namaskar!

Lieber roli-
wenn du das  zitat auf der website meinst ... das hab ich reingestellt!

Auch hab ich das zitat gegen stalins geschichtsdeterminismus in stellung bringen wollen,
ueberhaupt wollt ich nix " in stellung bringen", sondern aus dem" zusammenhang reissen"
und mit neo.dogmatismen  'frei assoziieren' .

Die beobachtung ueber den ursprung reaktionaerer sekten, systematischer pedanterie
 und fanatischen aberglaubens   fand ich da eigentlich wichtiger weil lustiger , 

Aber das zeigt wieder eine mE  schoene,spannende seite  am  lesen von texten,
nämlcih wie verschiedene leserInnen einen text unterschiedlich aneignen, assoziieren
ecc. 

eine  rigide marx-exegese macht mir keine freude.
ich wuerd aber  am So gern wieder die kritik des gothaer programm weiterlesen,
womöglich auch längs, quer, schraeg, unkorrekt und  falsch,
sicher aber will ich nicht die  "richtige" lesart einueben.


ich will auch mit meinem marx  auf  deinen draufhauen

a

werd mir den Sonntag abend freihalten,wenn es  ?Zusagen? gibt !

im übrigen hast du, roli,  recht in dem punkt,  dass es heute wieder einen haufen von dem , was charliue und freddie als 
utopischen sozialismus oä-  kritisiert haben.  sie lagen bei ihrer prognose hier in der tat falscher als das kronenzeitungshoroskop.
Dass die marx sche  geschichtsteleologie  eh ein bloedsinn is,  so glaub ich,  common sense hier.

lg

 börny



Kosmonaut wrote:
Liebe Leute,

hier eine lange, aber notwendige Antwort auf Noras Unsachlichkeiten - und auf die Gefahr hin, dass Nora oder Andere wieder alles verdrehen werden. Nora unterstellt mir Geschichtsdeterminismus a la Stalin, also einen automatischen Lauf "der Geschichte", unabhängig vom Treiben der beteiligten Leute. (Wie sie auf so etwas Verrücktes kommt, ist mir ein Rätsel. Liegt wohl daran, dass ihre Gedanken ihr selbst rätselhaft sein dürften.) Der Witz dabei: Die von Nora zitierte Stelle aus dem "Kommunistischen Manifest" (S. 491), in der Marx die utopischen Sozialisten kritisiert (und wo Marx vorher deren Schriften lobt) und in der Nora Marx gegen Stalins Geschichtsdeterminismus in Stellung bringen möchte, da sitzt Marx selbst dem Geschichtsdeterminismus auf (und Nora fällt es nicht auf, weil sie keinen Begriff von Geschichtsdeterminismus hat)! Marx meint ja im Zitat, dass es heute (1848) der utopischen Sozialisten nicht mehr bedarf, da der fortgeschrittene Klassenkampf sie überhol

t habe. Das mit dem unaufhaltsamen Fortschritt des Klassenkampfes stimmte schon damals nicht, auch wenn die Arbeiterklasse damals revolutionärer war als heute. Nach diesem Geschichtsdeterminismus müsste längst der Sozialismus eingerichtet sein. Aber heute ist die Arbeiterklasse sogar weniger, weil gar nicht mehr, revolutionär als 1848. Es gibt eben keinen Automatismus in der Geschichte und keine geschichtlichen Notwendigkeiten bzw. Gesetze. Marx hat diesen Fehler später eingesehen und (stillschweigend) korrigiert. 

lg, Roland

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Der Anlassfall auf der Homepage der GO Dogma: 

Pröbstling des Monats Februar: "Der Blick auf die Geschichte ist nicht notwendig, weil was einmal war, nicht mehr ist." 

Glücklich ist, wer vergisst, das der "wissenschaftliche Sozialismus" nicht zu ändern ist. Dafür hat der Gen. Stalin schon gesorgt - armer Charlie. Aus dieser "wissenschaftlichen" Werkstatt stammt unser aktueller Pröbstling. Aber des einen Leid, des anderen Freud: sämtlichen AbbrecherInnen des Studienfachs Geschichte nämlich

Meine Antwort: 

Das Zitat für den Diffamierungstitel „Pröbstling des Monats“ stammt aus einer Debatte über Vergangenheitsbewältigung. So mancher Genosse bzw. Genossin geht gleich in die Mitte – weil er oder sie sich hinten und vorne nicht auskennt, wie die verrückte Anmerkung beweist – und reißt einen Satz aus dem Zusammenhang. Denunzieren will eben gelernt sein. Dieses gründliche Missverständnis seitens der GO Dogma erfordert ein paar klärende Worte über die Vergangenheitsbewältigungspolitik. 

Man muss über die Geschichte tatsächlich nichts wissen, wenn man sich mit dem Hier und Jetzt beschäftigen will. Wenn man über die österreichische Demokratie heute etwas wissen will, muss man nicht unbedingt etwas über den Faschismus, die Monarchie, die Sklavenhaltergesellschaft, etc. wissen. Was nützt der Blick auf die Geschichte, wenn man etwa österreichische Soldaten im Tschad, Preissteigerungen, das Regierungsstreitigkeitentheater, den nationalistischen Protest gegen die EU, die permanente Hetze gegen Ausländer, aber auch die Vergangenheitsbewältigung! – erklären will? Nichts, außer man ist aufs Vergleichen aus und möchte Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestimmen – aber die tragen nichts zur Erklärung der Sache bei! 

Das Erinnern an die Vergangenheit hat nicht viel mit der Erforschung geschichtlicher Ereignisse zu tun. Die historischen Fakten dienen als Grundlage für Interpretationen, mit der die gegenwärtige Demokratie - in der Regel – beschönigt wird. Vergangenheitsbewältigung hat mit der Geschichte nur insofern zu tun, als sie das Material für die Bebilderung der Ge- und Bedenkpolitik liefert, das naturgemäß aus der  Vergangenheit stammt. Beim Gedenken geht’s, unabhängig ob rechts oder links, ums Interpretieren und Deuten von historischen Fakten, die sowieso feststehen – und die nicht mehr geändert werden können. Tote werden nicht mehr lebendig und ob jemand Entschädigung bekommt und in welcher Höhe, ob jemand verfolgt wird oder nicht, ausgeliefert und vor ein Gericht gestellt wird, oder nicht, hat auch nichts mit der Geschichte zu tun, sondern mit der jetzigen Politik; mit dem heutigen Umgang mit den Taten von früher. Der Blick auf die Geschichte macht auch nicht sc

hlauer, wenn man etwas über den heutigen Umgang mit der Geschichte wissen möchte. 

Klar ist, dass man die Fakten schon vorher kennen muss, um sie dann vom gegenwärtigen Interpretationsstandpunkt beurteilen zu können. Dafür dient die Beschäftigung mit der Geschichte; als Voraussetzung für deren Missbrauch für gegenwärtige Zwecke. Historiker werden nicht beschäftigt, um die historischen Fakten zu erforschen und die Sache ist dann geklärt. Historiker tragen die Fakten zusammen, als Voraussetzung dafür, sie dann für die Politik „aufbereiten“ zu können, d. h. für die jeweilige politische Sichtweise – deswegen gibt es historische Sichtweisen, wie es politische Schattierungen gibt; von ganz links, bis hin zu faschistischen Historikern – zurecht legen zu können. Letzterem, viel aufwändigerem, widmen sich Politiker und Historiker ständig, schließlich ändern sich die offiziell gewünschten Sichtweisen mit der Politik dauernd. (Die Änderungen der Sichtweise auf die Geschichte und die daraus folgende Erinnerungskultur sind ein eigenes Kapitel

 der Geschichtsschreibung, die seit dem Boom der Erinnerungskultur in Mode gekommen sind; vernünftige Auskünfte erfährt man da auch selten, weil sie ebenfalls unter der jeweiligen Sichtweise verfasst sind.) Das so „aufbereitete“ Material dient dann als Grundlage der jeweiligen Gedenkpolitik. 

Bei den Gedenkfeiern, die nicht zu Unrecht an Gottesdienste erinnern, hat man den Eindruck, als wollten die Veranstalter die Vergangenheit nachträglich ändern, geschehenes Leid lindern, Niederlagen feiern oder wettmachen, Massaker ausmalen oder beschönigen, „Schuld“ zu- oder von sich weisen. Tote werden wieder lebendig – zumindest in der Erinnerung. Dazu – und nur dazu - dienen die Beschwörungen und Mahnungen, mithin das gesamte Repertoire der „Erinnerungskultur“. Das ist das Gegenteil einer Erklärung dessen, was und warum etwas passiert ist, welche Vorstellungen und Ziele die Beteiligten damals hatten. Und eine Kritik an den damals Beteiligten und den Zuständen ist es schon gar nicht. Wer „Niemals vergessen!“ fordert, hat längst vergessen bzw. will vergessen. In der Regel haben solche „Mahner“ sowieso nie etwas richtig „gewusst“. Faschisten bzw. Nazis etwa erkennen sie nicht an deren Politik, sondern wenn sie dabei auch Hakenkreuzbinden tragen 

oder den deutschen Gruß verwenden. Sie „wehren den Anfängen“ auf ewig, weil sie nichts begreifen wollen. Die Geschichte wird missbraucht, um die schon vorher festgestellten, gewünschten „Lehren“ aus ihr zu ziehen. Der Dauerstreit über die „historische Wahrheit“ entbrennt deswegen, weil es so viele „richtige“ gibt, wie es politische Richtungen gibt. 

Zur Erinnerung: Dabei geht es nicht um die Geschichte, über das, was geschehen ist, sondern um die Deutungshoheit darüber. Die an „die Geschichte“ gestellten Fragen sind schon sehr vorsortiert, weil die Sieger „die Geschichte schreiben“ und nur deren Deutungshoheit zählt. Nur antifaschistische Fragen - was gleichbedeutend mit demokratischen ist - sind erlaubt, schließlich hat der Faschismus verloren, was schon gegen ihn spricht. „Lehren“ etwa, die Faschisten ziehen, werden gleich von vornherein unterbunden, aber nicht kritisiert. Den Nachweis, dass faschistische Argumente objektiv nicht stimmen und gar nicht stimmen können und dass das der Grund ist, der gegen ihn spricht, verweigern Demokraten, weil so ein Nachweis auch eine Kritik der Demokratie nach sich ziehen würde. 

Die einzigen Fragen die gestellt werden dürfen, lauten: Wie hätte Österreich erhalten werden können? War Österreich, waren die Österreicher Opfer oder Täter? Waren die Austrofaschisten Wegbereiter Hitlers oder behinderten sie ihn? Was war mit den Sozis? Warum haben die Parteien nicht zusammengearbeitet? (Wer diese Frage stellt, den interessiert der tatsächliche Gegensatz nicht. Er stellt die Frage nur unter dem Vorbehalt des demokratischen Österreichbewusstseins der Nachkriegszeit). Was haben die Parteien falsch gemacht? Dass sie etwas falsch gemacht haben, liegt für diese, den Patriotismus historisch untermauernden Leute auf der Hand, weil Österreich schließlich „angeschlossen“ wurde. Fragen oder Hinweise, ob etwa der „Anschluss“ vielleicht gar nicht schlecht war – der Standpunkt der Nazis -, dürfen gar nicht aufkommen. Solche Fragen nach dem „was wäre gewesen, wenn?“ sind gänzlich unhistorisch. Objektive Hinweise etwa, dass die Erklärung der Ge

schichte die eine Sache ist und die Koppelung mit dem Ansehen des Landes daher sachfremd ist, kommen bei einer solchen Bedenkkultur erst gar nicht auf. So bleiben die Demokraten mit ihren patriotischen Fragen, was denn nun besser für Österreich gewesen wäre, unter sich. Die Linken argumentieren folgerichtig, wenn sie Dollfuß und Schuschnigg als Beförderer Hitlers darstellen, stehen sie doch dem Gedankengut und der Interpretationsweise der Linken damals nahe. Die besagt, dass Dollfuß und Schuschnigg durch die Ausschaltung der Sozis, sich eines patriotischen antifaschistischen Verbündeten entledigte und es so Hitler leichter machte. Die Christlich-Konservativen haben aber auch ihre guten Gründe für ihre Politik und das Misstrauen gegenüber den Linken: Die Sozis träumten immer von der „Diktatur des Proletariats“ und der Bekämpfung der Kirche, es drohte der Niedergang der traditionellen Werte. Sie konnten ja nicht ahnen, dass es den Linken auch nur um Österreich 

ging und die Sozis nur vorlaut waren, um bei ihrem Volk zu punkten 
und nicht daran dachten, das Gesagte auch umzusetzen. Woher sollten die Konservativen das wissen? Schließlich errichteten die Sozis 1918 die Republik, ohne den Kaiser um Erlaubnis zu fragen, zwar keine Räterepublik, aber schlimm genug - und 1934 wagten sie es, sich der Staatsgewalt zu widersetzen. Dass man solche in die Schranken weisen muss, das versteht doch jeder, der für einen starken bzw. souveränen Staat ist. Wenn der Staat nach innen nicht stark ist, wie soll er dann erst nach außen abschrecken? Solche Fragen leuchten rechten und linken Nationalisten ein. 

Wer die Fragen so stellt, weiß in Wirklichkeit über die Geschichte fast nichts. Die Absichten, Vorstellungen und Ziele der damaligen Parteien und Personen, kommen nur unter dem jeweiligen politischen Standpunkt zur Sprache – auch noch nach Jahrzehnten. Solche Fragen können tatsächlich nicht beantwortet werden. Aber warum auch? Der Streit um die Interpretation der Vergangenheit geht darum, welche Haltung Österreich besser in der Welt dastehen lässt? Alle Schuld zugeben und sich publikumswirksam vor aller Welt schämen, die linke Sichtweise – Deutschland hat es vorgemacht, wie man damit Erfolg hat - oder mehr auf den Opferstatus beharren? Die Befassung mit Geschichte dient einzig und allein dem Zurechtlügen der faschistischen Vergangenheit für die Glorifizierung der demokratischen Gegenwart. 

  


-- 
Bernhard Wernitznig
Treustrasse 33/12
AT-1200 Vienna
Austria

email: bernhard.wernitznig@gmail.com
fon: +43-(0)650-96 29 126

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