Liebe Leute,
hier ist der Flugitextentwurf zum Befreiungsfest. Wir wurden gefragt, ob wir daran teilnehmen wollen. Kritik des Textes ist erwünscht.
LG Roland
------
8. Mai - Ein Fest zur Befreiung
Wenn man einen Tag wie den 8. Mai festlich begeht, dann tut man das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn zum Feiern gibt es an diesem Tag hauptsächlich die militärische Niederlage des Nationalsozialismus. Man kann sich gar nicht genug freuen über die Beendigung des Vernichtungsprojekts der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft und die damit erfolgte Befreiung der Opfer ebendieses Kollektivs, sowie das Scheitern der anvisierten völkisch-antisemitischen Neuordnung der Welt. Gleichzeitig bleibt das Entsetzen, dass die Niederlage der Nazis um so vieles zu spät erfolgte. Außerdem wäre es ein Irrtum anzunehmen, dass mit dieser Niederlage die Voraussetzungen und die essentiellen Elemente der deutschen Form der Krisenlösung ebenfalls beseitigt worden wären. Die Geschichte der Gesellschaften in Österreich und Deutschland zeigt, dass unter einem dünnen Firniss der durch die Alliierten eingeführten Demokratie die Form der Volksgemeinschaft weitgehend unangetastet weiterbestehen blieb. In Österreich, wo man auch heute nicht über Antisemitismus spricht, wenn es um die Shoah geht, bestätigte sich im Beschweigen der von Mob und Elite in Tateinheit begangenen Vernichtung des europäischen Judentums sowie in der These, erstes Opfer des Nationalsozialismus gewesen zu sein, ein verschworenes Kollektiv, welches die Hinüberrettung des volksgemeinschaftlichen Wir-Gefühls in die postnationalsozialistische Demokratie sicherstellte und garantierte. Ebenso wenig ist der für die Konstituierung der nationalsozialistischen Verfolgungsgemeinschaft unhintergehbare Antisemitismus je geahndet worden, sondern blieb vielmehr weiterhin die verbindende Klammer der postnationalsozialistischen Demokratie. Die Erscheinungsformen passten sich den neuen Bedingungen an sie erfuhren eine Transformation. Es bildete sich eine Reihe von Codes, die durch ihre augenzwinkernde Nähe zum NS-Antisemitismus eine ähnliche Funktion erfüllten wie die offen antisemitische Agitation. In Deutschland und Österreich bildete sich gleichzeitig ein sekundärer Antisemitismus ein Antisemitismus wegen Auschwitz heraus, der aus dem Bedürfnis nach Schuldabwehr und Verdrängung resultierte. Gleichzeitig reproduzierte sich der Antisemitismus auf internationaler Ebene als Antizionismus weltpolitisch wurde und wird Israel zum "Juden unter den Staaten" gemacht. Insofern gebührt gerade der Linken der zweifelhafte Ruhm, den Antisemitismus auf den Stand der weltpolitischen Verhältnisse nach 1945 gebracht zu haben. In einer gesellschaftlichen Situation jedoch, da sowohl Israel als auch Jüdinnen und Juden weltweit zum Angriffspunkt einer globalen Intifada werden, die von Globalisierungsgegnern und -gegnerinnen über islamische Faschisten und Faschistinnen bis hin zu traditionellen Nazis reicht, ist die Verteidigung der Erkenntnis, dass nur ein bewaffneter jüdischer Staat die einzige relative Sicherheit vor dem aus sich heraus auf Vernichtung zielenden, zunehmend globalisierten Antisemitismus bietet und damit die unbedingte Solidarität mit Israel unabhängig von seiner jeweiligen Regierungspolitik die nicht zu hintergehende Voraussetzung jeder emanzipativen Bestrebung. Wenn also die Erinnerung an den 8. Mai 1945 dem kategorischen Imperativ Adornos, alles Denken und Handeln so einzurichten, dass Auschwitz nicht sich wiederhole, nichts Ähnliches geschehe, gerecht werden soll, dann kommt man nicht umhin, festzustellen, dass es sich gegen eine falsche Historisierung des Nationalsozialismus zu wenden gilt. Vielmehr ist gerade vor diesem Hintergrund gegen die sich durchsetzende Globalisierung deutscher Ideologie zu intervenieren. Diese Globalisierung bedeutet nicht, dass sich der Nationalsozialismus in seinen historischen Formen wiederholen würde, sondern vielmehr, dass seine zentralen Elemente Antisemitismus, Kollektivwahn, Selbstaufopferung im Kontext zeitgenössischer Krisenlösungsstrategien weltweit eine Reproduktion in modifizierter Form erfahren. Deutsche Ideologie ist als gegen die Aufklärung und damit auch gegen den aus ihren Glücksversprechen erwachsenden Anspruch auf freie Assoziation freier Individuen gerichtete Bewegung zu kritisieren und zu bekämpfen. Deshalb ist es für eine emanzipatorische Anstrengung, die es ernst damit meint, alle Verhältnisse umwerfen zu wollen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist (Marx), notwendig, sich dieser barbarischen Aufhebungsbewegung entgegen zu stellen, in welcher Form auch immer sie auftritt. Der 8. Mai sollte also als jener Tag erinnert werden, an dem das großangelegte nationalsozialistische Projekt zur Vernichtung von Menschen um der Vernichtung willen und zur Vernichtung jeder Möglichkeit auf Befreiung erfolgreich zurückgedrängt worden ist. Gleichzeitig ist daran zu erinnern, dass die Möglichkeit der Barbarei ebenso fortwest wie die Verhältnisse, die sie schon einmal hervorbrachten.
Kampf der Antisemitischen Internationale! Solidarität mit Israel!