darum, Reproduktion und sozialen Bereich als gesellschaftlich notwendige Arbeit aus der gesamtgesellschaftlichen Wertschöpfung zu finanzieren und von den ökonomischen Produktivitätsmerkmalen der Arbeitskraftverwertung zu lösen. (Der Versuchssozialismus hat das zum Teil getan und ist dabei in Widerspruch zur herrschenden Ökonomie eines Weltsystems geraten, von dem er sich nicht abgrenzen konnte - wie sollte er die Wertvergleiche in den Handelsströmen zwischen den Systemen realisieren, wenn er soziale Komponenten in die Kalkulation einzubeziehen gehabt hätte, statt sich an die Produktivitätsberechnungen der kapitalistischen Wirtschaft zu halten?) Die marxistische Theorie hat längst das kapitalistische Lohn(findungs)system als Verschleierung der Ausbeutung dargestellt. Auch die Definition des Werts der Arbeitskraft ist Langzeiterbe. Warum lassen wir uns von bürgerlich-liberalen Theoriespielereien rund um diese Verschleierung irritieren, statt klar zu sagen: Preis für die Arbeitskraft - ohne geschlechtliche oder andere Einschränkung - sind die Kosten ihrer Wiederherstellung einschließlich aller sozialen und kulturellen Komponenten. Alles andere liefert nur Vorwände, weniger als diesen Preis zu zahlen. Ein Aktionsprogramm freilich muß von realen Möglichkeiten ausgehen, da wäre gegenwärtig die Formel "gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit" (z.B. Gegenüberstellung sog. Frauenberufe mit männlich dominierten) sowie die Definition eines gesetzlichen Mindesteinkommens (als Arbeitslohn wie am längst überholten Beispiel 1000 Euro) am zweckmäßigsten. Geschenke an das Kapital unter dem Titel Jugend- oder Altersbeschäftigung sind Umverteilung zum Kapital. Sozialpolitische Verteilungsspielräume sind eine andere Sache. Hier haben wir wieder ein Paradebeispiel unbrauchbarer Vermengung von Systemanalyse und sozialistischer Alternative. So wie die antikapitalistische muss auch die antipatriarchale Orientierung in einer geme antikapitalistische muss auch die antipatriarchale Orientierung in einer gemeinsamen Strategie zusammengeführt werden. Es ist das Verdienst feministischer Theoretikerinnen, die soziale Kategorie Geschlecht begründet zu haben, und zwar zu Zeiten, da ein verflachtes Marxismus-Verständnis meinte, die Geschlechterverhältnisse mit Wörtern wie "Haupt- und Nebenwiderspruch" beschreiben zu können. Feministinnen haben den Blick auf den Sexismus als ein System von Vorurteilen, Herabwürdigungen und Benachteiligungen geschärft und als Strukturmerkmal kapitalistischer wie nichtkapitalistischer Gesellschaften beschrieben. Es muß Aufgabe bewusster MarxistInnen sein, das Wesen eines sozialistischen Feminismus und die Möglichkeiten von Bündnissen zwischen feministischen und antikapitalistischen Aktivitäten zu formulieren. Unterdrückung der Frauen beschränkt sich nicht auf die Welt der Produktion, sondern findet in allen gesellschaftlichen Bereichen statt. Aus dieser Sicht entwickelte sich eine fundamentale Kritik an jener Kultur, die Männlichkeit zu einem universellen Prinzip erhoben hat, in der die t der Natur identifiziert wird. oder mit der Natur identifiziert wird. Die feministischen Bewegungen setzen sich seit mehr als einem Jahrzehnt mit den neoliberalen Veränderungen am Arbeitsmarkt und in anderen Lebensbereichen kritisch auseinander. Sie haben Analysen, Forderungen und Aktionsorientierungen entwickelt, an denen KommunistInnen beteiligt waren und aus denen wir lernen konnten. Wir treten für ein neues Konzept in der Einheit von Arbeit und Leben ein, das die Menschen in den Mittelpunkt rückt und allen eine eigenständige Existenzsicherung, das Recht auf Bildung, Qualifikation und Berufsarbeit ermöglicht und zu dem die gleichberechtigte Aufteilung der Haus- und Familienarbeit als Selbstverständlichkeit gehört. Das erfordert die umfassende Demokratisierung von Produktion und Reproduktion. Demokratisierung der Arbeitswelt erfordert Mitsprache bei der Arbeitsplatzgestaltung, über Arbeitszeiten bis hin zu den Arbeitsinhalten. Demokratisierung der Reproduktion erfordert vor allem die Wahrnehmung unterschiedlichster Anforderungen und Bedürfnisse, die Teilnahme an Entscheidungsprozessen über die kommunale und soziale Infrastruktur. Der obige Absatz ist eine Definition sozialistischer Umgestaltung der Gesellschaft und im Kapitalismus bestenfalls ansatzweise zu erreichen. Die Entfaltung der Feminismus-Bewegungen fordert die Sorgfalt der marxistischen Herangehensweise heraus. Das Patriarchat ist mit den ökonomisch begründeten Klassengesellschaften entstanden und von allen jeweils herrschenden Klassen zu deren Vorteil durchgesetzt worden, also in den Köpfen der Menschen (auch der Frauen) zutiefst verankert. Mit Recht haben wir KommunistInnen die Aufgabe, den feministischen Kampf mit Klassenkampf zu verknüpfen, in der Überzeugung, dass sich volle Emanzipation erst mit Zerschlagung des Klassenverhältnisses zwischen Arbeit und Kapital und der Hegemonie solidarischen, antipatriarchalen Denkens herausbilden kann. Das bestreitet nicht die Herausbildung antipatriarchaler Verhaltensweisen schon im Kapitalismus, wie auch Klassenbewusstsein und sozialistisches Bewusstsein schon im herrschenden System entstehen, aber keine Hegemonie erringen können. Der nächste Satz ist wieder ein Schritt von der Analyse zum Aktionsprogramm: Die Forderung nach Quotierung in Entscheidungsstrukturen ist eine Voraussetzung für eine umfassende Änderung der politischen Kultur. Sie birgt keinen Automatismus, aber eine potenzielle Chance. 13. DIE KLASSE IST MULTINATIONAL UND MULTIETHNISCH (Eigentlich gehört dieser Abschnitt weit vorne zur Analyse, denn die Klasse ist Produkt des Systems und Subjekt seiner Überwindung!) Die österreichische Gesellschaft ist das Ergebnis jahrhundertelanger Zuwanderung. (Aus Gründen ungleicher ökonomischer, sozialer und politischer Entwicklungen als des Kapitalismus.) Die heutige ArbeiterInnenklasse ist multiethnisch und multikulturell. Was war sie gestern? Nachlesen... Statt von einer "österreichischen Arbeiterklasse" ist zeitgemäß von einer ArbeiterInnenklasse in Österreich zu sprechen. Die dem heutigen (schon wieder eine historische Ungenauigkeit!) Kapitalismus eigene Migrationsbewegung hat aber auch zur rassistisch geprägten Teilung des Arbeitsmarktes mit abgestuften sozialen und politischen Rechten geführt. Das bildet die Grundlage unternehmerischer Willkür und rassistischer Konkurrenz innerhalb der ArbeiterInnenklasse. (Vom Kapital in anderen Ländern längst vorexerziert. Schon im Manifest - Konkurrenz! - vorweggenommen.) Die Forderung: "gleiche Rechte für alle in Österreich Lebenden" hat zentrale Bedeutung für den Kampf um soziale Gleichheit und Gerechtigkeit. Wir stellen der rassistischen Ausgrenzung und Konkurrenz die Solidarität und den Internationalismus gegenüber. Die KPÖ lehnt alle Formen der Zwangsintegration ab und versteht Integration als wechselseitigen Prozess, in dem kulturelle und sprachliche Identitäten respektiert und entwickel t werden. Das setzt Förderungsmaßnahmen auf allen Ebenen des Bildungssystems voraus sowie einen gleichen Zugang zu genossenschaftlichen und kommunalen Wohnungen (das ist an den Realitäten zu messen, z.B. der Verantwortung des Kapitals als Nutznießer!) und zu den aktiven und passiven Wahlrechten (vorerst im Basisbereich - Betriebe, Gemeinden, Arbeiterkammern -, in der Folge des Zugangs zur Staatsbürgerschaft!). Insbesondere die Voraussetzungen für die sprachliche Integration sind von den Unternehmern zu finanzieren. Rechte und faschistische Bewegungen bzw. Parteien verschärfen über die Fremdenfeindlichkeit die nationalistische und rassistische Konkurrenz innerhalb der ArbeiterInnenklasse. Das begünstigt die rechten, rassistischen, religiös verbrämten reaktionären Kräfte auch bei den MigrantInnen - viele von ihnen kommen ja aus Gesellschaften mit Hegemonien feudaler, kapitalistischer, patriarchaler Ideologien und ohne Kenntnis klassenkämpferischer Traditionen. Warum sagen wir das nicht? Dies lässt vielfach auch Gewerkschaften und linke Parteien davor zurückschrecken, den Kampf gegen Rechtlosigkeit, soziale und politische Deklassierung der MigrantInnen als ureigenstes Anliegen zu begreifen und führt dazu ihn aus Furcht vor der "eigenen", "nationalen" ArbeiterInnenklasse sogar zu verweigern. (Siehe oben - Konkurrenz...) Die Schwächung und der Verlust der eigenen Widerstandsfähigkeit bis zur Selbstaufgabe sind die unausweichlichen Folgen von solchem Opportunismus. Der "Internationalismus" ist durch die Migration der ArbeiterInnenklasse zur "nationalen" Angelegenheit geworden. Der Kampf gegen Rassismus und für gleiche demokratische und soziale Rechte ist eines der identitätsbildenden Merkmale der kommunistischen Bewegung des neuen Jahrtausends. Die verbale Vermischung dieser Komponenten ist undialektisch, denn das eine ist ein grundsätzliches Thema, das andere so vielfältig zu analysieren und in die Perspektiven einzubauen, wie es sich nur im jeweiligen eigenen (nationalen, regionalen, kontinentalen, globalen) Erfahrungsbereich darstellt. Also wenn man will: Theorie und Aktionsprogramm...) 14. GEWERKSCHAFTEN (Führungen!) VOR EINER RICHTUNGSENTSCHEIDUNG Die Gewerkschaften (wir müssen terminologisch den Unterschied machen zwischen den vielfach kritischen bis klassenbewußten Mitgliedern und AktivistInnen einerseits und den Führungen andererseits) stehen vor der Entscheidung zwischen "sozialpartnerschaftlicher" Nostalgie (wenn auch das Kapital die Sozialpartnerschaft nicht mehr braucht - das Wort Nostalgie verniedlicht den ideologischen Schrott der Klassenversöhnung) und kämpferischer Neuorientierung. Diese fällt ihnen nicht leicht. Aber der Druck von unten wird stärker. In den Jahrzehnten der "Sozialpartnerschaft" haben sie sich von Schutz- und Kampforganisationen zu "Ordnungsfaktoren" des kapitalistischen Systems gewandelt. Führungsper-sönlichkeiten der Gewerkschaftsbewegung wurden zu Teilen der Systemeliten, und die Politik der Gewerkschaften richtete sich zunehmend auf ein "gesellschaftliches Gesamtinteresse" im Rahmen des Kapitalismus, als würden in dieser Gesellschaft keine Klassengegensätze bestehen. Jetzt, da der Neoliberalismus das politische Umfeld zu Ungunsten der Gewerkschaften verändert hat, treten diese Widersprüche verstärkt zu Tage. Hier erwartet man sich vergeblich eine Bestätigung dieses Satzes. Aber es folgt ein Themensprung: Gesetzmäßige Folge der "sozialpartnerschaftlichen" Einbindung der Gewerkschaften war ihre Entdemokratisierung. Die wichtigste Voraussetzung dafür, den Lähmungszustand der Gewerkschaften zu überwinden und aktionsfähig zu werden, bildet eine radikale Demokratisierung. Es wäre zu überlegen, ob hier nicht die Frage nach der Auflösung des Fraktionssystems zu stellen ist - sowohl in den Gewerkschaften als auch in der Arbeitsverfassung (Betriebsräte). Tausende Betriebsräte und GewerkschafterInnen fühlen sich keiner der traditionellen Fraktionen zugehörig, man sehe sich die Organisationsberichte an... Die Mitglieder müssen in alle wesentlichen Entscheidungen eingebunden werden, und zwar unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die heutige ArbeiterInnenklasse mulitethnisch und multikulturell zusammengesetzt ist, zur Hälfte aus Frauen besteht, und dass auch Beschäftigungslose und Menschen in ungeschützten und atypischen Beschäftigungsverhältnissen ein Teil der Klasse sind. (Wir dürfen nicht vergessen, dass die Gewerkschaften - im Gegensatz zur KPÖ - ein Verein mit unterschiedlichem Meinungsspektrum und keine politisch-ideologisch definierte Klassenpartei sind.) Neben der Demokratisierung geht es um die Öffnung gegenüber anderen sozialen und demokratischen Bewegungen, insbesondere gegenüber der Bewegung der GlobalisierungskritikerInnen - die sich selbst gar nicht so bezeichnen wollen. Also verzichten wir lieber auf die bürgerliche Terminologie! Übrigens: Das Modewort "Öffnung" hatscht in unserer Partei ohne Inhaltsbestimmung dahin. Hier ist wohl Zusammenarbeit gemeint - das geschieht zum Teil immer besser, z.B in der Zusammenarbeit einiger Gewerkschaften mit ATTAC und anderen globalen Bewegungen wie Transfair usw.). Und wenn es so ist, sollten wir es auch so schreiben. Nur wenn es zu einer Vernetzung und zu einem Zusammenwirken der Gewerkschaften mit diesen sehr unterschiedlichen und spezifischen Bewegungen kommt, können Klassenanliegen in ihrer Vielfalt wirksam wahrgenommen werden. Die Aufgabe von KommunistInnen und anderen linken, auf Systemüberwindung orientierenden Kräften (wer sind die?) ist, beizutragen, dass Solidarität und Zusammenhalt entstehen. Ich dachte, wir KommunistInnen hätten etwas mit Klassenbewusstsein und dahin zielender Überzeugungsarbeit zu tun! Auch in den österreichischen Gewerkschaften "schlummert" ein beträchtliches Potenzial für die "Veränderung der Welt". Es schlummert nicht nur. Wir haben die Aufgabe, uns darum zu kümmern, dieses Potenzial mit unseren Perspektiven zu verbinden und damit die antikapitalistische Aktion zu stärken. Gelingt es, dieses zum Leben zu erwecken, eröffnen sich neue Perspektiven auf diesem Weg. Hier fehlt ganz einfach die Verantwortung der KommunistInnen dafür! 15. SOZIALISTISCHES BEWUSSTSEIN - GLOBAL UND PLURAL Sozialistisches Bewusstsein ist heute globales Bewusstsein. Der technologische Fortschritt und die beschriebenen Veränderungen in der Lebensweise treffen praktisch nur auf jenes Fünftel der Menschheit zu, das in den entwickelten kapitalistischen Ländern lebt. Ein großer Teil der Menschheit erfährt die weltweite kapitalistische Unterdrückung dadurch, dass er nicht einmal ausgebeutet, sondern der Verelendung überantwortet wird. Daher nimmt der Kampf gegen den Kapitalismus und das Patriarchat in den unterschiedlichen ausgebeuteten, unterdrückten, an der Entwicklung gehinderten Gesellschaften unterschiedliche praktische und theoretische Formen an. So gesagt ist das unzulänglich, denn es muss gesagt werden, dass die unterschiedlichen Formen auch in nationalen Kämpfen, in oft hinter religiösen Auseinandersetzungen verborgenen Widerstandsbewegungen, in verzweifelten Aktionen gegen einen Multi oder eine Folge der Finanzspekulation zu suchen sind. Wir müssen fähig sein, die Unterschiede zwischen spontanen Bewegungen, den anarchistischen oder nationalistischen Einflüssen einerseits und dem klassenbewußt handelnden Subjekt darzustellen. Der Kampf um eine "andere Welt" vollzieht sich weder nach einem einheitlichen Plan noch wird er von einer einzigen politisch-ideologischen Kraft gesteuert. Die politische und weltanschauliche Pluralität der sozialen Kräfte zu erkennen, die sich heute dem Neoliberalismus (aber noch nicht des Kapitalismus an sich) entgegenstellen, ist Voraussetzung für eine realistische Sicht auf die in der Welt stattfindenden Kämpfe und die internationale Solidarität. Wollen wir hier nur eine "realistische Sicht" oder eine Überwindung der Realität erarbeiten? Es scheint wohl beides im argen... Widerstand gegen die Herrschaft des Kapitals entsteht aus der verschärften ökonomischen Ausbeutung, aber auch aus anderen Formen der den Menschen und der Natur auferlegten Ausbeutung und Unterdrückung, die weit über die Konfrontation von Kapital und Arbeit in den Betrieben (woher kommt diese Reduktion? Der Klassenkampf - und schon gar die Programmatik der kommunistischen Parteien - bezog sich seit eh und je auf Produktion und Reproduktion, auf Staat und Macht, auf die Gesellschaftsordnung!) hinausreichen. Wir bekämpfen alle Unterdrückungs-verhältnisse, auf den Gebieten der Ökonomie, der Politik, des Sozialen und der Kultur. Der Begriff Unterdrückung allein macht angesichts der Hegemonie in allen Bereichen zuwenig deutlich, was wir bekämpfen. Wir leisten Widerstand gegen ethnische Diskriminierung und kämpfen um die grundlegende Veränderung der Verhältnisse zwischen Männern und Frauen. Nicht nur der Kampf der gewerkschaftlich organisierten männlichen (warum nicht auch der weiblichen?) Arbeiterschaft in den Großbetrieben enthält revolutionäres Potenzial, sondern auch der Kampf um die Umwelt, der Kampf der Frauen, der Jungen, der Studierenden und PensionistInnen, der Kampf um die Rechte der ImmigrantInnen, der Behinderten, der Homosexuellen u. a. Aus dieser Vielfalt setzt sich die heutige ArbeiterInnenklasse zusammen und in diesen unterschiedlichen Kämpfen drückt sich zeitgenössisches Klassenbewusstsein aus. Zugehörigkeit und Bewusstsein sind nicht dasselbe. Was ist klassenkämpferisch? Was ist revolutionär? Der Kampf um die Durchsetzung von Interessen muß nicht zwangsläufig Klassenbewußtsein mit sich bringen oder gar voraussetzen. Auch spontanes Klassenbewußtsein ist noch keine Ideologie. Tagespolitik, Aktionsprogramm, wiederum Vermanschung mit Theorie, Analyse, Alternative... IV. Die Wege der Veränderung "Der Kommunismus ist für uns nicht ein einmal gegebener Zustand, nicht ein Modell, an das sich die Wirklichkeit anzupassen habe. Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, die die gegenwärtigen Zustände aufhebt." (Karl Marx, Friedrich Engels, Die Deutsche Ideologie) Dieses Zitat zur Beschreibung einer Strömung (auch der Begriff Sozialismus wird z.B. von der Sozialdemokratie in diesem Sinne verstanden) kann auch falsch interpretiert werden: Man braucht nur in "Bewegung" zu bleiben, dann werden sich die Zustände des Kapitalismus schon aufheben... Ein Weg der Veränderung? Wenn nicht, wozu dann das Zitat? Es wird übrigens am Schluß des Papiers faktisch widerlegt... 16. DEMOKRATIE UND EMANZIPATION Die bürgerliche Gesellschaft hat auch bedeutende zivilisatorische Errungenschaften hervorgebracht, die es zu bewahren und zu entwickeln gilt. Bitte, das hat auch der Feudalismus. Es waren die Menschen in ihren jeweiligen Zeitaltern und nicht die Ausbeutersysteme. Die Fortschritte waren meist hart erkämpft. Nicht ignoriert werden darf dabei, dass der heutige Kapitalismus - auch in seinen Zentren, in denen er sich nicht-diktatorischer Herrschaftsformen (schon wieder hinter der bürgerlichen Systemkritik...) bedient - keineswegs zur Demokratie drängt.(...und schon wieder der diffuse Demokratiebegriff - im Widerspruch zum nächsten Absatz). Unter bürgerlich-kapitalistischen Verhältnissen wird reale Demokratie stets durch die Interessen der herrschenden Eliten eingeschränkt. Sie ist von deren Interessen bestimmt und wird gegebenenfalls eingeschränkt wie zur Zeit unter dem Titel Staatsreform. Auch die parlamentarische Demokratie ist Herrschaftsform der besitzenden Minderheit. Deshalb waren und sind die sozialen und politischen Kämpfe der unteren (?) Klassen der Gesellschaft, die sich der Herrschaft der oberen (?) entgegenstellen, auch die wahren Motoren demokratischer Entwicklungen. Die heute sehr unterschiedlichen Ansätze des Widerstands gegen die Herrschaft des Kapitals können nur unter der Voraussetzung Erfolg haben, dass sie sich nicht gegeneinander ausspielen lassen, sondern sich zu einem solidarischen Netz verknüpfen. Das ist keine spontane Entwicklung der sozialen Bewegung, sondern erfordert politische Initiativen im Sinne gemeinsamer politische Strategien und - perspektivisch - eines gemeinsamen alternativen gesellschaftspolitischen Projekts. Das können wir ruhig deutlich als sozialistisch vorstellen! Die Austragung politischer und sozialer Interessengegensätze mündet in die Frage nach den Kräfteverhältnissen und der politischen Macht. Mehr demokratische Rechte und größere demokratische Spielräume verbessern die Voraussetzungen dafür, die Interessen der Mehrheit der Bevölkerungen zur Geltung zu bringen. In diesem einen wesentlichen Punkt lassen sich die Interessen aller kapitalismus-kritischen und antikapitalistischen Bewegungen verknüpfen: in der Forderung nach Ausweitung demokra-tischer Rechte und Bewegungsmöglichkeiten. Wenn wir uns nicht dazu aufraffen können, klare Kriterien für unsere Vorstellung von Demokratie zu entwickeln (in Produktion und Verteilung, in der Kontrolle von Großgrundbesitz und Großvermögen, in der Verfügung über Gemeineigentum, in der Demokratisierung des Wohnungswesens usw.), bleibt das nebuloses Geschwätz. Deswegen bildet der Kampf um Demokratie und Menschenrechte einen Knotenpunkt der auf Veränderung der Gesellschaft zielenden Strategie. Ohne soziale Sicherheit gibt es keine Demokratie. Es gilt aber auch: Ohne die Einordnung der Überwindung der sozialen und Klassenwidersprüche in eine Perspektive der Freiheit und der Befreiung von Entfremdung (lange nach Befreiung von der Kapitalherrschaft ) geht das sozialistische Emanzipationsziel verloren. Siehe oben. Die dauerhafte Verwirklichung der demokratischen und sozialen Menschenrechte durch die Schaffung entsprechender gesellschaftlicher Voraussetzungen und Garantien bildet den Inhalt unseres Ziels eines demokratischen Sozialismus. 17. ZIVILGESELLSCHAFT (was ist das?) UND KLASSENKAMPF Das gesellschaftliche Ziel revolutionärer Veränderung besteht darin, kapitalistische und patriarchale Herrschaft abzuschaffen. Eine solche Umwälzung der bisherigen Grundlagen der Gesellschaft ist nicht als einmaliger Kraftakt, sondern nur als längerer historischer Prozess vorstellbar. Das schließt die Eroberung und demokratische Umgestaltung der Macht im Sinne wirtschaftlicher und sozialer Demokratie ein. Es wird das Ziel einer emanzipatorischen Umgestaltung der Gesellschaft entstellt, wenn man die Revolution ausschließlich als "Eroberung des Staats" und den Staat ausschließlich als Instrument der Unterdrückung versteht. "Ausschließlich" ist eine Falschmeldung. Solche Verflachungen der marxistischen Staatstheorie haben zu autoritären Politikmodellen geführt und sind mitverantwortlich für die Niederlagen, die sozialistische Bewegungen im 20. Jahrhundert erlitten haben. Die autoritären Politikmodelle haben mehrere Ursachen und werden hier nicht einmal erwähnt. Bereits Antonio Gramsci hatte darauf aufmerksam gemacht, dass kapitalistische Herrschaft nicht nur auf Unterdrückung beruht, sondern auch auf der Zustimmung der Menschen zu den bestehenden Verhältnissen. Kapitalistische Herrschaft besteht immer auch in der ideellen Vorherrschaft (das hat nicht nur Gramcsi gewusst), die im komplexen Ensemble der Zivilgesellschaft hergestellt wird. Damit ist diese auch kein Gegenpol zur kapitalistischen Macht, sondern der soziale Raum, in dem die Menschen den Alltag organisieren, und wo die Unterwerfung unter die herrschenden Verhältnisse mit ihrer Selbstunterwerfung verbunden ist. Müssen wir solche Binsenweisheiten so geschwollen formulieren? Und warum sagen wir nicht statt "Zivilgesellschaft" einfach Gesellschaft oder gesellschaftliches Leben? In diesem Raum findet der Kampf der Ideen statt und kann sich eine neue Hegemonie - sozialistischer, feministischer, demokratischer und kommunistischer Werte - herausbilden. Sozialistische Hegemonie besteht im mehrheitlichen Willen der Menschen zur grundlegenden Umgestaltung der Gesellschaft. Somit ist die Zivilgesellschaft kein von der bürgerlichen Herrschaft und dem Staat getrennter Raum, von dem die KommunistInnen sich fernhalten können, sondern Ort des politischen und geistigen Kampfes, in dem gesellschaftliches Bewusstsein entsteht und um seine Prägung gerungen wird. Siehe oben. 18. PARTIZIPATIVE (was ist das?) DEMOKRATIE UND EMANZIPATION Das Ziel kommunistischer Politik ist, eine von Klassenherrschaft und Patriarchat befreite Demokratie im Sinne der freien Zusammenarbeit Gleichberechtigter zu schaffen. In der Folge ist die schrittweise Entwicklung von der Herstellung neuer Machtverhältnisse bis zur Aufhebung der Entfremdung schlecht herausgearbeitet. So vermischen sich Nahziele mit langdauernden Vorgängen. Die Macht des Kapitals, die gesellschaftliche Entwicklung seinen Gesetzen zu unterwerfen, beruht auf dem kapitalistischen Eigentum. Durch eine egalitäre Neuordnung der sozioökonomischen Verhältnisse erhalten die formalen politischen Rechte erst ihre inhaltliche Verwirklichung. W! Kommu-nistInnen treten für die qualitative Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse ein. Ich finde es ungeheuerlich, die Notwendigkeit der Zerschlagung der kapitalistischen Macht über Großkonzerne, Banken, Handel, Infrastruktur und Finanzkapital hinter dem Begriff "qualitative Umgestaltung" zu verstecken. Diese bildet die wirtschaftliche Grundlage des Sozialismus. Der Zusammenbruch des sowjetischen Modells in Osteuropa hat aber belegt, dass formelle Verstaatlichung noch keine sozialistischen Eigentumsverhältnisse zur Folge hat. An dieser Stelle ist dieser Satz kontraproduktiv. Er ist außerdem historisch unbedarft. Das "sowjetische Modell" hatte seine realen Voraussetzungen auch in der realen kapitalistischen Umgebung. Sozialistische Eigentumsverhältnisse setzen die Möglichkeit zur demokratischen Teilhabe ("partizipative Demokratie") der Menschen an Entscheidungen über ihre Arbeit voraus. Diese Teilhabe kann nur schrittweise entwickelt werden, darum ist auch noch ein Staat notwendig. Welche "Teilhabe" ist unter welchen Bedingungen machbar? Nur auf diesem Weg kann Entfremdung aufgehoben werden und sich der volle Reichtum der Individualität entfalten. Gerade aus der Perspektive der Arbeitswelt erweist sich, dass Demokratie sowohl ein Mittel als auch den Zweck der Emanzipation darstellt. Die neuen Eigentums- und Machtverhältnisse müssen dazu dienen, menschliche Freiheit durchzusetzen. Welche politisch-ökonomischen Abläufe setzt das voraus? Deswegen behalten unterschiedliche Eigentumsformen - kommunales, genossenschaftliches und privates Eigentum - im Rahmen einer sozialistischen Gesellschaftskonzeption ihre Berechtigung. Das ist verwirrend. Wir müssen sagen, welche Arten von privatem Eigentum nicht möglich sind und z.B. der Demokratisierung in der Produktion gegenüberstehen. Unsere Vorstellungen von Demokratie, Mit- und Selbstbestimmung der Menschen gehen weit über die von den heutigen Verhältnissen gezogenen Grenzen hinaus. So eröffnen die modernen Kommunikationstechnologien neue Möglichkeiten für zukünftige demokratische Formen der Dezentralisierung und der Koordination. Von der Produktion und der Produktivität sagen wir nichts? Insbesondere entwickeln aber die sozialen Bewegungen in ihrer politischen Auseinandersetzung mit dem neoliberalen Kapitalismus neue Formen der Demokratie, wie die in Lateinamerika entstandenen Projekte partizipativer Demokratie zeigen. Auf der Basis von Manufakturen und landwirtschaftlicher Produktion, muß man dazusagen. Die chilenische Marxistin Martha Harnecker rückt diese ins Zentrum einer erneuerten linken Politik: "Auf diesem Gebiet, das am meisten den Sozialismus auszeichnen muss, ist der Platz der partizipativen Demokratie, die es der Bevölkerung erlaubt, die tatsächliche Protagonistin des Aufbaus der neuen Gesellschaft zu sein, die mobilisiert und alle Formen der Selbstverwaltung respektiert, ohne sie der Autorität des Staates oder der Partei zu unterstellen." Es ist unmöglich, in einem Parteiprogramm willkürlich einen aus der ungeheuren Fülle hervorragender Köpfe der Weltbewegung zu zitieren. (Eigentlich sollte das auch für Gramcsi gelten, weiter unten für Heiner Müller.) Abgesehen davon, dass dieses Zitat sehr begrenzte Bedingungen betrifft - wie sieht es in der am höchsten entwickelten und arbeitsteiligen Wirtschaft aus? - und nicht verallgemeinert werden kann, da die Rolle des Staates und die Notwendigkeit einer revolutionären Partei in einer wichtigen Phase der Entwicklung nicht einfach weggeträumt werden können. (Das wird weiter unten ohnehin angesprochen.)n ohnehin angesprochen.) 19. KOMMUNISMUS UND SOZIALISMUS Die zeitgenössische Revolution der Produktivkräfte und die Globalisierung, die unter der Herrschaft des neoliberalen Kapitalismus einen so katastrophal zerstörerischen Charakter (so war es bisher nicht dargestellt) annehmen, erzeugen gleichzeitig Voraussetzungen für eine neue, höhere Stufe der menschlichen Zivilisation. Diese revolutionäre Dialektik der Epoche ist es, die im Slogan der globalisierungskritischen Bewegung: "Eine andere Welt ist möglich" ausgedrückt wird. Im och den Übergang zu einer anderen Form der Zivilisation als ein einmaliges Ereignis vorzustellen; vielmehr ist von einem historischen Prozess auszugehen, dessen Inhalt, die Macht des Kapitals zu überwinden, sich in Etappen und Brüchen durchsetzt. Und wie wird das Kapital mit seinen Machtinstrumenten reagieren? Wozu es fähig ist, ist doch täglich zu erfahren - also müssen wir auch diese Frage stellen! Die praktische gesellschaftliche Form des Überganges bildet den Inhalt des Begriffes "Sozialismus". Warum lassen wir die Katz erst jetzt aus dem Sack? A-entwicklung nicht zu schaffen vermochte. Eine sozialistische Transformation der Gesellschaft wird sich über die demokratische (mit den Mitteln bürgerlicher Demokratie? oder was?) Lösung sozialer, ökono-mischer, politischer, kultureller, geschlechtsspezifischer und nationaler Widersprüche entwickeln und dazu die ihnen entsprechenden Bewegungsformen hervorbringen. Das ist der Inhalt sozialistischer Rechtsstaatlichkeit. In ihm werden unterschiedliche politische und weltanschauliche Kräfte in Kooperation und demokratischer Konkurrenz (zwischen kapitalistischer und sozialistischer Hegemonie mit offenem Ausgang?) wirken. Daher wird es auch im Sozialismus mehrere Parteien und Bewegungen geben (egal welcher ökonomischer und sozialer Zielsetzung?). Ihr Einfluss und ihre Bedeutung - und auch die der KommunistInnen - kann nicht ein für alle mal verordnet werden, sondern wird von ihrer jeweiligen Überzeugungskraft und dem demokratischen Wettstreit abhängen. Und von den materiellen Voraussetzungen (Medien!), die Hegemonie zu verteidigen. Oder tun wir so, als ob das keine Frage wäre? Sozialis-mischer, politischer, kultureller, geschlechtsspezifischer und nationaler Widersprüche entwickeln und dazu die ihnen entsprechenden Bewegungsformen hervorbringen. Das ist der Inhalt sozialistischer Rechtsstaatlichkeit. In ihm werden unterschiedliche politische und weltanschauliche Kräfte in Kooperation und demokratischer Konkurrenz (zwischen kapitalistischer und sozialistischer Hegemonie mit offenem Ausgang?) wirken. Daher wird es auch im Sozialismus mehrere Parteien und Bewegungen geben (egal welcher ökonomischer und sozialer Zielsetzung?). Ihr Einfluss und ihre Bedeutung - und auch die der KommunistInnen - kann nicht ein für alle mal verordnet werden, sondern wird von ihrer jeweiligen Überzeugungskraft und dem demokratischen Wettstreit abhängen. Und von den materiellen Voraussetzungen (Medien!), die Hegemonie zu verteidigen. Oder tun wir so, als ob das keine Frage wäre? Sozialismus - besser: die Sozialismen - im 21. Jahrhundert werden offene und variantenreiche Projekte sein, deren universelle Bedeutung darin besteht, ein menschenwürdiges Leben aller Menschen sicherzustellen, die Gleichberechtigung der Geschlechter herzustellen und die Versöhnung der Menschheit mit der Natur und sich selbst einzuleiten. Und das globalisierte Kapital wird sich resigniert zurücklehnen, wenn sich ein Sozialismus nach dem anderen herausbildet. Das ist keine Perspektive, sondern eine gefährliche Illusion! Dann wird auch der Kommunismus als klassenlose, ausbeutungs- und herrschaftsfreie, auf Selbstverwaltung begründete Zivilgesellschaft konkrete Perspektive. Damit ist wenigstens das oben angeführte Zitat überflüssig!Perspektive. Damit ist wenigstens das oben angeführte Zitat überflüssig! 20. ÜBERWINDUNG DES (warum nicht: "Kritik am"...) STALINISMUS Die globale Revolution und die qualitativ neue Stufe aller ökonomischen, sozialen und geistig-kulturellen Prozesse erfordern eine Sozialismuskonzeption, die weit über das heute bekannte (historisch genauer z.B.: aus dem Krieg gegen den deutschen Faschismus und der Niederlage des Kapitals entstandene) und (ebenfalls ausgespart: - nach seiner dem internationalen Kapital gelungenen Verhinderung in Staaten wie Frankreich, Italien, Griechenland oder auch Teilen Deutschlands -) bis 1989 in Europa praktizierte sozialistische Modell hinausgeht. Dieses kann als "Erfahrungsobjekt" im Positiven wie im Negativen nicht aber als Matrize eines künftigen Sozialismus gelten. Auch die Anerkennung historischer Errungenschaften und insbesondere der entscheidende Beitrag der Sowjetunion an der Niederringung des Faschismus und der Anteil, den das realsozialistische Staatensystem an der Entkolonialisierung und der Vermeidung eines Weltkrieges hatte, darf uns nicht zur Leugnung oder Vertuschung seiner dunklen Seiten, der Deformationen und Verbrechen verleiten, die mit der Person Stalins verbunden sind. Deshalb hat auch der Terminus "Stalinismus" seine Berechtigung. An dieser Stelle ist es unerlässlich, die Bedingungen zu zeigen, unter denen sich der erste sozialistische Versuch nach der Oktoberrevolution herauszubilden hatte: Unterentwicklung, von der kapitalistischen Welt militärisch angegriffen, Wirtschaftsboykott, vom Ausland finanzierter konterrevolutionärer Terror, alle weiteren Revolutionen in Europa niedergeschlagen usw. Trotzdem Erfolge der ersten Fünfjahrpläne als Ergebnis demokratischer Masseninitiative. Zur selben Zeit schwere kapitalistische Krise, Faschismus in fast ganz Europa, offene Kriegsrüstung, de-facto-Bündnis aller kapitalistischen Großmächte (einschließlich Deutschland bis zu dessen Angriffe auf Frankreich und England), also Voraussetzungen für die fatalen Fehlentwicklungen, freilich ohne diese zu entschuldigen. Die Lehren daraus müssen also auch einschließen, dass der Kapitalismus in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft seine Macht mit allen Mitteln verteidigen und jeden Schwachpunkt seiner Gegner nutzt. So war auch die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaften in Polen, Ungarn, in der DDR, der CSSR usw. von außen schwer gestört, was die Fehlentwicklungen begünstigte, wenn nicht gar erst ermöglichte. Die das humanistische Wesen des Kommunismus negierenden Verbrechen dürfen gerade von uns nicht verschwiegen werden. Nicht zuletzt, weil diesem Terror auch Hunderte Mitglieder der KPÖ zum Opfer fielen, worüber zu reden über Jahrzehnte hindurch ein Tabu war. Aus der "Diktatur des Proletariats" war ab Mitte der 1920er-Jahre, wie Rosa Luxemburg es formulierte, eine "Diktatur über das Proletariat" geworden. Insgesamt zeigt die Erfahrung des Scheiterns des sowjetischen Sozialismusmodells, dass ein von der Partei, genauer gesagt der Parteiführung ausgeübtes Machtmonopol auf Dauer nicht die Entwicklung einer sozialistischen Zivilgesellschaft ersetzen kann. Es ist eine Sache, das Kapital zu entmachten, aber es ist eine andere, für den Aufbau einer neuen Gesellschaft nicht minder notwendige Sache, die Macht an die Bevölkerung zu übergeben. Wann das der Fall sein hätte müssen oder können - unter den Bedingungen des kalten Krieges gegen jede sozialistische Entwicklung und der heißen Kriege um die Macht im alten Kolonialsystem - sollten wir Gscheiten halt auch sagen... Indem das aber nicht, zu spät oder in ungenügendem Maß erfolgte, wurde das Erste wieder verspielt. Das bürokratisch-administrative zentralistische Herrschaftssystem hat Stalin überlebt, es war reproduzierbar. Der Stalinismus nach Stalin brach mit dem Terror, aber nicht mit den Deformationen und den undemokratischen Methoden, die sich weiter verfestigten. Die Überwindung des Stalinismus (das suggeriert Vorhandensein von "Stalinismus" und dient erfahrungsgemäß der Diffamierung kritischer MarxistInnen) in der Kommunistischen Bewegung ist gleichzeitig eine innere und äußere Notwendigkeit. Ohne Überwindung (richtig wäre: Kritik am...) des Stalinismus ist eine realistische und anziehende Sozialismuskonzeption nicht zu entwickeln. Hier ist kein Wort gesagt, durch welche konkreten Fakten sich Stalinismus und seine Überwindung unterscheiden. Auch nichts darüber, was am "Modell" des Versuchssozialismus als positive Erfahrung verwertet werden muß. Damit bleiben nur Phrasen. Der Stalinismus war in seinen Grundzügen nicht allein ein Phänomen des Realsozialismus, sondern wurde auch der kommunistischen Weltbewegung aufgezwungen und hat die meisten Parteien auch geprägt. Gemessen an heutigen Aufgabenstellungen ist der Stalinismus ein Synonym für Dogmatismus, Verflachung, Einengung, Realitätsverlust, ein Anachronismus. Mit diesen Pauschalphrasen lösen wir uns von den positiven bzw. unentbehrlichen Erfahrungen der ersten Versuche sozialistischer Revolution ebenso wie von der bedeutenden Rolle der KommunistInnen in den kapita-listischen Ländern. Außerdem verstellen uns den Weg dafür, eine Reihe von Fehlleistungen dieser Systeme sachlich zu analysieren und daraus Erfahrungen zu gewinnen. Darum ist dieser Abschnitt in dieser Form nicht nur überflüssig, sondern wirkt - parallel zur bisherigen "Stalinismus"-Diskussion - gegen eine fruchtbare Diskussion über die Überwindung des Kapitalismus, z.B. anhand der Frage, ob und wie das in einem Land oder auf einem Kontinent (unter teilweise weiterbestehender Hegemonie des Kapitalismus) möglich sei. V. Partei in Bewegung "'Der Zwiespalt zwischen Traum und Wirklichkeit ist nicht schädlich, wenn nur der Träumende ernstlich an seinen Traum glaubt, wenn er das Leben aufmerksam beobachtet, seine Beobachtungen mit seinen Luftschlössern vergleicht und überhaupt gewissenhaft an der Realisierung seines Traumgebildes arbeitet.' Träume solcher Art gibt es leider in unserer Bewegung allzu wenig. Und schuld daran sind hauptsächlich diejenigen, die sich damit brüsten, wie nüchtern sie seien und wie nahe sie dem Konkreten stünden." (W. I. Lenin: Was tun?) Dieses herausgelöste Zitat ist hier nichtssagend. 21. NEUES GLOBALES REVOLUTIONÄRES SUBJEKT Wer die heutige Gesellschaft verändern will, muss gleichermaßen lokal und global denken und handeln. Strategischer Inhalt der heutigen KPÖ-Politik ist es, sich an der Herausbildung eines neuen globalen, revolutionären Subjektes zu beteiligen. Nicht etwa aktiv daran mitzuwirken? Ach ja, eine sozialistische wissenschaftliche Theorie und Ideologie wurde ja schon im Vorfeld dieser Thesenerschaffung als nicht konsensfähig bezeichnet... Das erklärt auch den Leergang in den folgenden Absätzen: Wir KommunistInnen arbeiten an einem lebendigen, die nationalen Schranken überschreitenden Bündnissystem linker und progressiver Bewegungen und Parteien sowie an der Verbindung des ökonomischen und sozialen Kampfes mit dem menschenrechtlichen, feministischen und demokratischen Kampf. Auf diese Weise entsteht das verknüpfende Band revolutionärer Orientierung von der kommunalen bis zur globalen Ebene. Ob und wie soziale und demokratische Widerstandsbewegungen revolutionäre, systemüberwindende Kapazitäten entwickeln (oder im vorgegebenen neoliberalen Rahmen verbleiben), hängt heute auch von der Fähigkeit der unterschiedlichen revolutionären Tendenzen zur solidarischen Zusammenarbeit ab. Dies verlangt - aus der Sicht der "traditionellen" kommunistischen Linken - den Willen zur Selbsterneuerung, vor allem ein Abgehen von "Stellvertreterpolitik" und den Übergang zu einer Politik der "Selbstermächtigung" der Menschen, und schließt das Überdenken herkömmlicher Parteistrukturen ein. Mitwirken an der Entwicklung eines neuen revolutionären Subjekts heißt für die KPÖ, sich in möglichst vielfältiger Form an Bewegungen des Widerstands gegen die Kapitalherrschaft zu beteiligen. Hier wird die wissenschaftliche Herangehensweise negiert: die Anwendung des dialektischen Materialismus, der materialistische Blick auf historische Zusammenhänge und Entwicklungen, ja sogar die politische Ökonomie und selbstredend auch die Theorien über Staat, Macht, Revolution und die Wissenschaftlichkeit eines sozialistischen Weltbildes. Kommunisten nicht mehr als Träger einer vorwärtsdrängenden Ideologie, mit der im Bündnis alle anderen Bewegungen erst eine systemüberwindende Kraft werden. In Wirklichkeit ist es gerade dieser unförmige Brei, der uns in den anderen Bewegungen als Bündnispartner unnötig machen würde, denn statt uns bewusst in allen diesen Kämpfen als Gleiche zu bewähren und dadurch unsere Ideologie zu unterstreichen, lassen wir uns formlos absorbieren und spielen lediglich Infrastruktur: Dabei respektieren wir die Selbstständigkeit der verschiedenen sozialen Bewegungen und versuchen durch Dialog und organisatorische Verknüpfung einen politischen Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen Zugängen zu organisieren. Vielfach existieren die verschiedenen oppositionellen Bewegungen nur nebeneinander. Notwendig im Sinne gemeinsamer Strategien ist aber eine produktive Auseinandersetzung. Die KPÖ will beitragen, Foren zur Koordinierung unterschiedlicher emanzipatorischer Praktiken zu schaffen. Und wieder die Vermengung von Theorie und Aktionsprogramm. Aber keine eigene Position, keine Vision, kein Ziel, keine Theorie, keine Ideologie... Diese alternativen Strukturen müssen sich jenseits der Machtstrukturen und der herrschenden Hegemonie über Gegenöffentlichkeit zu Gegenmacht entwickeln und zugleich ein kulturelles Gegenmodell darstellen. Jetzt ist mir aber leichter - damit haben wir uns doch noch ordentlich als revolutionäre Kraft vorgestellt! 22. PLURALITÄT UND HANDLUNGSFÄHIGKEIT Wir gehen davon aus, dass der Kampf um Emanzipation politische Organisierung erfordert. Wieso nicht gleich "der Kampf gegen den Kapitalismus" oder "der Klassenkampf"? Zum einen, weil sich solidarisches und revolutionäres Bewusstsein nur in der ständigen Auseinandersetzung mit der von den Herrschenden vertretenen Kultur und politisch-weltanschaulichen Orientierungen entwickeln lässt; zum anderen, weil Emanzipation (statt "Entwicklung von Klassenbewusstsein"?) die Konfrontation mit der politischen Macht des Gegners, die vielfältig und tief gestaffelt ist, erfordert. Die sozialstrukturellen Veränderungen im zeitgenössischen Kapitalismus, die Veränderungen in der Lebensweise der Menschen, die Differenziertheit der Gesellschaft und neue Herrschaftsstrategien des Kapitals erfordern aber eine neue Sichtweise auf Funktionen und Formen der politischen Organisierung. Diese Organisierung geschieht auf der Grundlage der sich verändernden Organisiertheit kapitalistischer Wirtschaft und Politik. Bereits erkannt im "Manifest". Wir wollen zu einer breiten und vielfältigen antikapitalistischen Bewegung beitragen. Deshalb bedarf es einer inneren und äußeren Öffnung. Dazu bedarf es in erster Linie eines brauchbaren Programms, einer brauchbaren Theorie und unserer Aktivität innerhalb der verschiedensten Bewegungen und Organisationsformen. Das haben die KommunistInnen allerdings bisher schon eifrig getan, ohne dass sie von der Notwendigkeit irgendeiner "Öffnung" überzeugt werden hätten müssen. So vielfältig und differenziert sich die heutige Gesellschaft und die ArbeiterInnenklasse darstellen, so vielfältig wird der Widerstand gegen das Kapital werden. Die Anerkennung dieser Pluralität, das heißt der Unterschiedlichkeit weltanschaulicher Zugänge zum Widerstand, ist eine Voraussetzung für Gemeinsamkeit und Handlungsfähigkeit. Pluralität anzuerkennen heißt sektiererische Abkapselung und elitäre Anmaßung zu überwinden. Ich weiß nicht, wer sich zu einer derartigen Selbstbezichtigung veranlasst sieht. Die KommunistInnen können damit nicht gemeint sein. Schließlich ist die Linke, an deren Entwicklung sich die KPÖ beteiligt so multiethnisch und multinational, wie es die modernen Gesellschaften in der Praxis sind. Revolutionäre Identität schöpft aus vielen kulturellen und politischen Traditionen. Eine dieser Traditionen ist das (nicht "das", sondern "jenes", das die Ausnahme bildet) Christentum, das nicht identisch ist mit reaktionär-klerikalen Tendenzen und Traditionen. Der Dialog Marxisten-Christentum ist eine ehrwürdige Tradition der KPÖ. Christlicher Humanismus, Friedensengagement breiter christlicher Kreise und die Option für die Armen haben in Lateinamerika, und nicht nur dort, eine Grundlage zur Zusammenarbeit, die weit über die Tagespolitik hinausreicht, entstehen lassen. Und der nächste Papst ist ein Priester der Befreiungskirche! Für jede emanzipatorische Bewegung gilt, dass der Gradmesser für die allgemeine Emanzipation die Emanzipation der Frauen ist. Veränderungen in Lebensweise und Mentalität und ein neues Verhältnis zwischen Männern und Frauen müssen im politischen Kampf bewältigt werden, auch wenn wir wissen, dass nachhaltige Veränderungen in der Verhaltensweise ohne Umwälzung der gesamten Produktions- und Lebensweise nicht möglich sind. Das hätte schon weiter oben so gesagt werden müssen! 23. GESCHICHTSBEWUSSTSEIN (dieser Punkt müsste weiter oben behandelt werden!) Nach den vorangegangenen Sätzen zum Thema Geschichte bin ich (voreingenommen?) skeptisch. Wir sind stolz auf die Beiträge, die KommunistInnen zur österreichischen Geschichte geleistet haben. Mit Gründung der KPÖ im Gefolge der Oktoberrevolution antwortete eine linke Minderheit am Rande der Sozialdemokratie auf die Unterstützung der Kriegspolitik durch die Führung der SP. (Und auf die Niederschlagung der Ansätze revolutionärer Bewegungen in Österreich und Ungarn...) Unleugbar ist, dass die KPÖ das Rückgrat des antifaschistischen Widerstandes (und sonst war nix?) in Österreich bildete und die KommunistInnen durch ihren persönlichen Einsatz einen entscheidenden Beitrag zur Neugründung des selbstständigen Österreich geleistet haben. Obwohl schon bald nach der Befreiung im Zeichen des Kalten Krieges und des Antikommunismus politisch ausgegrenzt, hat die KPÖ auch die Zweite Republik mitgeprägt. Zahlreiche sozialpolitische Fortschritte der Zweiten Republik stehen im Zusammenhang mit Kämpfen, an denen KommunistInnen aktiven und manchmal führenden Anteil hatten. Die österreichischen KommunistInnen haben aber in den Konzentrationslagern, in den europäischen Widerstandsbewegungen, bei den PartisanInnen, in der Emigration und in den alliierten Armeen nicht für jenes Österreich gelitten und gekämpft, das bald nach 1945 die ehemaligen Nationalsozialisten integrierte und für seinen unaufrichtigen Umgang mit dem Nationalsozialismus weltweit berüchtigt wurde. Als Partei, deren Mitglieder die größten Opfer im antifaschistischen Kampf gebracht haben, weist die KPÖ den Missbrauch dieses Widerstands für die Konstruktion des verlogenen Mythos zurück, der in Österreich nur Opfer, aber keine TäterInnen erkennen wollte. Die Geschichte der KPÖ kennt nicht nur starke Seiten. Die jahrzehntelange Anlehnung an die Sowjetunion und bürokratische Deformationen erleichterten es im Kalten Krieg die Partei zu isolieren. Diese Formulierung ist eine Deformation, denn die Verteidigung der Sowjetunion als erste revolutionäre und antiimperialistische Macht und die mangelnde Kritik an Fehlentwicklungen sind zwei Dinge. Die KPÖ hat den Stalinkult mitgemacht und lange Zeit eine tiefer gehende Diskussion über die Konsequenzen des 20. Parteitages der KPdSU vermieden. Jahrzehnte vergingen, ehe das Schicksal der KPÖ-Mitglieder, die Opfer des Stalinismus geworden waren, aufgearbeitet werden konnte. In der aktuellen Politik wurden, wie in den meisten anderen kommunistischen Parteien, taktische Wendungen der KPdSU und der Sowjetregierungen nachvollzogen. Nichtssagend. Entweder konkret oder bleiben lassen! Von Bedeutung für die Entwicklung der KPÖ war auch, dass die 1968 von der Parteiführung zunächst ausgesprochene Verurteilung des gewaltsamen Endes des "Prager Frühlings" wieder zurückgenommen wurde und eine große Zahl erfahrener KommunistInnen mit dem Etikett des "Revisionismus" aus der KPÖ gedrängt wurde. Es wird Zeit, historisch etwas differenzierter zu werden: Was 1968 in der CSSR noch verhindert wurde, geschah zwanzig Jahre später mit allen Versuchssozialismen. Das heißt, der "Prager Frühling" hätte keinesfalls zu einem "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" geführt, sondern schon damals zu dem, was dort heute ist: die Restauration des Kapitalismus. Historisch denken heißt auch die damalige Weltsituation (Vietnamkrieg, Niederschlagung antikolonialistischer Befreiungsbewegungen usw.) mitdenken. Das Warschauer Bündnis hat nach dieser Logik gehandelt. Es war eine Logik des internationalen Klassenkampfes. Daß die systemkritische Massenbewegung anschließend nicht zu einer Reformierung der sozialistischen Demokratie geführt hat (wie von marxistischen Kräften innerhalb der KPdSU damals verlangt), war der Anfang vom Ende. Das entwertete nicht nur die inzwischen erarbeitete Orientierung auf eigene österreichische Wege zum Sozialismus, sondern blockierte auch ihre sachlich- kritische Weiterentwicklung und eine tiefgreifende Erneuerung der KPÖ. Darunter verstehen heute allerdings manche das Abgehen von der grundsätzlichen Funktion einer kommunistischen Partei als Trägerin einer wissenschaftlichen antikapitalistischen Weltanschauung. Dieses Papier bietet genügend Hinweise auf diesen Mangel. Die internen Auseinandersetzungen zwischen Haltungen, die sich neuen gesellschaftlichen Entwicklungen verschlossen, und Auffassungen, die die Existenzfähigkeit einer selbstständigen KPÖ anzweifelten, trennten die Partei vom größeren Teil der in den 1960er- und 1970er-Jahren entstandenen Jugend- und StudentInnenbewegung. Im Rahmen der vom Kalten Krieg gezogenen Grenzen (falscher Begriff - die Grenzen trennten den Kapitalismus von dem ihm nicht verfügbaren Territorium, das er mit allen Mitteln, darunter der heißen und kalten Hochrüstung, zu isolieren und wenn möglich zurückzuholen bereit war) vermochte keine westeuropäische KP die Impulse der Frauenbewegung, der Ökologie- und der neuen sozialen Bewegungen in ihr Selbstverständnis und ihre Strategie aufzunehmen. Darum sind wohl auch die 68er nicht zu revolutionärem Feuer entflammt! Diese spontanen Bewegungen sind hier nicht einmal ansatzweise analysiert, also brauchen wir nicht pauschal die KommunistInnen zu denunzieren. Bei der Ökologie hat es tatsächlich etwas lange gedauert, aber was die sozialen Bewegungen betrifft, ist der Vorwurf einfach falsch. Frauenpolitik war den KommunistInnen nie fremd, wohl aber vorerst die vom bürgerlichen Feminismus ausgehende Bewegung, die schließlich auch unter maßgeblicher Mitwirkung von Kommunistinnen zu dem wurde, was sie heute ist, einschließlich der bereits erzielten Erfolge. Daß im Versuchssozialismus auf einigen Gebieten (z.B. Lohnpolitik) die kapitalistische Diskriminierung übernommen worden war, ist eine kritische Erfahrung. Der Zusammenbruch des sowjetischen Sozialismus-Modells legte so die Wurzeln der jahrzehntelangen Krise der Kommunistischen Bewegung frei. Vergessen wir da nicht schon wieder einige Differenzierungen? Die Wurzeln sind vielfältiger und die KommunistInnen behielten in vielen Ländern in Basisbereichen (Regionalstrukturen, Gemeinden, Gewerkschaften) ihre Anerkennung. Die KPÖ wurde aufgrund ihrer spezifischen Lage (sie war immer eine der schwächsten!) von dieser Krise besonders erfasst und zu Beginn der 1990er-Jahre an den Rand des Zerfalls geführt. Wodurch? Dass die KommunistInnen in dieser kritischen Situation die Partei nicht aufgegeben, sondern den Weg ihrer Erneuerung eingeschlagen haben, stellt ihren wesentlichen Beitrag für die Überwindung der Krise der Linken dar. Deshalb lehnen wir alle Versuche ab, die KPÖ von diesem Weg abzubringen und auf perspektivlose, dogmatisch-sektiererische Positionen zurückzuwerfen. Abermals nichtssagende Pauschalierungen, hinter denen jede kritische Diskussion abgewürgt werden kann und auch wird. Eine umfassende Überwindung der Krise der Linken setzt die Entwicklung einer realistischen und glaubwürdigen Strategie des Kampfes gegen den heutigen Kapitalismus voraus. Dies kann weder von einer Partei alleine, noch ausschließlich im nationalstaatlichen Rahmen geleistet werden. 24. KPÖ: PARTEI DER VIELFALT Auch für das organisatorische Selbstverständnis gilt unser dialektisches Verhältnis zur eigenen Geschichte. Wir wollen uns von unserer Vergangenheit nicht verabschieden, sondern wir nehmen sie in ihrer Widersprüchlichkeit an. Wir haben aus der Geschichte die Konsequenz gezogen, uns von allen dogmatisch-autoritären Einstellungen und vereinfachenden bzw. einseitigen Interpretationen der sozialistischen Theorie und Praxis zu lösen. Eine unwürdige pauschale Selbstzerfleischung. Die Erneuerung (?) der KPÖ stellt einen offenen Prozess dar. Eine Vereinigung mit anderen linken Kräften, die auf eine Überwindung des kapitalistischen Systems orientieren, halten wir als längerfristige Möglichkeit der Entwicklung unserer Partei bewusst offen. Da es weit und breit keine "linke Kraft" gibt, von der dies angenommen werden könnte, ist dieser Satz überflüssig. Einzelpersonen, auf die eine solche Definition zutrifft, mögen sich gerne mit uns vereinigen, sofern sie nicht lieber als eigene "Linkspartei" bestehen wollen. Ein sol"monolithisch", "dogmatisch"? Der Zusammenhalt der KPÖ basiert auf der Übereinstimmung der Mitglieder über einige grundlegende Fragen revolutionärer Politik. Einige? Welche? Und welche nicht? Darüber hinaus ist aber die KPÖ eine Partei der inhaltlichen Vielfalt. Ärmer als jeder Verein mit seinen Zielen und Statuten? Wozu die seitenlangen Darstellungen dieses Papiers? Wer soll uns denn ernst nehmen? Jedes Mitglied der KPÖ hat das Recht, öffentlich Kritik an allen Beschlüssen, Organen und Mitgliedern der Partei zu üben, den eigenen Standpunkt in den Publikationen der Partei zu vertreten und daran festzuhalten. ...und sich als DogmatikerIn, SektiereIn, StalinistIn usw. diffamieren zu lassen. (Übrigens will ich keinerlei oberflächliche Abstempelungen oder Beflegelungen.) Offene Diskussion in der Partei hat das Ziel der Verständigung und der gemeinsamen Aktion - ohne Ausgrenzung und Manipulation. Deshalb wollen wir die Einheit der Partei aus dem Meinungsstreit entwickeln, ohne Abschottung von Fraktionen. Das Bemühen um Mehrheiten muss allerdings legitim bleiben...ritik an allen Beschlüssen, Organen und Mitgliedern der Partei zu üben, den eigenen Standpunkt in den Publikationen der Partei zu vertreten und daran festzuhalten. ...und sich als DogmatikerIn, SektiereIn, StalinistIn usw. diffamieren zu lassen. (Übrigens will ich keinerlei oberflächliche Abstempelungen oder Beflegelungen.) Offene Diskussion in der Partei hat das Ziel der Verständigung und der gemeinsamen Aktion - ohne Ausgrenzung und Manipulation. Deshalb wollen wir die Einheit der Partei aus dem Meinungsstreit entwickeln, ohne Abschottung von Fraktionen. Das Bemühen um Mehrheiten muss allerdings legitim bleiben... 25. MARXISTISCHES DENKEN UND ERNEUERUNG Die kommunistische Partei ist ein Instrument zur emanzipatorischen Umgestaltung der Welt und keine Glaubensgemeinschaft. Dann ist der Punkt 24 also hinfällig? Die in der KPÖ sich organisierenden Menschen verbindet kein Dogma, sondern unbeschadet religiöser und sonstiger philosophischer Überzeugungen die revolutionäre politische Überzeugung. Das passt einfach nicht zusammen. Materialismus ist kein Dogma, Philosophie und Ökonomie sind untrennbare Bestandteile einer revolutionären sozialistischen Zielstellung. Sonst ist eben eine kommunistische Partei kein Instrument zur Umgestaltung. Wer sich zu einem gemeinsamen Ziel mit uns verbündet, muß das ebenso respektieren wie wir andere Bewegungen respektieren. Niemand, der/die die Welt kritisch interpretieren will, um sie zu verändern, kommt am Werk von Karl Marx vorbei, das - nicht als Dogma verstanden - eine Methode für die radikale Sicht auf die menschliche Gesellschaft und ihre Fortschrittspotenziale darstellt. Darum aber ist es für uns wichtig, uns auf der Grundlage der marxistischen Gesellschaftswissenschaften ein Programm und eine den Bedingungen entsprechende Organisation zu geben. Programmatische und theoretische Erneuerung erfordern eine kritische Auswertung des Erbes sowohl der in der kommunistischen Bewegung anerkannten Klassiker wie auch derjenigen TheoretikerInnen, die am Rande der Bewegung standen oder aufgrund von "Abweichung" ausgegrenzt wurden. Kritische Wissenschaft ist unverzichtbar für die Entwicklung linker Politik. Sie steht aber nicht unter der Leitung politischer Instanzen. Sie muß aber Handlungsfähigkeit bewirken - und dazu ist die Kenntnis der gesellschaftspolitischen Gesetzmäßigkeiten ebenso unentbehrlich wie Etappen- und Fernziele. Marxismus kann sich nicht als eine "Orthodoxie" entwickeln, sondern nur als eine in ständiger Kritik und Revision befindliche Wissenschaft. Dazu will auch die KPÖ einen ihren Möglichkeiten entsprechenden Beitrag leisten. Wesentliches zum Verständnis der heutigen Welt wurde außerhalb des orthodoxen (?) Marxismus erarbeitet. No na - aber warum das Klischee "orthodox"? Ohne diese Erkenntnisse, etwa diejenigen des sozialistischen Feminismus oder der Politischen Ökologie, ist eine auf die Zukunft gerichtete Politik undenkbar. Aber gegen den Einfluß bürgerlich-liberaler Theorien, pseudolinker Neoromantik, klerikalen Idealismen wird man doch argumentieren dürfen? Revolutionäre Prozesse, zumal im Zeitalter der kapitalistischen Globalisierung, sind nur global zu denken. Keine einzige Linkspartei kann sich als Einzelne und im nationalen Rahmen vornehmen, die Krise der sozialistischen Theorie zu überwinden. Notwendig ist die Überschreitung jeder auf bestimmte Traditionslinien, Sprachkreise oder Regionen bezogenen Einengung des marxistischen Diskurses, insbesondere des Eurozentrismus vieler Debatten. Die KPÖ versteht sich also nicht nur in politisch-praktischer, sondern auch in theoretischer Hinsicht als eine internationalistische Partei und will einen ihren Möglichkeiten entsprechenden Beitrag zur Entwicklung des theoretischen Dialogs der Linkskräfte leisten. Mit diesem in sich widersprüchlichen, stellenweise irrigen und unsystematischen Papier, das sich unverdientermaßen "Thesen" nennt, wird kein solcher Beitrag geleistet. Eine andere Diskussionsgrundlage ist notwendig. Kritisches Fazit: Unsystematisch (Aufbau, "Thesen" unsichtbar). Unglaubwürdig (Systemkritik niedlich, Notwendigkeit einer Alternative nicht schlüssig). Langweilig (Sprache temperamentlos, Stil trocken bis geschwollen). Unübersichtlich (Analyse, Langfristziele und aktuelle Aktion vermischt). Schwammig (keine klare Positionierung als kommunistische Partei, keine an- und aufregende sozialistische Vision). Ungenau (historische Fakten und kritische Formulierungen phrasenhaft bis falsch, Selbstkritik oberflächlich bis opportunistisch). Lückenhaft (grober Mangel an Hinweisen: auf die neoliberale Ideologie - Rolle der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, der Massenmedien, des Freizeit- und Massen"kultur"komplexes, des Unterrichtswesens usw., dazu die Ansätze von Widerstand; auf die Funktionsweise des Rechtssystems u.a. Fehlende Themen wie die Infamie im Bereich der Ökologie, der Landwirtschaft, bei Forschung und Entwicklung - Bereiche mit uneingeschränkter Dominanz von Kapitalinteressen auf Kosten der natürlichen Ressourcen, der zehntausenden Neben- und Zuerwerbsbauern, der freien Forschungs- und Entwicklungstätigkeit zugunsten der Bindung an Konzerninteressen.)