liebe Leute,
für alle Interessierten hier ein Veranstaltungshinweis der Gruppe Gegenargumente (www.gegenargumente.at). Am Mitwoch, den 30.8.2006, um 20 Uhr gibts im Cafe 7stern (Siebensterng. 31, 1070 Wien; http://7stern.net) eine Diskussion über den Libanonkrieg und über ein angebliches Israel-Kritikverbot (siehe: http://god.kpoe.at/news/calendar_event.php?eid=20060828163417515).
lg Roland
------
Libanonkrieg - und die Frage, darf man in Deutschland/Österreich überhaupt Israel kritisieren?
Darf man Israel in Österreich oder Deutschland überhaupt kritisieren? - Die Antwort ist ein eindeutiges “nein”, zumindest wenn man ein braver Bürger ist, der sich auch beim Denken an Direktiven seiner Obrigkeit hält. Kanzlerin Merkel hat aus aktuellem Anlaß des Libanon-Krieges den traditionellen Standpunkt wiederholt, dass man sich in/aus Deutschland mit Kritik an Israel zurückhalten müsse, wg. Vergangenheit. Die eindeutige Doppelbödigkeit der Auskunft mal vernachlässigt – sie unterstellt die kritikwürdigen Aktionen, wenn sie die Deutschen scheinheilig zur Unterlassung der Kritik auffordert –, ist also zu prüfen, ob es gute Gründe gibt, sich mit der politischen Macht in dieser Hinsicht geistig gemein zu machen. Die Forderung, sich für die Judenvernichtung des Vorgängerstaates in die Pflicht nehmen zu lassen – weil “wir” die Juden umgebracht haben, dürfen “wir” Israel nicht kritisieren – geht erst mal felsenfest davon aus, dass sich der gute Deutsche/Österreicher beim theoretischen und praktischen Umgang mit Juden bzw. mit dem Judenstaat, also sowohl beim Nachdenken als auch beim Handeln auf alle Fälle an den Vorschriften und Sprachregelungen “seiner” politischen Herrschaft orientiert, damals wie heute; dass man sich mit dem “wir” identifiziert. Verlangt wird nicht mehr und nicht weniger, als dass man sich völlig unabhängig von seiner individuellen Meinung zu Juden/Israel, auch unabhängig davon, ob man überhaupt eine solche hat oder ob einem im theoretischen oder praktischen Verkehr zumindest mit anderen Personen deren Nationalität wurscht ist, weil es einem ev. wichtiger ist, was jemand im Kopf hat und man daher nicht wie der Grenzbeamte gleich nach dem Pass fragt – dass man sich insgesamt und überhaupt und intellektuell sowieso als Teilchen des nationalen Kollektivs nicht nur zu benehmen, sondern auch noch zu fühlen hat, sich also die jeweilige Staatsräson gegenüber Juden damals wie heute zum individuellen Anliegen zu machen hat. Verlangt ist, die Welt von vornherein durch die nationale Brille “als” Deutscher oder Österreicher zu betrachten und insofern die Welt nur noch als Tummelplatz nationaler Rechte und Pflichten zu sehen, damals wie heute – und sich die Ansprüche der Nation als eigene persönliche Anliegen, Erfolge, Schandtaten und Drangsale zu eigen zu machen: Im Fall der Judenvernichtung also auch, sie als eine Sache der individuellen Mitverantwortung zu begreifen – egal ob und wie man beteiligt war oder nicht, und was man davon hält –, sowie sich die aktuelle Stellung der heutigen Nation als aus dieser persönlichen Verantwortung folgenden Auftrag einzubilden. Vernünftig ist das nicht. Wenn man schon am Fall von “Auschwitz” mitbekommt, dass ein modernes nationales Kollektiv bei Gelegenheit auch den Völkermord in seinem Repertoire hat, ist eher die Frage angebracht, ob man zu so einem Kollektiv überhaupt dazugehören will – anstatt die staatliche Eingemeindung und Vereinnahmung, die (hier) per Geburt erfolgende staatliche Inanspruchnahme, durch die man zum Österreicher bzw. Deutschen gemacht wird, als positive, einen sogar gegenüber dem Rest der Welt auszeichnende Eigenschaft zu begrei-fen: “Ich bin stolz darauf so einer zu sein!” Da ist statt dessen die Kosten-Nutzen-Rechnung angebracht, die Frage, was von der Nation verlangt und was geboten wird; was es kostet, “so einer” zu sein. Klar, der praktischen Vereinnahmung, der praktischen Unterwerfung unter die gültigen Rechte und Pflichten beim Arbeits- und Militärdienst entkommt man so einfach nicht, auch wenn sie einem nicht passen. Aber die national geforderte geistige Vereinnahmung, die Bereitschaft, Gott und die Welt als Österreicher oder Deutscher zu betrachten und sich von der nationalen Führung darüber informieren zu lassen, wieweit der Rest der Welt österreichischen oder deutschen Ansprüchen gerecht wird oder wo die Hindernisse des nationalen Erfolgs sitzen – diese Verstaatlichung des Verstandes muß schon jeder selber hinkrie-gen, oder besser bleiben lassen. Am Ende schmiert man sich womöglich noch die Nationalfarben in die Visage und dokumentiert so, dass man auf Befehl allzeit bereit ist: “Ein Volk, ein Reich ...” – “Rotweißrot bis in den Tod” – “Right or wrong, mycountry” etc.