lieber markus,
ich habe es endlich geschafft, deinentext anzulese.den ansatz halte ich für gut, ich finde aber, dass sich die sacher besser laese, wenn der text etwas klarer strukturiert waere. das heisst, dass deine ueberlegungen vielleicht ein wenig kompakter formuliert sein koennten. es waere sicher nicht schlecht deinen text auch ausfuehrlich zu diskutieren! mir wuerde das auf jeden fall helfen.
lg n
ich konnte nicht schlafen und habe geschrieben. lest, verwerft, schreibt morgen weiter. ich bin gespannt.
guten tag Markus
Der Ablauf des Besuches von einigen autonomen Linken in Sachen EKH-Solidarität am KPÖ-Parteitag in Linz hat gezeigt, dass ProtagonistInnen auf beiden Seiten in der Gewalt-Frage ein bissl hinten sind. Dieses Schicksal tragen sie gemeinsam mit anderen Linken, doch viele auf beiden und allen anderen Seiten sind zum Glück klüger. Wenn in einem Beitrag auf no-racism.net von einem "massiven Polizeieinsatz" und "massiver Körpergewalt" seitens KPÖ-Mitgliedern die Rede ist, ist das (zum Beispiel) ein Topfen.
Ein (kurzer) Erklärungsversuch der KPÖ-Grundorganisation Dogma zur "Gewalt"-Frage
- KommunistInnen werden besucht
Polizei wäre möglicherweise von sich aus in der Nähe des Tagungortes der KPÖ gewesen, zumindest ist es ihre verfassungsmässige Pflicht, Parteien (wie Kundgebungen) zu schützen. Gemäß der Realverfassung haben die staatlichen Organe gegenüber einer Partei, die zum Teil staatskritisch ist, ein zumindest ambivalentes Verhältnis. Die Polizei wäre also in jedem Fall in der einen oder anderen Form zugegen gewesen, vielleicht nur abstrakt. Wie sie es war, war von einer/m Verantwortlichen der KPÖ beeinflusst, von einigen GenossInnen gebilligt, von anderen geduldet und von manchen missbilligt worden. Die GO Dogma findet falsch und verurteilt, dass ein/e KPÖ-VerantwortlicheR (in berechtigter Befürchtung von Übergriffen, nicht von Besuchen) die Exekutive um verstärkte Präsenz gebeten hat. Mit dem Verhalten vieler GenossInnen wurde einmal mehr bewießen, dass angespannte Situationen in Ansammlungen großteils emanzipierter Menschen ohne Gewalt, im Speziellen ohne Staatsgewalt lösbar sind. Unserer Kenntnis beider Seiten nach sind wir uns sicher, dass die konkrete Situation ohne jede Polizeipräsenz nicht mehr und nicht weniger "gewaltvoll" verlaufen wäre.
Was ist passiert: ein starkes Dutzend EKH-Solidarischer hat versucht, sich Zugang zum Sitzungssaal zu verschaffen. Die mit dem Einlass betrauten GenossInnen - mit der Anweisung, keine unangemeldeten BesucherInnen einzulassen - taten das ihre. Das bringt Rempeleien mit sich. Gewalt? Körperlicher Einsatz wird in so einer Situation beiden Seiten abverlangt. Von unmäßigen Übergriffen ist uns nichts bekannt. Viele GenossInnen waren in dieser Situation logischerweise um allseitige Beschwichtigung bemüht. Ihrem Agieren - es war kein schweres, aber einige Minuten dauerndes Unterfangen - ist es zu verdanken, dass bald eine Lösung gefunden war. Als Kompromiss (siehe Punkt 2 zu "struktureller Gewalt") konnten zwar nicht alle in den Saal, drei durften dort den anwesenden KPÖ-Delegierten ihre Anliegen schildern und großteils berechtigten Vorhaltungen machen. Drinnen und draußen, vorher und währenddessen waren einige aufgebrachte GenossInnen zu beruhigen und vor ärgeren verbalen oder körperlichen Übergriffen abzuhalten. Auch das war angesichts der Vernunft der weitaus überwiegenden Beteiligten keine Schwierigkeit. Nachher diskutierten viele der Engagierten beider Seiten noch im Vorraum, bis die solidarischen (Anmerkung: solidarischen, da die KPÖ zur Rede stellenden) BesucherInnen unter kurzer Begleitung einiger KPÖlerInnen den Veranstaltungsort verließen. Dass sie per "Fahrzeugkontrolle" von der Polizei noch angehalten und versuch wurde, ihrer aller Daten zu erfassen, hätte in jedem Fall passieren können, war aber letztlich vermutlich der Anrufung der Staatsgewalt durch eineN verantwortlichen Genossen/in der KPÖ geschuldet. Wie wir dazu stehen (und unserem Wissen nach weitere GenossInnen) ist bereits gesagt.
- KommunistInnen werden getortet
Die "Gewalt"-Debatte in Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen rund um EKH/KPÖ nahm ihren Anfang mit dem Disput nach der Tortung von Walter Baier und Claudia Krieglsteiner. Die GO Dogma einigte sich in dieser Frage auf ein "2:1 Unentschieden gegen alle". Verständlich aber trotzdem unsererseits zu verurteilen, dass autonome Linke zu diesem Mittel der Erniedrigung gegenüber einem am EKH-Verkauf Mitverantwortlichen und einer daran gänzlich Unbeteiligten (lediglich aus der trüben Fernsicht der/s Werferin/s Mitverantwortlichen) gegriffen haben. Diese Art der Verächtlichmachung ist dem (in dieser Hinsicht relativ gesunden) linken Menschenverstand nach KlassenfeindInnen vorbehalten. Die Torte war für die Mehrheit der auch in angespannten Situationen besonnenen Linken eine Verfehlung. Ihr Anliegen war für viele verständlicher Protest. Wem ist "Gewalt" angetan worden? Dem innerlinken "Konsens" in der Wahl der Ausdrucksmittel, der antipatriarchalen Grundhaltung hoffentlich aller Beteiligter (durch Tortung der am EKH-Verkauf nicht verantwortlichen Claudia Krieglsteiner, durch Auslassung ihrer Person in der Schilderung der Aktion). Walter Baier hat diesen nach GO Dogma Meinung verfehlten Angriff mit der Fassung quitiert, die einem KPÖ-Vorsitzenden, der eine grobe Fehlentscheidung mitträgt, gebührt. Claudia Krieglsteiner hat sich gegen die ihr zugekommene patriarchale Vereinnahmung und nachträgliche Auslassung zur Wehr gesetzt. Beide haben in ihrer Haltung die volle Unterstützuung der GO Dogma. Verständlich war die Torte für uns als Versuch, bei einer Bündnisveranstaltung den Verantwortlichen der KPÖ am Verkauf des EKH ein drastisches Zeichen des Protests entgegen zu bringen. Die verurteilenswerte Wahl der Mittel schmälert für die GO Dogma die Berechtigtheit des Anliegens nicht, wenn dieses war: politische Konsequenzen aus dem Verkauf des letzten autonom betriebenen (obschon finanziell durch die KPÖ faktisch subventionierten) politischen und kulturellen Zentrums der radikalen Linken in Wien zu ziehen. Wie sehr wir die Entgegnung von Claudia Krieglsteiner verstehen können, so sehr missbilligen wir die - nicht nur in dieser Episode im Zusammenhang mit dem EKH-Verkauf - auf die KritikerInnen nicht im Ansatz eingehende offizielle Haltung (Ausendungen, Stellungnahmen) der KPÖ.
- Gewaltverhältnis- oder: strukturelle Gewalt
Die im letzten Absatz kritisierte Öffentlichkeitsarbeit der KPÖ ist Teil der in diesem Abschnitt beleuchteten strukturellen Gewalt. Doch kehren wir bei deren Abhandlung an den Anfang zurück: Ihr wisst alle: die KPÖ ist eine Partei. Nicht irgendeine, sondern eine eben kommunistische. Also solche hat sie es nicht leicht mit dem Staat. Wie auch außerhalb der Partei viele Linke, sagt ein Teil der Partei dazu "einnehmen" ein anderer "überwinden". Zu letzterer Position sagen manche in und außerhalb der Partei auch "abschaffen", damit machen sie es sich etwas einfacher, obwohl sie sich letztlich gar keine Denk- und andere Schritte damit ersparen. Jedenfalls sind sich fast alle Linken und auch die meisten anderen Menschen darin einig, dass es sich beim Staat um ein Gewaltverhältnis, einen herrschaftlichen Zusammenschluss handelt. Leider sind viele damit einverstanden, in der Linken und auch in der KPÖ zum Glück nur wenige, aber das hilft noch nicht viel und ist hier auch nur eine Art Vorbemerkung. Die Linken und GenossInnen, die "einnehmen" sagen, sind übrigens zumindest staatsfetischistisch unterwegs, hängen einem autoritären Politikverständnis nach und sind manchmal auch nicht sonderlich sympatische ZeitgenossInnen. Doch letztlich auch alle anderen Linken und ergo auch die meisten Mitglieder der KPÖ haben ... eben ein ambivalentes Verhältnis zum Staat, zum letzlichen Garanten und wesentlichen Akteur in Zusammenhang mit "struktureller Gewalt", der Gewalt der Verhältnisse. Wir wollen ihn und sie nicht, folgen ihm und ihnen aber unweigerlich, entgegnen ihm mehr symbolisch als wirkungsvoll, sagen ab und an gar explizit: "hallo Staat". ("Wir sind alle Terroristen" von Brecht/Weill wäre mal zu sampeln und textlich ein wenig auf heute zu bringen). Die, die sich bei unserer Kategorisierung unter "abschaffen" eingefunden haben, sollen mal kurz eine Zimmerpflanze oder ein Möbelstück anschauen und so tun als würden sie nachdenken. Verurteilt haben wir schon oben, die Anrufung der Staatsgewalt in Befürchtung unschöner (übrigens verurteilungswürdiger) Zwischenfälle am Parteitag der KPÖ in Linz. An dieser Stelle möchten wir eine Anmerkung zu einer weiters nicht kommentierenswerten Selbstdiskreditierung platzieren: die GO Dogma ist nicht erschüttert darüber, dass es bis zuletzt GenossInnen gegeben hat, die auch gegen die eigene Partei mit der Staatsgewalt vorgehen wolllten. Erschüttert waren wir darüber wie lange sie in der KPÖ erduldet wurden. Auch dies war ein Gewaltverhältnis, das in einen hoffentlich nicht nur symbolischen Akt der Befreiung gemündet ist. Doch zurück zum Gegenstand: Die Ware Geld ist ein Ausdruck der Gewalt der Verhältnisse.
was ist passiert: die KPÖ finanziert sich als Partei. Sie hatte nie in bestimmendem Ausmaß Zugang zur Knete der SteuerzahlerInnen. Also immer schon schlechte Karten innerhalb des strukturellen Gewaltverhältnisses Staat, in dem sie funktioniert und das immer schon einige und heute nicht wenige GenossInnen überwinden möchten. Die anderen Parteien hatten und haben dieses Problem nicht. Nie, außer die Grünen vielleicht finanziell in ihren ersten Jahren. Die KPÖ hatte eine andere Trumpfkarte, die wirtschaftsdiplomatische Vermittlungsposition für den Warentausch mit der angeblich warenfreien Welt. Die Geschäfte waren eine Zeit erklecklich, es wurde über Jahrzehnten einiger Schabernack zugunsten der hiesigen Volkswirtschaft mit dem Erlös getrieben, es wurden aber auch politische Aktivitäten finanziert, die auch dem Licht der kritischen historischen Betrachtung standhalten. Die KPÖ hat verloren. Was? Mit dem sogenannten Novum-Urteil in Deutschland letzten Jahres die Reste dieser Finanzierungsgrundlage. Es war befürchtet worden. Es wurde nicht den Befürchtungen entsprechend eingespart, aber es wurde schon die ganzen 90er hindurch gespart wie der Teufel. Es hat sich ein finanzieller Schlamassl zusammengebraut. Es war noch immer ein wenige Köpfe rauchendes intrasparentes Gremium, das sich über diesem Schlamassl zusammenzog. Es hat eine Lösung geboren, dieses Gremium, keine schlechte. Aber eine von der GO Dogma verurteilte: wir finden es gut, dass die KPÖ fortan ein kreditrückzahlungsfreies Budget, eine Art Kopierautomaten-Karte für politische Flugschriften oder Taten hat. Tun tun seit der Enteignung durch die Gewalt der deutschen Justiz nur mehr unbezahlte AktivistInnen. Auch das finden wir gut, ein aufgezwungener Schritt vorwärts. Doch was ist passiert: die Verantwortlichen der KPÖ haben schon vor einem Jahr alle möglichen Ankündigungen als Konsequenz des Gewalturteils verlautbart und großteils umgesetzt. Auch dem EKH wurde die Möglichkeit eines Verkaufs der Liegenschaft mitgeteilt. Doch es wurde auch parteiintern und öffentlich bekräftigt dass es sich bei dem aus einer Besetzung entstandenenen und gewachsenen autonomen Zentrum um ein unterstützenswertes Zentrum handelt, mit dem und für das tunlichst eine andere Lösung als der Verkauf zu suchen sei. Ein knappes Jahr später und wenige Versuche der alternativen Lösungsfindung seitens der KPÖ weiter dann die Mitteilung über den vollzogenen Verkauf. Punktum. Die Go Dogma erlaubt sich in aller Freundschaft genau an diesem Punkt der deutlichsten und einige zum Parteiaustritt bewegenden Kritik am Vorgehen darauf hinzuweisen, dass seitens der EKH-Initiativen in dieser (viel zu kurzen) Zeitspanne kein einziger ernsthafter Lösungsvorschlag an die KPÖ herangetragen wurde. In Punkto "Gewalt" konstatieren wir hier eine solche von der letztlich schwächeren Seite. Doch der stärkeren, unserer Partei, d.h. Ihrem rauchende Köpfe zusammensteckenden Finanzgremium, gilt die Kritik: auch wenn einem die Gewalt der Verhältnisse ins Gesicht geschlagen hat, gilt es unter Linken Anstand zu bewaren. Anstand ist ein blödes und darum ein Lieblingswort der GO Dogma: für KommunistInnen gilt es mit allen um gesellschaftliche Emanzipation Bemühten zu verhandeln, immer, und auch wenn auf der anderen Seite nur wenige und diese langsamer als die Stunde erlaubt und gebrechlich in ihrer Argumentation (ein Jahr "EKH bleibt") sind. Es hätte gegolten so zu verhandeln, so dass jene Genossen der GO Dogma, die sich dazu bereit erklärt hatten, die köpferauchenden Finanzverantwortlichen dabei zu unterstützen, dies tun hätten können. So, dass die verstreute gesamte Wiener Linke es mitverfolgen und vielleicht am Ende doch erfahren hätte müssen, dass keine Lösung und also der Verkauf die einzige Nicht-Lösung gewesen wäre. So, dass alle, denen das Ernst-Kirchweger-Haus ein Anliegen ist schon wärend der Verhandlungen solidarische Erklärungen und materielle Beiträge hätten leisten können. So dass nicht die KPÖ die ihr widerfahrene Gewalt, die Enteignung nach nicht ernstzunehmender Auseinandersetzung, einfach weitergibt. Mit einfach meinen wir nicht, dass es den entscheidungsverantwortlichen GenossInnen persönlich leicht gefallen wäre, wir sind uns sicher dass sie diesen Fehler sehr schweren Herzens getroffen haben. Ihnen und der KPÖ war viel Gewalt, teils selbst gepflegte Gewalt (die bürokratische Verengung einer poststalinistischen Partei) zuteil geworden. Doch diese Erklärung hilft niemandem. So wie es geschehen ist, hat die KPÖ, was gottverdammt ihr Recht ist, auf die gottverdammt schlechteste Weise ihren eigenen Notwendigkeiten zu folgen versucht und hat damit ein rießen Schlamassl produziert. Für sich und für die Linke in Wien. Wir von der GO Dogma sind unglücklich und noch viel mehr. Vor allem aber sind wir willens, in und aus dem Schlamassl das Beste zu machen. Wir wollen der Gewalt der Verhältnisse trotzen und meinen, jetzt stimmt der Spruch mehr als vorher: EKH bleibt!, vielleicht anders.
- Linke zerreiben sich?
hier bin ich zu müde zum weiter schreiben, das wäre mein letzter untertitel. es ist auch noch viel zum korrigieren, schärfen,
wegstreichen.
dogma mailing list dogma@mond.at http://mond.at/cgi-bin/mailman/listinfo/dogma