hi zusammen,
danke für die zusammenfassung des artikels, mir hst du's ja nie
geglaubt.
im gegensatz zu Weiß, der laut deiner darstellung (die wohl korrekt
seine
inhalte referiert) folgendes glaubt:
"jedoch waehren ab etwa ab 1968 die produktivkraefte weit genug
entwickelt gewesen fuer andere verhaeltnisse. das hat im westen zur
68er
bewegung gefuerht die aber im system absorbiert wurde und im osten
verhindert wurde. resultat war letztlich der zusammenbruch des realsozialismus.
... bin ich der ansicht, dass die produktivkräfte noch immer nicht
weit
genug entwickelt sind! sie müssten nämlich weltweit in einem ähnlichen
maß
entfaltet sein, weil ungleichzeitigkeiten in der entfaltung eben
darauf
hinweisen, dass die produktivkräfte eben noch nicht genug entwickelt
sind.
dialektisch denken schliesst logisches denken nicht notwendigerweise
aus,
so wie offensichtlich bei Weiß (wo es sich womöglich sogar gegenseitig ausschliesst).
Wie weit müssen die Produktivkräfte entwickelt sein, damit eine revolutionäre Situation entsteht? Wenn es stimmt, dass die
Produktivkräfte
noch entwickelt werden müssem, dann hätte der alte Marx eine Revolution gar nicht im Sinn haben können; denn unzweifelhaft waren die Kräfte im 19. Jhd. noch weit weniger entwickelt, als heute. Es gibt doch kein Ende der Produktivkraftentwicklung, es geht nur manchmal schneller, manchmal langsamer, dann gibts wieder regelrechte Sprünge (elektrotechnische-, chemische-, fordistische-, IT-"Revolutionen"). Daher rühren auch die "Ungleichzeitigkeiten"; die können erst im Sozialismus ausgebügelt
werden.
Trotzdem ging Marx davon aus, dass eine soziale Revolution zu seinen Lebzeiten machbar ist und zwar, weil es nicht von der Produktivkraftentwicklung abhängig ist! Die rapide Entwicklung hat den Kapitalismus erst möglich gemacht. Eine Revolution findet statt, wenn
sich
genügend Leute dafür finden; die wissen, was sie machen wollen. Die kapiert haben, dass Geld, Eigentum, Staat, Konkurrenz, Nationalismus,... unvernünftig sind und sich die Leut damit gegenseitig nur schaden. Profitieren tut nur das Kapital und das politische Establishment und die müssen sich auch strikt an die Gesetze des Kapitalismus halten, wenn sie ihren Reichtum und die Macht behalten wollen. Die haben auch wenig Spielraum, wenngleich sie auf der Butterseite der Scheiße leben. Mir scheint, wer auf die weitere Entwicklung der Produktivkräfte setzt, wartet auf den Sanktnimmerleinstag. Dann hätten Kummerl die Aufgabe, für Rationalisierung, Forschung um jeden Preis, für schnellste Produktivitätssteigerung zu sorgen. Also das, wofür das Kapital schon sorgt!
marx war halt hoffnungsvoll, dass die produktivkraftentwicklung zu seinen lebzeiten bereits auf dem erforderlichen niveau sein wird - marx ist NICHT von einem voluntaristischen akt der herstellung der bedingung zur herstellung der "freien assoziation freier produzentInnen" ausgegangen, sondern davon, dass im schoss der bürgerlichen gesellschaft bereits alle notwendigen voraussetzungen zu kommunistischen praxis hergestellt sein werden, schätzomativ auch inklusive verbreiteten praxen. die sowjetunion hat das mit dem absterben des kapiutalismus und mit den realsozialismus als übergang zum kommunismus erfunden, um das peinliche faktum nach einer kommunistischen revolution eine protobürgerliche entwicklungsdiktatur zustandegebracht zu haben zu kaschieren. die entwicklung der produktivkräfte hat er schon als bürgerliche aufgabe gesehen und der versuch, die revolution einem bewusstseinsmässig (das gesellschaftliche sein bestimmt das bewusstsein) hinterherhinkenden land aufzupfopfen geht immer in die hose und verleiht der reaktion die nötige kraft zum gegenschlag. ausserdem ist ja gerade das scheitern der revolution in der ddr und in der sowjetunion 1989 ff. der beweis dafür, dass revolutionärer voluntarismus illusionärer idealismus ist (auch wenn ich froh über dieses intermezzo bin und das qu.e.d. 89ff. war auch nicht zu verachten, als lehre aus der geschichte). man kann nicht andauchen roli, das gesellschaftliche bewusstsein ist auch noch nicht sehr weit und wenn das gesellschaftliche sein das bewusstsein bestimmt, dann schauts gemessen am bewusstsein mit dem gesellschaftlichen sein noch nicht so gut aus, dass wir von revolution träumen könnten. vorläufig feiert das fetischisierte denken triumphe über das kritische und die aufgabe einer kommunistischen bewegung kann nur sein, die zur kritikfähigkeit zu befähigen und sie zu fördern und nicht, peinliche und zum scheitern verurteilte praktische experimente wider besseres wissen zu machen. ich hab das auch anlässlich des faschismus-seminars erklärt: auch der faschismus war revolutionär und er war anscheinend damals den massen lieber als der sozialismus, der ja in deutschland bekanntlich 1918 scheiterte. daraus schliesse ich, dass sowohl produktivkräfte als auch gesellschaftliches bewusstsein noch nicht so weit waren. und jetzt ist es auch noch nicht so weit - wir leben im ubiquitären kleinbürgertum, es gibt ja noch nicht mal ein klassenbewusstsein, jeder bürohengst hält sich für nen bourgois, kein hackler will prolet sein und die prekarisierten halten sich für ich-AGs, also kleinunternehmerInnen! das gesellschaftliche bewusstsein bestimmt das sein! jeder versuch darauf einen revolutionären akt zu setzen ist idealistisch, voluntaristisch, verblendet und schadet mehr als er nützt! hals über kopf lässt man nur seinen kopf liegen und den sollten doch grade kommunisten oben behalten.
Was war 1968? Da wurde einigen erstmal klar, dass es mit Vollbeschäftigung, "Wirtschaftswunder", Ausbau des Sozialstaats inkl. relativ hohen Lohnzuwächsen endgültig vorbei ist.
eigentlich nicht! das war erst ca. 1972 /73 soweit - aber man sollte schon sehen, dass in deutschland (in österreich war ja kaum was los), die ideen aus berkeley und san francisco sowie aus der US-amerikanischen anti- vietnamkriegsbewegung herüberschwappten und eigentlich importware waren. die texte der 68 waren allesamt nicht auf ihrem eigenen mist gewachsen, sondern aus china, kuba, vietnam, frankreich, oder von aus deutschland in die USA vertriebenen jüdischen Intellektuellen, deren einige ganz tapfer wiederkamen. all diese texte wurden auch hauptsächlich in berkeley gelesen. also die produktivkräfte waren in berkeley sowohl materiell als auch intellektuell 1968 auf einem spitzenniveau - aber wo noch? revolution muss man selber machen, sie lässt sich nicht exportieren, importieren oder herbeiwünschen. und sie lässt sich auch nicht befehlen - nicht einmal von kommunisten.
lg n
"aufgabe fuer heute waere es eine bewegung zu schaffen die in
aehnlicher weise auch den kapitalismus hinwegfegen kann..."
ist als bauernfängerei gedacht, damit leute, die lesen dürfen, was sie gerne hören wollen, den Weiß für einen neuen stern am theoriehimmel halten. seine anderen thesen sind auch nicht mehr sehr neu, oder was denkst du, wie ich dir das schon vor drei jahren erzählen konnte?
man macht sich immer beliebt, wenn man den massen die melodie
vorspielt,
die sie hören wollen. das ist das gegenteil von: "den verhältnissen
ihre
eigene melodie vorspielen, bis sie zu tanzen beginnen" (marx). das
zweite
meint kritik, das erste ist eine aufforderung zur voluntaristischen massenautosuggestion.
ich darf dich an den berühmten ersten satz aus dem XVIII. Brumaire (anlässlich der Weißschen forderung doch bitte, bitte 1968 zu
wiederholen)
erinnern: "Hegel hat einmal gesagt, dass sich die Geschichte
wiederhole.
Er hat vergessen dazuzusagen: einmal als Tragödie und dann als Farce." also 68 war schon ne tragödie, was käme, laut marx wohl beim zweiten versuch heraus? (ich üb schon mal: bruhahaha!)
mond, es steht einem kommunisten schlecht zu gesicht, lieber nach propheten zu suchen, statt selber kritik zu treiben. aber falls dir propheten lieber sind: es gibt eine menge historischer und aktueller propheten in den diversen religionen des weltmarktes, fast alle mit gütesiegel - millionen gläubige können nicht irren, oder?
lass dir vom Weiß nichts weismachen.
Vollkommen richtig
lg Roland