hallo,
hier eine Einladung zu Vortrag & Diskussion. Mehrfachzusendungen bitte zu entschuldigen.
Grüße, K.
------
„Patria o Muerte“? Zur Rettung ihres Staates ist für die Kommunistische Partei Kubas der Sozialismus gestorben
DO, 15. März, 19:00 Universität Wien, Neues Institutsgebäude (NIG), Hs 2 Universitätsstraße 7, 1010 Wien
Referent: Dr. H. L. Fertl, München
Voriges Jahr hat die kubanische KP radikale Reformmaßnahmen beschlossen: Die schrittweise Entlassung von bis zu einer Millionen Staatsbediensteter, die sich nun in der ausgeweiteten privaten Kleinwirtschaft auf eigene Rechnung durchschlagen sollen; baldige Abschaffung der immer armseligeren garantierten Grundversorgung; Verpflichtung der Betriebe auf gewinnorientierte Produktionsmaßstäbe; mehr Leistungslohnanreize; mehr Kleinbauern und freier Handel mit den knappen Lebensmitteln. Die staatliche Planung soll vorrangig auf die Entwicklung devisenbringender Branchen – Tourismus und Rohstoffe – ausgerichtet und auswärtiges Kapital zum Investieren animiert werden.
Diese Reform streicht großen Teilen der Bevölkerung ersatzlos ihre bisherige Reproduktion als nicht länger tragbare staatliche Haushaltslast, verweist das Volk auf privates Wirtschaften mit kaum vorhandenen Mitteln und richtet große Abteilungen der Wirtschaft nicht mehr am inneren Bedarf, sondern auf die Erwirtschaftung von Weltmarkterträgen aus. Das alles mit Verweis auf die Devisennot des Staates und die Belastungen des Staatshaushalts durch seine Gesellschaft, sowie deren mangelnde Leistungen für den Staat. Dass Kuba in der heutigen imperialistischen Welt die Mittel fehlen, wirft die Führung sich und ihrem Volk vor – und macht sich an die Rettung des Staats zu Lasten der Bevölkerung. Als Hauptschuldigen für die desolate Lage der Ökonomie und der Staatsbilanzen hat die kommunistische Partei das Volk ausgemacht, das durch Staatsleistungen verwöhnt und dem Arbeiten entwöhnt worden sei. Die Führung spart nicht mit Kritik an Schlendrian, Faulheit und Anspruchsdenken und macht die staatliche Organisation der Ökonomie für den mangelnden Arbeitseinsatz der Kubaner haftbar. Das will sie abstellen und ihre Massen durch ihre Reformen zu mehr Leistung führen. Das und die Mobilisierung der nationalen Ressourcen für mehr Weltmarkterfolge soll die Staatsnot abwenden. Mit all dem wollen die Verantwortlichen immer noch den „Aufbau des Sozialismus in Kuba“ voranbringen. Die Kapitulation vor den Sachzwängen eines Weltmarkts, der Kuba inzwischen zum internationalen Schuldenfall gemacht hat und ein Selbstbehauptungsprogramm, welches das Volk als leistungsunwillige Kostgänger eines zu freigiebigen Staats in den Blick nimmt, das propagieren die Verantwortlichen als Rettung des Sozialismus und neuen Aufbruch in eine bessere sozialistische Zukunft unter Führung einer klüger gewordenen und nach wie vor dem Volk verpflichteten Partei- und Staatsführung.
Für die bürgerliche Öffentlichkeit ist die Sache klar: Wenn Kubas Führung soziale Leistungen dem Staatserhalt opfert und beschließt, sich mehr an Weltmarktbedürfnissen auszurichten und am Volk zu sparen, dann beweist das, wie grundverkehrt sie mit ihrem ganzen Sozialismus immer schon gewirtschaftet und regiert hat. Man macht keinen Hehl daraus, dass die Masse der Bevölkerung in Kuba besser gestellt war und immer noch ist als in den einschlägigen Armenhäusern des Kapitalismus; aber ohne kapitalistisches Wirtschaften, ohne freien Zugriff des Dollar- und Eurokapitals, ohne eine politische Herrschaft, die sich ganz an dessen Interessen ausrichtet, kommt ein Land nicht voran.
Linke Anhänger Kubas halten dagegen am Vorbild Kubas für den Kampf gegen Armut, Unterentwicklung und US-Imperialismus fest und dem Land seine schwierige Lage zugute. Sie teilen zumeist das Selbstverständnis der kubanischen Führung, mit den Reformen würde darum gekämpft, „selbst unter sehr komplizierten Bedingungen den Sozialismus zu erhalten und zu entwickeln“ und die „beispielhaften Errungenschaften für das Volk zu erhalten“, die gerade abgeschafft werden. Offenkundig ist auch für sie selbstverständlich, dass die radikalen Reformen zu Lasten der Bevölkerung der richtige Weg zur Bewahrung des Fortschritts in schwerer Zeit sind.
Die Veranstaltung zieht kritisch Bilanz über die Lage Kubas und die aktuellen Reformen, mit denen sie bewältigt werden soll; damit auch über den Weltmarkt und die Weltordnung, in denen sich Kuba behaupten muss und will.
www.gegenargumente.at http://doku.argudiss.de www.gegenstandpunkt.com