liebe Nora, liebe Genossinnen und Genossen,
eine objektive Wahrheit hängt nicht von der Person ab, die etwas sagt, sondern lässt sich überprüfen. Nur darauf solls ankommen. Selbstverständlich soll die Erfüllung der platonischen Einheit nicht Ziel der Kritik sein. Platon ist DER Stichwortgeber der Philosophie der letzten 2000 Jahre und auch heute sehr hoch im Kurs, wie Du richtig anmerkst. Nur erinnert das Gerede von Form (das Schöne) und Inhalt (das Wahre) stark an Platon. Wenn die beiden ersteren stimmen ist es dann gut. Wenn dem Clemens Nachtmann die Erfüllung dieser Vorgaben nicht gelingt, soll darin welche Absicht liegen? 2 Möglichkeiten erscheinen mir realistisch. Estens kann er sich nicht klarer ausdrücken, weil sein Gedanke verwordackelt ist. Zweitens: Vielleicht will er sich gar nicht klarer ausdrücken. Bei Marx ist alles klar; nur hat Dein nachgereichtes Marxzitat wenig mit dem Nachtmann-Text zu tun. Wers genau liest merkt, dass da etwas nicht zusammenpasst. Die Ästhetik lenkt hier, sogar bewusst vom Gemeinten ab. Ich weiß, ich habs wieder nicht kapiert und den Scherz mit dem Postmodern-Generator hätt ich unterlassen sollen, weil er von Dir für bare Münze genommen wurde. Ratlose
liebe Grüsse Rol
--- Ursprüngliche Nachricht --- Von: "Nora Hermann" nausikaa@gmx.at An: "Kosmonaut" baikonur@gmx.net Betreff: Re: [god] ein paar klarstellungen Datum: Wed, 12 Apr 2006 13:29:29 +0200 (MEST)
lieber roli, liebe genossInnen
der au hat zwar einen standpunkt, der aber gleichzeitig auch eine meinung ist - beides kann er natürlich gerne haben auch gleichzeitig. aber zur "objektiven wahrheit" fehlt's ihm m. e. ein bissi. was ich nicht so gern hab, ist das verfahren, bei persönlichen standpunkten oder auch meinungen, selbige als die "richtige" haltung zu verkaufen. ansonsten soll er gerne sagen, wie und was immer er mag. die tonart macht ja in der regel einen wesentlichen moment des gehalts getroffener aussagen aus.
zum nachtmann: die platonische einheit soll und kann ja wohl kein ziel von kritik sein: platon ist doch immerhin der allzeit aktuelle ideologe gerade und hauptsächlich auch der postbürgerlichen gesellschaft - als solcher ist gerade die erfüllung seiner vorgaben der beweis für affirmation statt für kritik. wenn das also nachtmann nicht gelingt, könnte da ja vielleicht eine absicht dabei sein.
es tut mir auch leid, roli, dass du wieder mal einen text von mir und in diesem fall auch ein zitat von nachtmann nicht verstehst. das marx zitat lautet vollstandig: "kritik ist nicht eine leidenschaft des kopfes, sondern der kopf der leidenschaft" und dass du kritische theorie mit postmoderner theorie verwechselst ist schade, weil sich beide theorien diametral gegenüberstehen, sowohl was die auffassung von kritik als auch ihr ziel betrifft.
lg nora
der Herbert Au hat 2 Texte auf unserer hp platzieren können. Der eine
zum
Oktoberstreik 1950 und der zweite war eine Antwort auf die Pröbstlingverleihung. Wer angeklagt wird, darf sich doch wohl noch verteidigen und seinen Standpunkt, nicht seine MEINUNG, wie Nora irrtümlich glaubte, kundtun, oder nicht? Auch der Pröbsting soll auf unsere Kritik reagieren; ich hätt nix dagegen. Den Unterschied zwischen begründetem Standpunkt und Meinung erpar ich mir und euch. Der Au hat mich nur um Weiterleitung gebeten, sonst hätt er es selbst draufgestellt. Die Veranstaltung am 27.3. war NICHT zu Europa, sondern zum "Kampf der Kulturen". Aber da ich selbst wohl in Noras Vorstellung keinen Europa-
Text
schreiben würde, muss man sich etwas zusammendichten, um mich als
Herberts
Sprachrohr zu präsentieren. Noch eine Frage an Nora: an wen richtet sich der neueste Artikel "Inhalt und Form" auf unserer hp? Der ist so formvollendet, dass der Inhalt ein
wenig
flöten geht, oder steht da nur drinnen, dass die Erkenntnis eine Leidenschaft ist, die einem in ungewisse Gefilde bringen kann. Man "überlässt" sich dieser Passion. Dann passiert irgendetwas mit
demjenigen
der sich der Leidenschaft überlassen hat. Er bzw. sie ist nicht mehr
Herr
bzw. Herrin seiner Gedanken, sondern Sklave von etwas, (nicht klar was
es
ist - bewusstes Denken dürfte es nicht sein) jedenfalls etwas was außerhalb seiner selbst ist. Trotz wacher Sinne kein klarer Gedanke, lieber
Clemens
Nachtmann! Die platonische Einheit von Gutem, Wahrem und Schönem leistet der Text nicht. Oder hat da nur jemand den Postmodern-Generator bedient und mir ist es nicht aufgefallen? Vielleicht bin ich auch nur zu blöd für den Text. Es ist ja eine Binsenweisheit, dass eine klare und präzise Sprache den Inhalt ebenso wiedergeben. Wenn klar ersichtlich ist, was gemeint ist,
ist
die Form auch klar und präzise und man braucht sich darüber nicht mehr
den
Kopf zerbrechen. Ende der Zwangsbeglückung, vorerst...
liegrü Rol
--- Ursprüngliche Nachricht --- Von: "Nora Hermann" nausikaa@gmx.at An: god@mond.at Betreff: Re: [god] neues auf der hp Datum: Sun, 9 Apr 2006 18:23:10 +0200 (MEST)
liebe genossInnen,
als am 27. März 2006 die Buchpräsentation "Feindaufklärung und Reeducation" im depot stattfand, fand zeitgleich im HS II des NIG eine veranstaltung der "gegenargumente" zu Europa statt. ich hab überhaupt nichts dagegen dass gen. roli seine texte auf der god hp
veröffentlicht,
aber ich darf daran erinnern, dass die "gegenargumente" eine eigene hp haben und ich es irgendwie unzulässig finde, dass sie die god hp zusätzlich dazu auch noch für sich vereinnahmen.
ich finde, dass die texte, die für diesen publikumskreis gedacht sind, auch auf der entsprechenden site für diese klientele veröffentlicht
werden
sollten und nicht auf der god hp! - ich möcht mich eigentlich nicht
vom
(privat ja ganz netten) dauerredner au und seinen jüngern
zwangsbeglücken
lassen.
lg n
p.s. neues auf der god hp: Inhalt und Form - eine zitatförmige Anmerkung zur linken Spaltung von Theorie und Ästhetik oder Der Kopf der Leidenschaft
Die Blei- und Buchstabenwüsten linker Gesellschaftskritik lassen
selbst
die Taklamakan als inspirirten Landstrich erscheinen, zumindest die
Pracht
ihrer Sand- und Gesteinsformationen enthält inhaltliche Aussagen fruchrbarster visueller geologischer Phantasie. Die Form gewisser "theoretischer" Texte offenbart allerdings den wenig ansprechenden
Inhalt
geistiger Diarrhoe. Die Form gibt dem dialektischen Denken stets Auskunft über ihren
Gehalt:
sei es nun der benutzte Jargon oder die seitenweise Wiederholung marxistisch-leninistischer Merksätze, deren ständige Beschwörung
darauf
verweist, dass deren schriftliche Niederlegung ihre Prediger der begriffenen Anwendung in der Praxis enthebt.
"Selbst für die avanciertesten Formen materialistischer Kritik scheint diese Spaltung (in Gesellschaftstheorie und Ästhetik; Anm.) heute nach
wie
vor zur selbstverständlichen Geschäftsgrundlage zu gehören und die notwendigen Konsequenzen, die sich daraus ergeben, damit ebenfalls:
die
Geringschätzung der Form, in der sich ein Gedanke notwendig mitteilen
muss
und die sich in schlampiger Sprache indiziert und damit entschuldigt
wird,
dass es ja, wie die altlinke faule Ausrede lautet, auf den 'Inhalt' ankäme; eine Haltung, die statt in Erkenntrnis FREI zur Sache sich zu verhalten, bei Theorie Deckung sucht, von ihr Unterschlupf und
geistiges
Obdach erwartet; die damit einhergehende Illusion, über die jeweiligen Gegenstände und über die eigene Erfahrung zu verfügen, die Welt
gleichsam
geistig kommandieren zu können; die Behandlung von Wissen als eines abrufbaren Corpus' von Merksätzen; vor allem aber die Haltung, aus der heraus man Erfahrungen, die einem nicht sofort und unmittelbar durchsichtig sind, Misstrauen und Abwehr entgegenbringt, um sich dafür lieber an schale und phrasenhafte Rationalisierungen zu klammern, die scheinbar Gewissheit und Präzision versprechen.
Der ästhetischen Erfahrung ist ungeschmälerte, selbstkritische
Erkenntnis
darin verwandt, dass sie jenem BEDÜRFNIS NACH RÜCKENDECKUNG, NACH ABSOLUTER GEISTIGER SEKURITÄT UND DEM DARIN INBEGRIFFENEN RATTIONALISIERUNGSZWANG ENTGEGENTRITT. Erkenntnis, die IM ERNST ZÄHLT und die wahrhaft sprengenden Charakter
hat,
ist keine strategische Anordnung, in der vorab alles entschieden, die
nach
unmittelbat einsichtigen Zweck/Mittel-Kriterien organisiert wäre,
sondern
gleicht einer Passion, von der man nicht loskommt und der man sich
ohne
Reservation, aber wachen Sinnes überlässt, ohne dass genau absehbar
wäre,
wo sie einen hinführt."
C. Nachtmann
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