lieber roland
es tut mir leid, dass ich es dir erst jetzt sage, aber auch ich habe vor, die partei zu verlassen, und ich hoffe immer noch, dass sich weitere genossInnen meinem schritt anschliessen werden. gerade die ereignisse der letzten beiden jahre meines intensiveren engagements haben mir bewiesen, dass meine bemuehungen um auflaererisches denken wenig effekt gezeitigt haben.
als wir uns damals im afro getroffen haben, habe ich ja erklaert, dass es mir weniger um flugblaetter und wahlinformationsverteilung an nicht- kommunistInnen in der oesterreichischen bevoelkerung geht, sondern um die faehigkeit organisierter kommunistInnen hinsichtlich aktueller diskurse kritisch denken zu koennen. dabei habe ich natuerlich auch erwartet, dass die parteileitung, aufgrund ihrer bekenntnisse diese bemuehungen, wo nicht unterstuetzt so zumindest nicht behindert und meine interventionen auch fuer sich selbst als nachdenk-impuls nutzbar macht.
das mit dem nachdenken von massgeblicher stelle hat sich als illusion erwiesen.
mir ist aufgefallen, dass von nicht parteigebundenen gruppen thematisierte inhalte mit groesserer bereitschaft angenommen werden, als freundschaftlich kritische hinweise von genossInnen. im grossen und ganzen hat die arbeit der go dogma eher als feigenblatt in der kritischen linken oeffentlichkeit gedient, so naemlich, dass die kpoe so schlecht nicht waere, weil es ja immerhin zwei drei go's gaebe, die einen avancierten diskurs reflektierten. und das war's auch schon!
die versprechungen, die eine go dogma jungen leuten, die sich gern substantiell im linken spektrum engagieren wuerden, macht, loest die kpoe als ganzes dann nicht ein, sondern nimmt sie im gegenteil wieder zurueck. was mir insbesondere in hinblick auf unser neues mitglied und seine potentiale sehr sehr leid tut. dafuer gibt's im argument, weil dem zach nix besseres einfaellt belobigungen fuer mond's loyalitaet und fleiss beim kabelkanaele stemmen. dass er sich eigentlich fuer open source und free software sehr engagiert, und gute und kritische einschaetzungen abgeben kann, wird wahrscheinlich fruehestens in zehn jahren wahrgenommen werden.
denn die hauptarbeit wurde (und wird) in die selbsterhaltung des apparats investiert, fuer die man bloss buerokratisches interesse braucht und kenntnisse, die sich im grunde seit der entdeckung der modernen verwaltung im aufgeklaerten absolutismus nicht wesentlich veraendert haben, bloss dass damals noch eine elaborierte hoeflichkeit der formen zusaetzlich notwendig war - ein modul, dessen abschaffung ein dubioses verdienst stalins war und keines wegs zu einer effektiveren handhabung des apparates fuehrte. im gegenteil!
es gaebe noch dutzende beispiele. worauf ich aber hinaus moechte ist, dass debatten und diskurse jederzeit unterbrochen werden muessen, wenn die partei wieder auf stimmenfang unterwegs ist oder in ihren reihen zwistigkeiten ausbgebrochen sind, wo dann lobbying betrieben werden muss, fuer die je eigenen positionen. all das verlangt zeit und muehe und der aufwand steht in keinerlei relation zum resultat.
die partei schleppt das erbe ihrer geschichte in den diversen richtungen mit sich und will das in keinster weise sichten und bewerten - das waeren naemlich muehsame debatten, die laengst faellig waeren, aber das tagesgeschaeft geht vor! darunter faellt auch der ekh-verkauf - und das war natuerlich eine programmierte enttaeuschung, denn das zeigt bloss auf, dass ein oesterreichischer kommunist in erster linie ein gewiefter apparatschik sein muss und jeglicher diskurs nur als faehnchen im stimmenfang von interesse sein sollte - tunlichst. auch ein erbe von stalin - gelernt ist gelernt! natuerlich enttaeuscht das!
auf der strecke bleiben dabei naemlich jene, denen das "umwerfen aller verhaeltnisse in denen der mensch ein geknechtetes, ein veraechtliches ....wesen ist" vordringlichstes anliegen ihres engagements ist, wozu es aber meiner bescheidenen meinung nach, keines sitzes im parlament, stadt- oder landesrates bedarf. denn "helfen statt reden" (kpoe graz) affirmiert und verfestigt nur die herrschenden einteilung in volatile repraesentanten von macht und geld und starr gelaehmte handaufhaltende habenichtse ohne stimme und ohne kritikfaehigkeit, die sich entlang feudaler restlogiken eilig als leibeigene klientel zur stimmenmaximierung ihrer herren aufreihen.
das passt aber im grunde zur kpoe, wie die faust auf's auge, denn mit der eigenen basis wird ja genauso verfahren und die stimme erheben soll man nur zum politischen gewinn und zur erhoehung der street credibility der kpoe in wahlk(r)aempfen.
das alles ist mir durch die entscheidung und die modalitaeten des ekh- verkaufs deutlich geworden, es fiel mir quasi wie schuppen von den augen und damit ist mir auch der zweite kant'sche kategorische imperativ ex negativo bestaetigt worden (der singemaess lautet: "instrumentalisiere nicht, auf dass du nicht instrumentalisiert wirst!").
ich will daher nicht weiter nuetzliche idiotin fuer tumbe apparatschiks spielen und womoeglich auch noch von mir unbemerkt instrumentalisiert werden, weil das zur folge haette, dass auch ich nur mehr instrumentalisiere. zur annahme, dass sich diese haltung in naechster zeit (auch aufgrund der veraenderung der finanz-situation der partei) aendern koennte, besteht keinerlei anlass, selbst bei groesstem optimismus nicht. der weg der kpoe ist leider der des gerinsten widerstands und des groessten opportunismus! von stalin gelernt ist gelernt.
lg n
aus dem Text von Kurto kann ich mir ein Stimmungsbild machen, aus
welchem
mehr Klarheit hervorgeht, als aus "offiziellen" Verlautbarugen. Es
scheint
wirklich so zu sein, dass Linke in der Partei nur als ImpulsgeberInnen gebraucht würden; "wichtige" Entscheidungen werden in "bewährter" Altherrenmanier getroffen. Die ganze Vorgehensweise war ein klares Mißtrauensvotum gegenüber der EKH-Verhandlungsgruppe. Baier und leider auch Michael Graber, worüber ich persönlich sehr enttäuscht bin, dürfen sich nicht wundern, wenn sie nicht mehr ganz ernst genommen werden. Wenn
Kurto
sogar daran denkt, auszutreten, muss der Zustand sehr düster sein. Und genau das ist der Punkt: Austreten gerade jetzt bedeutet doch, dass Baier schalten und walten kann, wie er will. Wer soll den den Baiers noch Paroli
bieten?
Wenn kein Platz mehr für Linksradikale, linker Flügel, usw. bleiben sollte, dann werden wir sowieso irgendwann rausgeträngt. Aber diese Position sollte, gerade aus der GO Dogma, niemand freiwillig aufgeben, obwohl der Frust über die Partei mehr als verständlich ist. Es ist sehr bedauerlich, dass die (mittlerweile Ex-)Genossinnen Sabine Sölkner, Sylvia Köchl und Tina
Leisch
der Partei den Rücken gekehrt haben und dass andere folgen wollen. Dringend nötig wäre es, die ex-Genossinnen und neue Leute für eine Plattform
links
von Baier zu gewinnen, obwohl mir bewusst ist, dass es wie ein Hohn klingt, gerade jetzt Leute f ü r die Partei zu gewinnen. Es kann doch nicht
sein,
dass, wie Kurto sie treffend charakterisert, die autistische Führung sebstherrlich das einzige autonome Zentrum verkauft und damit sicher zerschlägt; und als Nachfolgeeffekt verabschieden sich auch noch diejenigen aus der Partei, die dem ganzen Treiben am ehesten Widerstand und bessere Inhalte entgegensetzen könnten. Wollt Ihr, werte GenossInnen, es der Parteileitung so einfach machen? Ich hoffe, nicht.
LG Roland
hallo genossInnen normalerweise denkt man ein problem zu ende und teilt seine eigenen schlussfolgerungen dann denen mit, von denen man sich erhofft, sie
könnten
durch ihre kritik und unterstützung die gedanken verfeinern, um dann gemeinsam die conclusio öffentlich zu vertreten. 3 1/2 wochen vor dem parteitag ist meine stimmung ein dichter brei zwischen
entschlossenheit
und verunsicherung und ich möchte diese meine lage hier mit ein paar thesen und vorschlägen präsentieren, in der hoffnung, dass euch was
dazu
einfällt..
wir sind alle in der erwartung eines ruhigen, zukunftsweisenden
parteitag
in den herbst gegangen, wahrscheinlich auch in der hoffnung, dass der parteitag eine klärung und abrechnung mit der parteirechten bringt mit einer später folgenden wie auch immer gearteten annäherung an so
manche
steirische genossInnen.
völlig überraschend traf uns der verkauf des ekh und zeigte wieder
auf,
dass uns linken in der partei nur der platz der impulsgeberInnen und theorieentwicklerInnen zugetraut wird. zum wiederholten mal hat eine handvoll funktionärInnen (baier, graber, stiefsohn, ...) die allesamt schon länger als ein jahrzehnt, baier und graber schon länger als 20
jahre
in ähnlich verantwortlicher position zum wohle der partei in
autistischer
art und weise eine entscheidung getroffen haben, die vielen von uns
die
luft zum politischen atmen genommen hat. es geht nicht um solidarität
mit
autonomen versus solidarität mit der kpö, es geht auch nicht um
träumerei
versus finanzrealismus, sondern um politische verläßlichkeit und berechenbarkeit und das vertrauen auf kollektive beschlußfassungen.
es gab eine arbeitsgruppe, die das ziel hatte eine lösung des
ekh-dilemmas
zu erarbeiten. die katastrophale verkaufsperformance wird jetzt sogar gegen uns gerichtet. wir hätten nichts weitergebracht und seien letztendlich durch den klammheimlichen verkauf vor gewissenskonflikten geschützt worden. (waltraut stiefsohn auf der stadtleitungssitzung, in
der
die wiener leitung vom verkauf informiert wurde, 3 stunden nachdem
dies
schon auf standard-online nachzulesen war)
ein paradebeispiel von paternalistischem handeln, das einerseits auf
die
eingebunkerte entscheidungssituation der fast ewigen führung
andererseits
auf das selbstbewußtsein dieser führung, nur sie könne die partei
retten,
andererseits zurückzuführen ist.. der kpö-newsletter befasst sich seitenweise mit
der
verbreitung von kominform-inhalten, die diese nicht verdient hat, die verbreitung von strategien der führung spielt dort keine rolle.
wir sind tief getroffen, da uns mit dieser vorgangsweise das mißtrauen ausgesprochen wurde und wir, ohne das sie es wahrscheinlich wollten,
von
der führung mit den rechten in der partei in einen topf geworfen wurden. 3 genossinnen sind bereits ausgetreten 15 weitere überlegen sich diesen schritt (ich gehöre übrigens auch dazu) und bereits jetzt kommt darauf nur die antwort, diese würden sich aus der verantwortung stehlen, die sie jetzt mitübernehmen sollten.
auch das argument, des schweren politischen schadens in großen teilen
der
politischen linken in wien wird geleugnet. damit wird uns erneut die fähigkeit der einschätzung abgesprochen. die go dogma hat einen antrag
an
die wahlvorschlagskommission gerichtet, dass weder baier, graber noch
zach
dem neuen bundesvorstand angehören sollen, nicht als rache oder selbstüberschätzung, sondern aus der tiefen überzeugung, dass ein
anderer,
kollektiverer führungsstil, also ein wesentlicher parameter für die organisatorische umsetzung des politischen programms der öffnung, von diesen drei genossen gehemmt werden würde.
es liegt mehr als ein jahrzehnt zurück das walter baier damals als bundessekretär der kpö, in vorbereitung des linzer parteitags meinte,
er
werde nicht mehr kandidieren. heute gilt er in der kpö als genauso unersetzbar wie damals und dies ist die meinung der großen mehrheit
des
vernünftigen kerns der partei. für michael graber gilt dies in noch höherem maß. dies ist ein resultat unsystematischer (oder nichtvorhandener) kaderpolitik, die sowohl für die beiden, als auch
für
die kpö eine erstarrende situation herstellen.
ich gehe davon aus, dass sich die ängstlichkeit der schweigenden
mitte,
die am parteitag ohne steiermark die große mehrheit darstellen wird,
eine
wiederwahl fordern wird, unser vorhaben inclusive faktischem ausschluß
von
uns, auf großes unverständnis stossen wird. Trotzdem möchte ich mich
dafür
einsetzen, genossInnen zu suchen, die die enge aufbrechen könnten, die eine gesprächsbasis zur steiermark herstellen können und gleichzeitig
ein
klares signal an die linke darstellen, die weit größer ist als die
paar
wichtigen menschen, die mit uns bei den eu-wahlen kandidiert haben. um eines klar zu stellen: ich selbst sehe mich weder qualifiziert genug,
noch
akzeptiert genug, eine rolle in dieser neuen kollektiven führung zu spielen.
die austrittsoption von mir und vielen anderen dogma- und jungen genossInnen ist keine position der stärke, sondern eine der verzweiflung, in dem politischen umfeld, in dem wir jetzt und künftig politik machen werden, weiter tätig sein zu können. niemand will austreten, viele sehen sich aber gezwungen, wenn die autistische und autoritäre entscheidung keine folgen haben würde.
auf der intensiven suche nach kompromissen ist mir heute folgendes eingefallen, was ich euch noch zur diskussion stellen möchte:
- das verhätnis zu den steirischen genossInnen, die geschlossen dem
parteitag fernbleiben werden wird nicht kurzfristig zu verbessern
sein.
da
nicht nur die politische realität, sondern auch die ideologische ausrichtung klar unterschiedlich ist, gleichzeitig die positionen
nicht
unvereinbar, sondern gegenseitig tolerabel sind, wäre mittelfristig
eine
CDU/CSU-Lösung spannend.. mit unterschiedlichen leitungen, einem koordinierungsausschuß, viel kommunikation und gegenseitigen respekt.
- die vorgangsweise bezüglich der gruppe, die den amstettner
parteitag
organisiert finde ich charmant und zielstrebig, das ist zu
unterstützen
und zügig umzusetzen.
- sollte der parteiruf nach baier und graber so groß sein, dass sie
erneut wiedergewählt werden, schlage ich vor, dass wir darüber
verhandeln,
dass folgendes vereinbart wird, das den faktischen ausschluß vieler
linker
in der kpö verhindern könnte: a) es wird beschlossen, dass der nächste parteitag im frühjahr 2006 stattfindet. b) baier und graber geben
bekannt,
dass sie an diesem parteitag nicht mehr kandidieren. c) diejenigen,
die
sich zum austritt gezwungen sehen, verzichten darauf und lassen ihre mitgliedschaft bis zum nächsten parteitag ruhen..
der vorteil wäre, dass die partei nicht an einer stelle bricht, die
nicht
notwendig ist. es wären 15 monate zeit, dass sich genossInnen auf verantwortliche positionen vorbereiten könnten, dass für die
steirerInnen
genug raum ist, sich auf ihre 2 wichtigen wahlen vorzubereiten, die
kpö
sich konsolidieren könnte und die öffnung bis märz/april 2006 sinnlich wahrnehm- und überprüfbar sein wird. eine teilnahme der kpö an den gemeinderatswahlen in wien (egal ob herbst 2005 oder frühjahr 2006) erscheint mir derzeit sowieso als völlig zwecklos.
ich danke euch für das lesen und hoffe auf viele reaktionen
kurtO
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