hallo.
hab eine mail mit einem pdf mit dem text von manfred gross bekommen. ich hab mir die muehe gemacht das ganze in praktischern plaintext umzuwandeln. lg mond.
1 BUVO-Sitzung, 06.04.03 2 Wofür steht die KPÖ? 3 Beschlußantrag des Bundesvorstandes an den 32 . Parteitag
4 Die politische Positionsbestimmung der KPÖ geht von jenen beiden 5 einschneidenden Entwicklungen aus, die auf längere Sicht maßgebenden 6 Einfluss auf die Lage der Menschen nehmen werden:
7 * Der neoliberal geprägte Vorstoß in Richtung schwerwiegender 8 Sozialabbaumaßnahmen, die massiven Verschlechterungen in den 9 Arbeitsbedingungen und -verhältnissen und umfassende 10 Privatisierungen im Bereich der Versorgung der Bevölkerung mit 11 wichtigen sozialen Dienstleistungen und Gütern.
12 * Der Krieg gegen den Irak und seine Folgen.
13 Die KPÖ sieht dabei einen engen Zusammenhang zwischen zwei Tendenzen: 14 Das kapitalistische System versucht sich der letzten aller Fesseln bei der 15 Erzielung höchst möglicher Profite zu entledigen. Gleichzeitig setzt es 16 Maßnahmen, seine imperialistische Herrschaft im Rahmen einer neuen 17 Weltordnung zu sichern und zu festigen.
18 Dabei treten Widersprüche nicht nur zwischen den sozialen Klassen der 19 Gesellschaft in verschärfter Form zu Tage - auch der 20 Geschlechterwiderspruch wird über die besondere Diskriminierung der Frauen 21 verschärft. Und auch zwischen den schwächer entwickelten Ländern und 22 den imperialistischen Mächten sowie zwischen diesen treten immer 23 dramatischere Differenzen auf. Die Konkurrenz in der Jagd nach Profiten und 24 die brutaler werdende Durchsetzung von Machtinteressen stürzen die Welt in 25 immer schwerere Krisen und Konflikte wirtschaftlicher, politischer und 26 militärischer Natur. Genaugenommen steht die Frage im Raum, ob wir am 27 Rande einer Weltwirtschaftskrise mit allen damit verbundenen Konsequenzen 28 stehen.
29 Kommunistinnen und Kommunisten können sich nicht mit dieser 30 kapitalistischen Realität abfinden - sie stellen im Sinne einer humanen 31 Gesellschaftsperspektive die Systemfrage und richten ihren Kampf nicht nur 32 gegen die unmenschlichen Auswirkungen und Verwerfungen , sondern gegen 33 das System selbst.
34 1. Imperialistische Kriege
35 Vor unseren Augen spielt sich das erschreckende Szenario eines Krieges ab, 36 dessen Konsequenzen in ihren vollen Dimensionen noch nicht abzusehen 37 sind. Den USA geht es um wirtschaftliche, militärische und politische 38 Interessen. Es geht um ihre weltweite Vormachtstellung, aber auch um die 39 Durchsetzung der antisozialen, neoliberalen Offensive in allen Teilen der 40 Welt.
41 Es ist ein imperialistischer Krieg, wie er auch gegen Jugoslawien und 42 Afghanistan geführt wurde. Er bringt unermessliches Leid über die 43 Bevölkerung des Irak und der ganzen Region und wird in seinen 44 wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen noch viel weitere Kreise 45 ziehen. Dieser Angriffskrieg bedeutet Massenmord an der Zivilbevölkerung,
1
46 Vertreibungen, Massenvergewaltigungen und schwere Zerstörungen am Hab 47 und Gut der Menschen. Er stellt einen eklatanten Bruch des Völkerrechts und 48 einen Angriff auf die Vereinten Nationen dar: Die UNO soll sich in die US- 49 Dominanz fügen und die Ersetzung wesentlicher Grundlagen des 50 Völkerrechts durch die sogenannte "Pax Americana" hinnehmen - also die 51 Unterordnung unter die Supermacht USA. Das bringt die USA in Gegensatz 52 zu anderen großen Mächten wie China, Russland und andere Staaten und 53 verschärft die Differenzen im ``innerimperialistischen'' Gefüge, besonders im 54 Verhältnis zur EU und in der EU.
55 Dieser Krieg steht in einer Reihe völkerrechtswidriger Aggressionen, und 56 doch kündigt er eine neue Periode imperialistischer Kriege an: Wie kaum 57 zuvor setzen sich die USA über die Einwände früherer Verbündeter hinweg. 58 Hierin dokumentieren sich wachsende Widersprüche innerhalb des 59 imperialistischen System ebenso, wie die Entschlossenheit der US- 60 Administration und der hinter ihr stehenden Großkonzerne, diese Differenzen 61 für sich zu entscheiden.
62 Es muss uns allen bewusst sein: Niemand kann heute ausschließen, dass es 63 im Kampf um Macht und Hegemonie und im Zuge ökonomischer 64 Verteilungskämpfe auch zu bewaffneten Konflikten zwischen den 65 imperialistischen Machtzentren kommen kann und dass solche Konflikte 66 Ausmaße erreichen können, die weit über all das hinausgehen, was seit 67 1945 geschehen ist. Spekulation ist nicht die Sache von KommunistInnen - 68 wir können und wollen aber auch nicht die Augen davor verschließen, was in 69 diesem System und seinen Zerstörungspotentialen angelegt ist !
70 Die ökonomische Rechnung für diesen Krieg werden die lohnabhängig 71 Beschäftigten und ohnehin sozial Benachteiligten in allen Ländern zu tragen 72 haben.
73 2. Sozialabbau wird beschleunigt
74 In der Wahrnehmung der Menschen gehen die Veränderungen in 75 atemberaubenden Tempo vor sich: Hierzulande hebt eine schwarz-blaue 76 Regierung erkämpfte sozialstaatliche Regelungen und soziale 77 Errungenschaften aus den Angeln, ebenso wie es in Deutschland eine rot- 78 grüne Regierung tut. In dieser Hinsicht macht es offensichtlich keinen 79 Unterschied mehr, wer gerade wo regiert. Ein ohnehin schon brüchig 80 gewordenes, Frauen besonders benachteiligendes System sozialer Sicherheit 81 soll nun systematisch demontiert werden.
82 Löhne und Gehälter werden gedrückt , Arbeitsverträge verschlechtert und 83 durch arbeits- wie sozialrechtlich ungeschützte Arbeitsverhältnisse und 84 Teilzeitarbeit ersetzt. Arbeitszeit wird flexibilisiert und jungen Menschen 85 werden verstärkt die Zugänge zu einer qualitätsvollen Bildung und 86 Ausbildung sowie zu Arbeitsplätzen verwehrt. Frauen werden wieder 87 vermehrt auf schlecht bezahlte Arbeitsplätze oder verstärkt in den Bereich 88 unbezahlter, aber gesellschaftlich notwendig er Arbeiten abgedrängt. Dieser 89 Prozess verstärkt Abhängigkeitsverhältnisse und geht einher mit 90 reaktionärsten Vorurteilen und Vorstellungen über die gesellschaftliche Rolle 91 der Frau, wie sie auch in der herrschenden Politik zum Ausdruck kommen.
92 Arbeitslosigkeit ist zur Massenerscheinung geworden und die Lage der 93 Menschen, denen Erwerbsmöglichkeiten vorenthalten werden, verschlechtert
2
94 sich mit jeder weiteren unsozialen Maßnahme. Dabei sind es neben den 95 jungen Menschen auch immer mehr ältere, die keinen Zugang zum 96 Arbeitsmarkt mehr finden und denen trotz langjähriger Versicherungszeiten 97 nach einem oft harten und gesundheitsschädigen den Arbeitsleben ein 98 Pensionsantritt verwehrt wird.
99 Am Härtesten werden vom Sozialabbau jene getroffen, die schon bisher 100 benachteiligt und ausgegrenzt wurden: Frauen mit niedrigen Einkommen, 101 sozial Ausgegrenzte, Menschen mit Behinderungen und nicht zuletzt all jene, 102 die keine österreichische Staatsbürgerschaft besitzen oder sich überhaupt als 103 "Illegalisierte" unter den schlimmsten Bedingungen durchschlagen müssen.
104 3. Privatisierung und Kommerzialisierung aller 105 Lebensbereiche
106 Die Grundversorgung der Bevölkerung mit sozialen Dienstleistungen wird 107 kommerzialisiert und privatisiert - das öffentliche Eigentum wird ausverkauft. 108 Egal, ob es sich nun um kommunales Eigentum oder Krankenhäuser und 109 Pflegeeinrichtungen, um Kinderbetreuungseinrichtungen, um Wohnungen, um 110 Schulen und Universitäten, um Infrastrukturbetriebe wie Bahn und Post, um 111 Energiebetriebe oder die Wasserversorgung, um die Telekommunikation oder 112 um staatliche Anteile an Schlüsselindustrien handelt - alles wird 113 "liberalisiert".
114 Das bedeutet nichts anderes, als dass diese Bereiche für die private 115 Kapitalverwertung und fürs Profitemachen "frei"gegeben werden. Also auch 116 Bereiche wie die Gesundheitsversorgung und die Bildung stehen zur 117 Disposition, wobei hier die inhumanen Dimensionen umso deutlicher 118 ausgeprägt sind, zumal sie völlig zu Waren werden und der Zugang zu den 119 Leistungen immer mehr davon abhängt, wie kaufkräftig die KäuferInnen sind. 120 Wer es sich nicht leisten kann, wird abgedrängt und ausgegrenzt. Auch hier 121 wirken sich die über ein Drittel niedrigeren Einkommen von Frauen umso 122 schlimmer aus.
123 Neben nach wie vor bestehender Gängelung durch die herrschend Politik 124 verstärkt die Kommerzialisierung den Konformitätsdruck auf Kunst- und 125 Kulturschaffende. Indem geschäftliche Verwertbarkeit der Maßstab der 126 Kunstproduktion wird, erhöht sich der soziale Druck auf die Mehrheit der 127 KünstlerInnen und werden neue und experimentelle Kunstformen zugunsten 128 der "Events" und der Traditionspflege an den Rand gedrängt.
129 Die Durchsetzung dieser "Liberalisierung" und Privatisierungsschritte wird 130 über die nationale Politik ebenso betrieben wie über die Politik der 131 Europäischen Union und über die Welthandelsorganisation WTO in Form des 132 GATS-Abkommens. In so genannten "Entwicklungsländern" und Ländern mit 133 hohen Schulden üben die Weltbank und der Internationalen Währungsfonds 134 massiven Druck aus.
135 4. Klassengegensätze verschärfen sich
136 Die Folgen des Sozialabbaues und der Privatisierung sind weitreichend: 137 Einmal mehr vertieft sich die Spaltung der Gesellschaft: In jene, die von der 138 Ausbeutung der Arbeitskraft anderer leben und jene, die von ihrem Verkauf 139 leben müssen; in SystemgewinnerInnen und SystemverliererInnen, in Reich
3
140 und Arm, in Privilegierte und Benachteiligte, in Herrschende und Beherrschte.
141 Einmal mehr wird aber auch klar, wo die Klassenspaltungen in der 142 Gesellschaft verlaufen. Die politischen Maßnahmen, mit denen wir es heute 143 zu tun haben, sind fast ausschließlich auf die Interessen und Bedürfnisse des 144 Kapitals ausgerichtet. Es ist "Klassenkampf von oben", der mit diesen 145 Maßnahm en betrieben wird. Wieweit sich aber Kapitalinteressen 146 durchsetzen lassen, hängt wesentlichen davon ab, wie stark die Gegenkräfte 147 sind.
148 Die ArbeiterInnenklasse ist heute vielgestaltig und weit zu fassen: Es sind die 149 vom Verkauf der Arbeitskraft abhängenden Menschen, die keine 150 Verfügungsgewalt über die wichtigsten Produktionsmittel der Gesellschaft 151 und über die Ergebnisse ihrer Arbeit haben. Das ist die überwiegende 152 Mehrheit der Frauen und Männer. Es wird also viel davon abhängen, wie weit 153 sie sich politisch formiert und mit anderen sozialen Kräften der Gesellschaft 154 die entsprechende, kämpferische Antwort auf die Herausforderungen findet.
155 5. Rechtsentwicklung und Scheitern des Reformismus
156 Angesichts dieser Entwicklungen prägen Verunsicherung, Ohnmachtsgefühle 157 und wachsende Existenzängste immer stärker das Bild der Gesellschaft - 158 aber auch Proteste, Widerstände und Kampfmaßnahmen in Betrieben, worauf 159 die KPÖ in ihrer Politik Bezug nimmt.
160 In Österreich, aber auch im internationalen Maßstab haben 161 rechtspopulistische und rechtsradikale Tendenzen in den letzten Jahren 162 stärker Fuß gefasst und Einfluss auf die "offizielle" Politik genommen. Sie 163 segeln gewissermaßen im Wind neoliberaler Politik, die im Kern auf 164 unsoziale, undemokratische und ausgrenzende Maßnahmen ausgerichtet ist. 165 Sie ist im Kern "sozialdarwinistisch" - also durch Entsolidarisierung, durch 166 das Recht des Stärkeren und durch das Ausleseprinzip geprägt.
167 Kampagnen gegen Minderheiten, gegen MigrantInnen, gegen fort schrittliche 168 Kulturschaffende und KünstlerInnen standen und stehen auf der 169 Tagesordnung. Soziale Errungenschaften werden unter dem Vorwand von 170 "Sozialmissbrauch" diffamiert. Die Militarisierung der Gesellschaft verstärkt 171 die Gewalt gegen Frauen. Und auch die Vermittlung eines zutiefst 172 reaktionären und sexistischen Rollenbildes der Frau gehört zu den Methoden 173 dieser rechtsextremistischen Kräfte. Ihre Bestrebungen finden zunehmend 174 Eingang in die Politik und drücken sich auch in Regierungsbeteiligungen aus - 175 nicht nur in Österreich und in Europa: Der politische Führungsklüngel in den 176 USA stellt ebenfalls nichts anderes dar, als eine Ansammlungreaktionärster 177 und rechtsextremer Kräfte.
178 Der Aufstieg der FPÖ, und ihre neuerliche Regierungsbeteiligung trotz 179 Wahlniederlagen machen deutlich, wie weit der Einfluss dieser Tendenzen 180 gediehen ist und wieweit andere politische Kräfte wie die ÖVP ihre 181 Positionen übernehmen, wenn mit ihnen neoliberale Politik durchgesetzt 182 werden kann. Daraus ergibt sich auch für die demokratischen 183 Errungenschaften höchste Gefahr, wie schon das bisherige Agieren der ÖVP- 184 FPÖ-Regierungen zeigt: Sie entmündigen Selbstverwaltungen, wie im Bereich 185 der Sozialversicherung; sie leisten dem Rassismus durch Verschärfung der 186 "Fremdengesetze" Vorschub; sie greifen Gewerkschaften und 187 Arbeiterkammern an und beschneiden sie in ihren Rechten; sie räumen Polizei
4
188 und Justiz Sonderrechte ein und bauen den Überwachungsstaat aus; sie 189 bringen Medien wie den ORF auf Linie und stärken ihre eigenen 190 Durchgriffsrechte in allen Bereichen.
191 Sozialdemokratie und Grüne haben sich ihrerseits mit den Grundtendenzen 192 der heutigen Kapitalismusentwicklung - und damit mit dem System an sich - 193 abgefunden. Statt ernsthafte Alternativen zu entwickeln, passen sie sich an. 194 Ihre Vorstellungen unterscheiden sich zwar nur graduell von denen der ÖVP - 195 wie sich in den letzten Regierungsverhandlungen zeigte, sind ihre Führungen 196 zu weitgehenden Zugeständnissen bereit.
197 Der Reformismus - also der Versuch, das kapitalistische System mit 198 Reformen auszubessern, ohne es selbst in Frage zu stellen - wird angesichts 199 der realen Entwicklung immer mehr zur Farce. Mehr noch: Durch die 200 Beteiligung reformistischer Parteien an unsozialen Maßnahmen wird der 201 Begriff der Reform in sein Gegenteil verkehrt: in Zerstörung sozialer 202 Errungenschaften! Zwischen Reformanspruch und tatsächlicher Politik dieser 203 Kräfte klafft eine immer größer werdende Kluft . Wirkliche soziale 204 Reformpolitik stößt heute deutlicher denn je an die Grenzen des 205 kapitalistischen Systems. So zialdemokratie und auch Grüne haben ein 206 Glaubwürdigkeitsproblem: Wer die neoliberal geprägte Profitwirtschaft im 207 Großen und Ganzen akzeptiert, kann sich bestenfalls als Flickschust er am 208 Stiefel des Kapitalismus betätigen, kann aber nicht beanspruchen, eine ernst 209 zu nehmende gesellschaftspolitische Alternative zu sein.
210 6. Der Charakter unserer Partei
211 Die KPÖ kann und will diese Entwicklungen und gesellschaftlichen Zustände 212 nicht unwidersprochen hinnehmen und stellt sich entschieden dagegen. Sie 213 organisiert und leistet Widerstand. Die Existenz einer kommunistischen Partei 214 begründet sich aber letztlich im Anspruch, für die revolutionäre Veränderung 215 der Gesellschaft zu kämpfen - ein Anspruch, der sich nicht isoliert von den 216 tatsächlichen gesellschaftlichen Bedingungen und Kräfteverhältnissen, von 217 den Klassenkämpfen und sozialen Bewegungen einlösen läßt.
218 Die KPÖ ist parteiisch, wenn es um die Interessen der Lohnabhängigen und 219 der sozial Benachteiligten, der Diskriminierten und Ausgegrenzten geht. Sie 220 versteht sich als Partei der ArbeiterInnenklasse. Sie übt aktive Solidarität mit 221 jenen, die dieser am dringendsten bedürfen, weil sie sich nicht selbst 222 artikulieren können. Die KPÖ macht nicht nur Politik im herkömmlichen Sinn, 223 sie praktiziert Humanismus der Tat.
224 Die KPÖ ist eine kämpferische, solidarische, antipatriarchale und 225 internationalistische Gemeinschaft von Menschen, für die der Kapitalismus 226 nicht das Ende der Geschichte bedeutet, und die deshalb für eine radikal- 227 demokratische, sozialistische und letztlich kommunistische 228 Gesellschaftsperspektive kämpft . Sie geht dabei von den heutigen 229 Bedingungen aus und leistet ihren eigenständigen politischen Beitrag - ohne 230 ihre eigene Identität zu verleugnen oder Führungsansprüche zu stellen und 231 Bewegungen nach ihren Vorstellungen modeln oder vereinnahmen zu wollen.
232 7. Was ist unser großes Ziel?
233 Im Namen KPÖ ist unser gesellschaftspolitischer Anspruch enthalten - und
5
234 wir haben diesen Namen ohne Rücksicht auf politische Konjunkturen 235 beibehalten. Wofür steht aber das "K" - was ist Kommunismus in einem 236 zeitgemäßen und nicht "zeitgeistigen" Verständnis? Kommunismus nennen 237 wir das Ziel einer von Klassenherrschaft und Patriarchat befreiten 238 Gesellschaft. Die kommunistische Bewegung ist eine Bewegung für die 239 Selbstbefreiung der Menschen aus allen Verhältnissen, in denen sie 240 "erniedrigte, geknechtete, verlassene und verächtliche Wesen" (K. Marx) 241 sind. Kommunistische Politik orientiert sich folglich an den Werten der 242 Gleichberechtigung, der sozialen Gerechtigkeit, der Demokratie, der 243 Verantwortung für die Umwelt und der Solidarität.
244 Das Ziel einer klassenlosen Gesellschaft mag in der heute von Ausbeutung, 245 Sexismus, Rassismus, Nationalismus, Krieg und ökologischer Zerstörung 246 gekennzeichneten Welt utopisch klingen, für uns gibt es aber keine 247 Alternative dazu. Für uns ist die Überwindung des Kapitalismus ein 248 tatsächliches - langfristig zu erreichendes - Ziel, wobei wir für die Phase des 249 Überganges zum Kommunismus den Begriff Sozialismusverwenden. 250 251 Sozialismus - besser: die Sozialismen - im 21. Jahrhundert werden offene 252 und variantenreiche Projekte sein. Ihre universelle Bedeutung besteht darin, 253 ein menschenwürdiges Leben aller Menschen sicherzustellen, die 254 Gleichberechtigung der Geschlechter herzustellen und die Versöhnung der 255 Menschheit mit der Natur und damit die Aufhebung aller Formen der 256 Entfremdung einzuleiten. Dann wird auch der Kommunismus als klassenlose, 257 ausbeutungs- und herrschaftsfreie, auf Selbstverwaltung begründete 258 Zivilgesellschaft konkrete Perspektive.
259 Die sozialistische Gesellschaftsformation setzt die Überwindung der 260 kapitalistischen und patriarchalen Eigentums- und Machtverhältnisse voraus. 261 Neue, sozialistische Eigentums- und Machtverhältnisse anstelle der alten, 262 kapitalistischen Verhältnisse haben aber nicht nur wirtschaftliche und soziale 263 Bedeutung - sie haben auch die Demokratisierung aller Lebensbereiche zum 264 Inhalt. Die politische Entmachtung des Kapitals und Vergesellschaftung der 265 entscheidenden Produktionsmittel beseitigt in der Phase des Sozialismus 266 freilich nicht alle Widersprüche in der Gesellschaft , schafft aber die 267 Bedingungen für eine tatsächliche Demokratisierung: Das kommunistische 268 Verständnis von Demokratie geht weit über die von den heutigen bürgerlich- 269 kapitalistischen Verhältnissen gesetzten Grenzen hinaus - es bedeutet echte 270 Mit - und Selbstbestimmung im Sinne partizipativer Demokratie, also der 271 vollen Teilhabe aller an der Gesellschaft. 272 273 Für uns gilt also der Grundsatz, dass Sozialismus und Demokratie eine 274 untrennbare Einheit bilden müssen, wie das auch im Kommunistischen 275 Manifest grundgelegt ist.
276 Eine sozialistische Transformation der Gesellschaft wird sich über die 277 demokratische Lösung sozialer, ökonomischer, politischer, kultureller, 278 geschlechtsspezifischer und nationaler Widersprüche entwickeln. Das ist der 279 Inhalt sozialistischer Rechtsstaatlichkeit. Im Sozialismus werden 280 unterschiedliche politische und weltanschauliche Kräfte in Kooperation und 281 demokratischer Konkurrenz wirken. Daher wird es auch im Sozialismus nicht 282 nur eine Partei und eine Bewegung geben. Ihr Einfluss und ihre Bedeutung - 283 und auch die der KommunistInnen - kann nicht ein für alle mal verordnet 284 werden, sondern wird von ihr er jeweiligen Überzeugungskraft im 285 demokratischen Wettstreit abhängen.
6
286 8. Marxistisches Politikverständnis
287 Sozialistisch-kommunistische Ziele und Perspektiven sind keine 288 Glaubensfragen und können daher auch nicht in Glaubenssätzen - in Dogmen 289 - abgehandelt werden. Die KPÖ stützt sich in ihren Analysen und in der 290 Entwicklung politischer Alternativen auf den Marxismus, der sich als 291 kritische Wissenschaft entwickelt. Es wäre fatal, wollte man den Anspruch 292 der Wissenschaftlichkeit unter den Glassturz politischer Vorgaben stellen. 293 Vielmehr kommt es darauf an, den Marxismus auf die Entwicklung 294 revolutionärer Politik und Praxis anzuwenden. Wir müssen auch jene 295 marxistischen TheoretikerInnen kritisch auswerten, die von politischen 296 Führungen der Parteien früher weitgehend unbeachtet an den Rand gestellt 297 oder gar ausgegrenzt wurden, weil sie von der "politischen Linie der Partei 298 abgewichen" sind.
299 Zu dieser Öffnung gehört auch die Auseinandersetzung mit dem Feminismus 300 oder der politischen Ökologie. Diese Theorien entspringen ja nicht dem 301 "Erfindungsgeist" einzelner, sondern dem Vorhandensein tiefgreifender 302 Widersprüche der kapitalistischen Gesellschaft, vor denen eine marxistische 303 Partei die Augen nicht verschließen kann und darf.
304 Die KPÖ versteht sich also als eine Partei der unterschiedlichen Zugänge und 305 der "inhaltlichen Vielfalt". Inhaltliche Vielfalt hat freilich nichts mit politisch- 306 ideologischer Beliebigkeit zu tun.
307 9. Kommunistische Bewegung und Geschichte
308 Die kommunistische Bewegung hat wie keine andere das 20. Jahrhundert 309 geprägt. Die sozialistische Oktoberrevolution hat ein neues Zeitalter 310 eingeleitet . Der entscheidende Beitrag der Sowjetunion und von Millionen 311 Menschen verschiedenster Nationalitäten zur Zerschlagung des Faschismus 312 in Europa bleibt eine große historische Leistung. Wir KommunistInnen sind 313 stolz auf die Beiträge, die unsere Bewegung zur Bewahrung des Friedens und 314 im Kampf gegen den Kolonialismus und Faschismus beigetragen haben. 315 KommunistInnen haben weltweit in zahllosen Kämpfen mitgewirkt, wenn es 316 um sozialen Fortschritt und die Überwindung von Ausbeutung und 317 Unterdrückung ging. KommunistInnen leisteten und leisten auch hier in 318 Österreich Großartiges in den unmittelbaren Lebensumfeldern der Gemeinden 319 und Betriebe, in Gewerkschaften und Bewegungen.
320 Wir haben aber aus der Geschichte unserer Bewegung auch bittere Lehren 321 ziehen müssen. Dazu gehören: Die Geschichte des Stalinismus, seines 322 Despotismus und seiner Verbrechen, denen viele KommunistInnen - darunter 323 auch österreichische - zum Opfer gefallen sind, die Herausbildung 324 bürokratischer Eliten und Demokratiedefizite, das Fortbestehen patriarchaler 325 Strukturen im Sozialismus, die Dogmatisierung wie Deformierungen im 326 Bereich der Theorie und schließlich der Zusammenbruch des sozialistischen 327 Systems in der Sowjetunion und im Osten Europas. Das alles hat uns 328 verdeutlicht: Es bedarf einer grundlegenden Erneuerung unserer Theorie und 329 unseres Politikverständnisses, um auf marxistischer Basis eine 330 anstrebenswerte sozialistische Gesellschaftsperspektive vertreten zu können. 331 Daher kann der ehemalige "reale Sozialismus" nicht als Modell eines 332 künftigen Sozialismus gelten.
7
333 10. Wege der Veränderung
334 In der Suche nach Wegen zur Veränderung gehen KommunistInnen von der 335 gesellschaftlichen Realität und den Grundtendenzen des heutigen 336 Kapitalismus aus. Die als "Neoliberalismus" gekennzeichnete Grundtendenz 337 zur Beseitigung der sozialen Rechte, zur Deregulierung, zum Rückzug des 338 Staates aus der sozialen Verantwortung und Privatisierung des öffentlichen 339 Eigentums ist keine spezifisch österreichische Erscheinung . Wir erleben 340 weltweit das brutale Durchsetzen von Kapitalinteressen gegen die Interessen 341 und Bedürfnisse der Masse der Menschen.
342 Einen "menschlichen" Kapitalismus hat es zu keiner Zeit gegeben - was etwa 343 in hochentwickelten kapitalistischen Staaten an tatsächlichen Fortschritten 344 erreicht wurde, wurde erkämpft. Speziell in Österreich gab es besondere 345 Bedingungen, die heute nicht mehr gegeben sind: Die Konkurrenz mit dem 346 sozialistischen System, die Neutralität, starke öffentliche 347 Wirtschaftssektoren, die politischen Kräfteverhältnisse nach dem zweiten 348 Weltkrieg, starke Gewerkschaftsbewegungen, der Wiederaufbau. Das Kapital 349 musste Zugeständnisse machen - Zugeständnisse, die heute 350 zurückgenommen werden.
351 Es erweist sich: Sozialabbau und Krieg sind zwei Seiten derselben Medaille: 352 eines sich entfesselnden kapitalistischen Systems, das den Maximalprofit 353 über alle menschlichen Bedürfnisse stellt und in seiner imperialistischen 354 Durchsetzung kein Gewaltmittel scheut und kein Menschenleben schont. Die 355 Politik verkommt zunehmend zum Vollzugsorgan dieses Systems und verengt 356 in atemberaubendem Tempo die Spielräume für Politikgestaltung, für soziale 357 Reformen und demokratische Mitbestimmung.
358 Die KommunistInnen sehen diese Entwicklung ohne Illusionen und gehen 359 davon aus, dass die Bedürfnisse der Menschen nach sozialer Sicherheit und 360 friedlichen Verhältnissen nicht zu befriedigen sind, wenn nicht dieses System 361 als Ganzes in Frage gestellt und letztlich überwunden wird. Das ist auch der 362 Grund, warum die KPÖ ihren Kampf gegen Missstände und für soziale 363 Reformen sowie ihren Kampf um Frieden mit dem Kampf gegen das 364 kapitalistische Klassensystem, gegen den Kapitalismus als Ganzes verknüpft.
365 Das ist letztlich die politische Identität von KommunistInnen: Der KPÖ geht 366 es in ihrer Politik um eine andere Menschheitsperspektive. Es geht letztlich 367 um bedürfnisorientiertes Wirtschaften auf Basis des gesellschaftlichen 368 Eigentums an den entscheidenden Produktionsmitteln anstelle der 369 mörderischen Jagd nach Profiten, anstelle von Ausbeutung und 370 Ausplünderung. Und es geht uns um dauerhaften Frieden und echter 371 Demokratisierung aller Lebensbereiche anstelle von imperialistischen 372 Raubkriegen, Unterdrückung und Demokratieabbau.
373 Es geht uns um revolutionäre Veränderung und eine grundlegend andere 374 Qualität des Lebens. Es geht uns um Sozialismus anstelle der 375 Kapitalherrschaft . Und es geht uns letztlich um Kommunismus, eine 376 klassenlose Gesellschaft , in der - wie es im Kommunistischen Manifest heißt, 377 "die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung 378 aller ist". Das mögen - gemessen an den politischen Kräfteverhältnissen in 379 der heutigen Gesellschaft - "große Worte" sein. Was ist aber die Alternative 380 dazu?
8
381 11. Nächstes Ziel: Kampf für einen progressiven Sozialstaat
382 Der Sozialstaat als Ergebnis jahrzehntelanger Kämpfe der 383 ArbeiterInnenbewegung, hat nicht nur eine wichtige Schutzfunktion für sozial 384 Schwächere, sondern bedeutet auch einen wichtigen zivilisatorischen 385 Fortschritt überhaupt.
386 Der Kampf um den Erhalt und den Ausbau des öffentlichen Eigentums, um 387 Demokratisierung, die Verbesserung statt dem Ausverkauf öffentlicher 388 Dienstleistungen und eine progressive Erneuerung des Sozialstaats insgesamt 389 ist eine vorrangige Aufgabe im Kampf gegen die neoliberale, kapitalistische 390 Form der Globalisierung. Dies verlangt, dass menschliche Bedürfnisse 391 Vorrang gegenüber der Rentabilität des Kapitals haben, dass die Hegemonie 392 demokratischer und emanzipatorischer Werte durchgesetzt wird.
393 Der Kampf um einen progressiven Sozialstaat - wie ihn die KPÖ anstrebt - ist 394 mit dem international zu koordinierenden Kampf um die Zurückdrängung der 395 Macht der großen Konzerne verbunden. Verknüpft ist er auch mit dem 396 sozialen und ökologischen Umbau der gesamten Produktions- und 397 Lebensweise, mit der Umverteilung der Einkommen und Vermögen von oben 398 nach unten, einschließlich der Herstellung von Einkommensgleichheit 399 zwischen den Geschlechtern.
400 Der progressive Sozialstaat verlangt neue Leitbilder von Arbeit und 401 Verteilung der geschaffenen Werte und einen neuen Typ von 402 Vollbeschäftigung.
403 Gegen die massen- und dauerhafte "Freisetzung" von Arbeitskräften sind 404 eine radikale Verkürzung der Wochen- und Jahresarbeitszeit bei vollem 405 Einkommensausgleich und eine Verkürzung der Lebensarbeitszeit, sowie eine 406 Neuverteilung aller gesellschaftlich notwendigen Arbeit und Neueinstellungen 407 auch in einem öffentlicher Beschäftigungssektornotwendig. Progressiver 408 Sozialstaat heißt auch, dass lebenswichtige Strukturen der Gesellschaft wie 409 Wohnen, Gesundheit, Bildung, Kultur und Verkehr der Diktatur des 410 kapitalistischen Marktes entzogen werden müssen.
411 12. Risken und Chancen
412 Wir erleben heute eine Revolution der Produktivkräfte. Der Einsatz neuer 413 Technologien und die Globalisierung nehmen unter der Herrschaft des 414 neoliberal geprägten Kapitalismus einen katastrophal zerstörerischen 415 Charakter an. Viele Menschen erkennen, dass eine andere als die 416 kapitalistisch geprägte Welt notwendig ist. Die neuen Produktivkräfte 417 erzeugen - so widersprüchlich das klingen mag - gleichzeitig 418 Voraussetzungen für eine neue, höhere Stufe der menschlichen Zivilisation. 419 Diese revolutionäre Dialektik der Epoche ist es, die in der Losung der 420 globalisierungskritischen Bewegung: "Eine andere Welt ist möglich" 421 ausgedrückt wird.
422 Der Kampf um eine "andere Welt" vollzieht sich weder nach einem 423 einheitlichen Plan noch wird er von einer einzigen politisch-ideologischen 424 Kraft gesteuert. Die politische und weltanschauliche Pluralität der sozialen 425 Kräfte anzuerkennen, die sich heute dem Neoliberalismus entgegenstellen, ist 426 Voraussetzung für eine realistische Sicht auf die in der Welt stattfindenden
9
427 sozialen Kämpfe und die neuen Formen internationaler Solidarität.
428 Widerstand gegen die Herrschaft des Kapitals entsteht aus der verschärften 429 ökonomischen Ausbeutung, aber auch aus anderen Formen der den 430 Menschen und der Natur auferlegten Ausbeutung und Unterdrückung. Sie 431 reicht weit über die unmittelbare Konfrontation von Kapital und Arbeit in den 432 Betrieben hinaus.
433 Wir bekämpfen alle Unterdrückungsverhältnisse auf den Gebieten der 434 Ökonomie, der Politik, des Sozialen und der Kultur. Wir leisten Widerstand 435 gegen ethnische Diskriminierung und kämpfen um die grundlegende 436 Veränderung der Verhältnisse zwischen Männern und Frauen.
437 13. Eigentum und Demokratie
438 Das Ziel kommunistischer Politik ist, eine von Klassenherrschaft und 439 Patriarchat befreite Demokratie im Sinne des freien Zusammenlebens 440 Gleichberechtigter zu schaffen.
441 Die Macht des Kapitals, die gesellschaftliche Entwicklung seinen Gesetzen 442 zu unterwerfen, beruht auf dem kapitalistischen Eigentum. KommunistInnen 443 treten daher für die Überwindungung des kapitalistischen Eigentums, für eine 444 qualitative Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse - vor allem der großen 445 Banken, Versicherungen und Konzerne - ein, so dass sie gesellschaftlicher, 446 demokratischer Kontrolle unterliegen. Es geht also um Vergesellschaftung 447 des kapitalistischen Eigentums. Diese gesellschaftlichen Formen des 448 Eigentums bilden die wirtschaftliche Grundlage des Sozialismus.
449 Sozialistische Eigentumsverhältnisse setzen die Möglichkeit zur 450 demokratischen Mitgestaltung - zur "partizipative Demokratie" - der 451 Menschen an Entscheidungen über ihre Arbeit voraus. Gerade aus der 452 Perspektive der Arbeitswelt erweist sich, dass Demokratie sowohl ein Mittel 453 als auch den Zweck der Emanzipation darstellt.
454 Moderne Kommunikationstechnologien eröffnen neue Möglichkeiten für 455 zukünftige demokratische Formen der Dezentralisierung und der 456 Koordination. Unter bürgerlich -kapitalistischen Verhältnissen wird reale 457 Demokratie stets durch die Interessen der herrschenden Eliten eingeschränkt. 458 Auch die parlamentarische Demokratie ist Herrschaftsform der besitzenden 459 Minderheit. Deshalb waren und sind die sozialen und politischen Kämpfe der 460 "unteren Klassen" der Gesellschaft, die sich der Herrschaft der oberen 461 entgegenstellen, auch die wahren Motoren demokratischer Entwicklungen 462 und letztlich einer grundlegenden, revolutionären Veränderung der 463 Gesellschaft.
464 14. Gegenmacht - lokal und global!
465 So, wie sich die Kapitalherrschaft weltweit etabliert hat und weltweit die 466 Bedingungen für die gnadenlose Jagd nach Profiten durchsetzt und diktiert, 467 hat Widerstand und Gegenmachtbildung eine Chance: wenn sich die lokalen 468 und regionalen Kämpfe und Bewegungen vernetzen und wenn sie sich 469 letztlich nicht nur gegen die Symptome der Kapitalherrschaft sondern gegen 470 diese selbst richten. Das ist der Inhalt heutiger Klassenkämpfe.
10
471 Gegenmachtbildung unter den Bedingungen kapitalistischer Globalisierung 472 erfordert Vernetzung und gemeinsame Aktionen kapitalismuskritischer und 473 antikapitalistischer Kräfte. Ob LandarbeiterInnen oder landlose Bauern, ob 474 radikale Ökologiebewegungen oder Feministinnen, ob 475 Transportarbeitergewerkschaften oder Friedensgruppen, ob 476 kommunalpolitische Initiativen, Bürgerrechtsbewegungen und fortschrittliche 477 konfessionelle Bewegungen und Gruppen - ob die ArbeiterInnenbewegung in 478 den Industriezentren oder progressive politische Parteien - sie alle kommen 479 unter die Räder des sich entfesselnden kapitalistischen Systems, wenn sie 480 isoliert einem übermächtigen Gegner gegenüberstehen.
481 Gegenmachtbildung - lokal wie global - wird aber nur dann möglich sein, 482 wenn sie sich verbünden. Dabei ist klar: International und global wirkende 483 Bündnisse und Bewegungen sind nur so stark, wie ihre Teile in ihren 484 jeweiligen Lebensumfeldern sind und wie stark sie sich in der Bevölkerung 485 verankern können.
486 Die KPÖ versteht sich also als aktiver und engagierter Teil einer sich global 487 formierenden Bewegung und unterstützt die global, kontinental, national und 488 lokal entstehenden Sozialforen, ohne deren Autonomie und die Identität als 489 kommunistische Partei in Frage zu stellen und ohne zu vergessen, was ihr 490 eigener, klassen- und frauenspezifischer Beitrag im täglichen 491 Interessenskampf in ihrem Wirkungsumfeld, den Gemeinden und Betrieben, 492 in den Ländern und im Bund, in den Bündnissen und Initiativen ist. Genau die 493 Erfahrungen aus diesen politischen Handlungsebenen und aus unserer 494 politischen Praxis sind es, die wir als wertvollen Beitrag einbringen und somit 495 der Gesamtbewegung nützen können. Es geht um Bewegung in der 496 Bewegung.
497 15. Gewerkschaften müssen sich entscheiden
498 Die Gewerkschaften stehen vor der Entscheidung zwischen 499 "sozialpartnerschaftlicher" Nostalgie und kämpferischer Neuorientierung. 500 Diese fällt ihnen nicht leicht. In den Jahrzehnten der "Sozialpartnerschaft" 501 haben sie sich von Schutz- und Kampforganisationen zu "Ordnungsfaktoren" 502 des kapitalistischen Systems gewandelt. Führungspersönlichkeiten der 503 Gewerkschaftsbewegung wurden zu Teilen der Systemeliten, und die Politik 504 der Gewerkschaften richtete sich zunehmend auf ein "gesellschaftliches 505 Gesamtinteresse" im Rahmen des Kapitalismus, als würden in dieser 506 Gesellschaft keine Klassengegensätze bestehen. 507 508 Jetzt, da der Neoliberalismus das politische Umfeld zu Ungunsten der 509 Gewerkschaften gravierend verändert hat, treten diese Widersprüche 510 verstärkt zu Tage. 511 Gesetzmäßige Folge der "sozialpartnerschaftlichen" Einbindung der 512 Gewerkschaften war ihre Entdemokratisierung. Die wichtigste 513 Voraussetzung dafür, den Lähmungszustand der Gewerkschaften zu 514 überwinden und aktionsfähig zu werden, bildet eine radikale 515 Demokratisierung.
516 Die Mitglieder müssen in alle wesentlichen Entscheidungen eingebunden 517 werden, und zwar unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die heutige 518 ArbeiterInnenklasse mulitethnisch und multikulturell zusammengesetzt ist, 519 zur Hälfte aus Frauen besteht, und dass auch Beschäftigungslose und 520 Menschen in ungeschützten und atypischen Beschäftigungsverhältnissen ein
11
521 Teil der Klasse sind.
522 Neben der Demokratisierung geht es um die Öffnung gegenüber anderen 523 sozialen und demokratischen Bewegungen, insbesondere gegenüber der 524 Bewegung der GlobalisierungskritikerInnen. Nur wenn es zu einer Vernetzung 525 und zu einem Zusammenwirken der Gewerkschaften mit diesen sehr 526 unterschiedlichen und spezifischen Bewegungen kommt, können 527 Klassenanliegen in ihrer Vielfalt wirksam wahrgenommen werden.
528 Die Aufgabe von KommunistInnen und anderen linken, auf 529 Systemüberwindung orientierenden Kräften ist, beizutragen, dass Solidarität 530 und Zusammenhalt entstehen. Auch in den österreichischen Gewerkschaften 531 "schlummert" ein beträchtliches Potenzial für die "Veränderung der Welt" . 532 Gelingt es, dieses zum Leben zu erwecken, eröffnen sich neue Perspektiven 533 auf diesem Weg.
534 16. Internationalismus - ein Kern kommunistischer Politik
535 Wer die heutige Gesellschaft verändern will, muss gleichermaßen lokal und 536 global denken und handeln. Sozialistisches Bewusst sein ist globales 537 Bewusstsein. Zwar bilden die Nationalstaaten weiterhin einen wesentlichen 538 Bezugsrahmen sozialer und politischer Kämpfe, um diese aber wirksam 539 führen zu können, beginnen die Klassenkräfte und sozialen Bewegungen, die 540 Gewerkschaften und die alternative, also auf Überwindung des 541 kapitalistischen Systems orientierte Linke sich international zu vernetzen. In 542 gemeinsamen Kämpfen entwickeln sich die Umrisse neuer solidarischer und 543 demokratischer Alternativen der Weltentwicklung.
544 Der Internationalismus beginnt im eigenen Land. Die Forderung: "gleiche 545 Rechte für alle in Österreich Lebenden" hat zentrale Bedeutung für den 546 Kampfum soziale Gerechtigkeit. Wir stellen der rassistischen Ausgrenzung 547 und Konkurrenz die Solidarität und den Internationalismus gegenüber. Die 548 KPÖ lehnt alle Formen der Zwangsintegration ab. Sie versteht unter 549 Integration den wechselseitigen Prozeß in dem kulturelle und sprachliche 550 Identitäten respektiert und entwickelt werden. Das setzt 551 Förderungsmaßnahmen auf allen Ebenen des Bildungssystems voraus sowie 552 den gleichen Zugang zu genossenschaftlichen und kommunalen Wohnungen 553 und zu den Wahlrechten.
554 17. Für ein anderes Europa
555 Im Zentrum einer europapolitischen Alternative steht der Kampf um eine 556 demokratische und soziale Integration Europas anstelle von imperialistischer 557 Machtentfaltung der EU.
558 Österreich ist seit 1995 Mitglied der Europäischen Union und damit eines der 559 sich seit Jahrzehnten neu formierenden internationalen Macht - und 560 Entscheidungszentren. Die EU ist mit der OECD, der WTO, der Weltbank und 561 dem Internationalen Währungsfonds ein wesentlicher und gestaltender Teil 562 des globalisierten kapitalistischen Systems. Sie betreibt im Rahmen der 563 imperialistischen "Arbeitsteilung" die systematische und gewaltsame 564 Durchsetzung der "Neuen Weltordnung", wobei aber schwere Differenzen im 565 Zuge der imperialistischen Konkurrenz auftreten, wie die jüngsten 566 Entwicklungen zeigen, bei denen es um die Hierarchie der Mächte und vor
12
567 allem um die Vormachtstellung der USA geht.
568 Die KPÖ setzt auf eine Alternative zum kapitalistischen System und somit 569 auch auf eine Alternative zur EU des Kapitals und der Konzerne als 570 wesentlicher Teil dieses Systems. Diese Alternative kann nicht allein aus der 571 nationalstaatlichen Perspektive entwickelt werden. Bei der Entwicklung von 572 strategischer Überlegungen ist auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass 573 die Kapitalverflechtungen und die Standortepolitik der Konzerne dazu geführt 574 haben, dass auch der kapitalistische Nationalstaat immer weniger Einfluss 575 auf das Wirtschaftsgeschehen nehmen kann. Die größten Banken und 576 Konzerne entziehen sich nationalen Regelungen und Einflüssen und im 577 industriellen Bereich befinden sich bereits viele Technologiezentren außer 578 Landes.
579 Natürlich besteht die KPÖ im Sinne der Selbst bestimmungsrechte der 580 Bevölkerungen auf das Recht zum Austritt aus der EU und sieht darin auch 581 eine politische Option. Die Kritik der KPÖ an der EU ist antikapitalistischen, 582 antiimperialistischen und antipatriarchalen Inhalts und unterscheidet sich 583 daher grundsätzlich von den nationalistisch motivierten Kritiken und 584 Vorbehalten, die von politisch rechten Kräften kommen.
585 Die KPÖ tritt vorbehaltlos und aktiv für die Beibehaltung der österreichischen 586 Neutralität ein. Wir betrachten die Neutralität als zukunftsfähiges 587 internationalistisches Konzept, von dem ausgehend wir Widerstand gegen 588 eine Militarisierung Europas leisten.
589 Das Ringen um die demokratische und soziale Integration Europas und der 590 Kampf für Frieden und soziale Gerechtigkeit kann und darf sich nicht auf das 591 unmittelbare Umfeld und auf den nationalen Rahmen beschränken. Es muss 592 länderübergreifend sein und alle Kräfte erfassen, die auf 593 Systemüberwindung, auf Demokratisierung und Gleichberechtigung, auf 594 soziale Gerechtigkeit und Frieden setzen. Die Gründung des Europäischen 595 Sozialforums in Florenz ist dabei ein Element von wesentlicher Bedeutung. 596 Dies zeigt sich nicht zuletzt an den von ihm ausgehenden großen Anti- 597 Kriegs - Demonstrationen, an denen Millionen Menschen teilgenommen 598 haben.
599 18. Gemeinsam mit der KPÖ für Veränderung kämpfen!
600 Die KPÖ verbindet ihre Aktivitäten und ihre Politik an der Basis und in den 601 Bewegungen mit ihren gesellschaftspolitischen Orientierungen und Zielen: 602 Sie betreibt in Gemeinden und Betrieben, in Gewerkschaften und 603 Arbeiterkammern, aber auch in Initiativen und Bewegungen konkrete 604 Tagespolitik, die sich an den unmittelbaren und konkreten Lebensinteressen 605 der Menschen orientiert. Diese Politik beinhaltet tagespolitische Forderungen 606 ebenso wie konkrete Hilfestellungen.
607 Mit anderen Worten: die KPÖ steht in ihrer politischen Praxis für die 608 Übereinstimmung von Wort und Tat. Sie ist eine Partei des täglichen Lebens 609 und eine Partei der gesellschaftlichen Veränderung. Sie kämpft hier und 610 heute dafür, dass sich künftigen Generationen andere, menschenwürdige 611 Perspektiven auf tun - und wer gemeinsam mit uns kämpfen will, ist 612 eingeladen, es zu tun!
13