Liebe GenossenInnen, liber Mond! Es tut mir eigentlich recht weh, daß mein Text, den ich in Anlehnung, nicht an den Hl. Augustinus oder an Clausewitz, sondern an Georg Lukács in "Methodisches zur Organisationsfrage" aus Sept.1922 geschrieben habe, so anstößig wirkt, und daß Genosse Mond versucht, mir einen benediktinischen Missionseifer zu unterstellen und mich, mit einem argumentum ad hominem noch mit Positionen Kurt Krenns in Verbindung bringt, nachdem er mir quasi erklärend (?) den Unterschied zwischen links und rechts unter die Nase schmiert. Kurz, es ist eine Frechheit und beruht, um wieder einmal politisch unkorrekt aber wahrheitsgetreu zu sein, wahrscheinlich auf irgendwelchen Vorurteilen mir gegenüber - da merkt man, wie im Namen der Pluralität der Strömungen und im Namen der Toleranz, die zweifelsohne Vielfalt braucht, zugleich mit selbstkritischen Positionen in der KP umgegangen werden könnte: vieles ja, aber nur solange es nicht aus der angenehmen Mitte ausufert! Es kränkt mich in Wirklichkeit; ich bin in die KP mit gutem Willen eingetreten, aus dem Wunsch, meinen kleinen Beitrag zu leisten, damit die sterbende Partei nicht stirbt, obwohl ich parteiliche Umgangsformen mit Rednerlisten und Tagespunkten im Grunde genommen gar nicht mag. Ich bin Kommunist, und ich lasse es nicht zu, daß Mond mich, weil er nur aus Vorurteilen das herauszulesen imstande ist, wo er mich als mögliches gefährliches Element, als Klerokommunisten oder sonst was identifizieren könnte, daß also Mond mich als Rechten beschimpft, per Implikation. Schade. Da dies aber passiert ist, möchte ich an die lieben Genossen, auch an Mond, einen noch anstößigeren Text schicken, der den 33. Parteitag behandelt, nämlich das, was Mond nachspricht:
__________________________________________________________________________
Warum der gute Wille nicht reicht
Eine ausschlaggebende kommunistische Tagung hatte im Winter stattgefunden, nicht von Mitgliedern, sondern nur im Kreise von Delegierten: der berüchtigte 33.Parteitag. Er sollte sich richtungsweisend auf die Zukunft auswirken. Wer seine genauen Hintergründe jedoch nicht kannte, mochte sehr leicht davon verblüfft werden, auf welch sonderliche Weise das neuerdings bejubelte, undogmatische Wesen der Partei mit dem positionslosen verwechselt wurde, und dann wiederum jede ernsthafte Position mit starr deterministischer Linientreue. Wer also von der stolzen, und übrigens mindestens siebzig Jahre verspäteten, inneren Abrechnung mit dem stalinistischen und sovjetnostalgischen Phänomen in der österreichischen Partei nicht zur Genüge informiert war, konnte beim Lesen der Textvorlage als denkender Kommunist nur verzweifelt den Kopf schütteln. Und denken tut, wohlgemerkt, ein Kommunist nicht nur, weil er in Brechtscher Art hinterfragt, woher das Eigentum eigentlich stamme, sondern vor allem, wenn er sich ebenso hausbacken und Brechtisch wundert, wem diese oder jene Ansichten denn wirklich nützten! Dies trifft, bitte zu vermerken, auch auf angeblich kommunistische Ansichten zu. Neuzugängen wurde anschließend mit viel Geduld die verzwickte Lage erklärt, in der das betroffene Dokument entstand: Enteignungen, Zwiste, Diffamierungen, Austritte und überfällige Säuberungen. Die schwache Entschuldigung, die man hie und da im Bezug auf die Inhalte vernehmen konnte, war in der Tat ein heimliches Schuldzugeständnis – diskreditiert unter den Massen und gestrandet ohne homogene Basis, wäre man, als Partei im Umbruch oder eben Leerlauf, ganz einfach überfordert durch das abwechselnde Ringen ums Überleben und Suchen nach Konsens. Was schwarz auf weiß nach dem Parteitag auf dem Papier festgehalten wurde, sollte nun aus dem Blickwinkel der schärfest möglichen Kritik berichtet werden, denn allein durch eine solche mag die angeprangerte Erneuerung richtig und schnell genug vorangetrieben werden. Die Broschüre anläßlich des letzten Parteitages, hier „politische Plattform“ genannt, beginnt selbsterklärend und außerdem recht zeitgenössisch mit der Feststellung, der Sozialstaat werde abgebaut – ganz so als sei dieser kapitalistische Kosmetikbetrieb aus klassenkämpferischer Perspektive jemals wertvoll gewesen. Statt mit marxistischer Schärfe historischen und lebensechten Kontext herzustellen, vermittelt man eher das vom Alltagsleben entlehnte Gefühl, es sei fast schade, daß er jetzt aufhöre, der liebe Sozialstaat. Dabei hatte er innenpolitisch die klare Funktion des Ausdämpfens jeglichen Klassenbewußtseins und diente außenpolitisch, zweifelsohne, als Lockvogel für die Arbeiterschaft der parteigeleiteten staatskapitalistischen Länder, die fälschlich zu Realsozialismen umgetauft wurden. Mit anderen Worten, es wird von der traurigen „antisozialen Wende“ ausgegangen, welche man als neoliberalen Rückschritt auffaßt, und nicht als logische Konsequenz, die dem Kapitalismus und seinen Gesetzen der unabdingbaren Kapitalexpansion von Anfang an innewohnte. Leider führt diese Tatsache, daß das Kapital auf Dauer seine axiomatischen Ziele keineswegs aufzugeben gewillt war, in der Plattform nicht zu einer Bestätigung der Marxschen Gesellschaftsanalyse, sondern zu ihrer Fragmentierung in vage Formen und postmodern klingende Begriffe wie beispielsweise „Vielfalt“ und „Offenheit“, die wohl von Neuheit hätten zeugen sollen. Aber das ideologische Wanken infolge andersartiger Zustände ist bei weitem nichts Neues unter den linken Strömungen der abgelaufenen anderthalb Jahrhunderte; viele haben schon Lebensstandard mit Freiheit und Bürgerrechtskampf mit Klassenkampf verwechselt. So bestätigt die kommunistische Partei selbst, wie im Geleitwort nachzulesen ist, sie wolle die bestehenden demokratischen, sprich bürgerlichen, Rechte ausweiten – und sie wolle „Reformen“. Anders als die Sozialdemokraten und die Grünen hingegen, die vollkommen systemintegriert seien, möchte sie eine wahre Alternative zum Kapitalismus. Konkretisiert wird diese Alternative nicht einmal ansatzweise, weil ja konkrete „Sozialismus-Bilder“ sinnlos seien: die aufgezwungene, aber hautnahe kapitalistische Wirklichkeit wird deshalb, wie man höchstwahrscheinlich annimmt, mit einem wenig greifbarem und überhaupt nicht faßbaren kommunistischen Versprechen überwältigt werden müssen, aus redlicher moralischer Einsicht heraus oder wodurch auch immer. Es ist insofern nicht verwunderlich, daß das Wort „Revolution“ bloß im Bezug auf die innerkapitalistischen Veränderungen angewandt wird, sowie das Wort „Klassenkampf“ nur in seiner Erweiterung „von Oben“. Auch ansonsten bleibt die Broschüre größtenteils deskriptiver Natur, gleichsam als Liste der lästigen Erscheinungen, die von Entsolidarisierung und Riskenprivatisierung bis Frauendiskriminierung und Krieg reichen. Darüber scheint sie kaum hinauszugehen. Kurz, man spielt das alte Lied, Symptome aufzuzählen, ohne Zusammenhänge zu erklären, mit Ausnahme des Hinweises auf die derzeit moderne Allheitsformel namens „Neoliberalismus“, welche auf diese Weise zur neu entleerten Worthülse avanciert. Was ist denn, zum Beispiel, am Prinzip der Lohnarbeit überhaupt so neoliberal, oder an der patriarchalen Gesellschaftsform, oder an der kolonialen Eroberung anderer Völker? Die Welt im Wandel, wie das heute allseits gerne umschrieben wird, zeigt sich nämlich bei etwas näherem Hinschauen als ein und dieselbe wie seit langer, satter Zeit – man täte daher besser daran, die eigentliche Kontinuität der Ausbeutung zu unterstreichen, statt ständig ihre Formwechsel zu bejammern! Das einzig scheinbar ehrliche Geständnis angesichts der aggressiven Appetite des Kapitals lautet, man hätte „keine ausreichende Antwort auf diese Offensive finden können“. Das wirkt, zugegebenermaßen, sehr schwach und ziemlich inhaltslos – ist andererseits kein Wunder, wenn jegliche Sozialismus-Bilder, um nicht gleich zivilisatorische Auswegmöglichkeiten zu sagen, kategorisch abgelehnt werden! Nichtsdestotrotz versichert die kommunistische Partei auch später im schriftlichen Entwurf, daß sie eine Alternative zum Kapitalismus des 21.Jahrhunderts „erkämpfen“ möchte, sagt aber wieder nicht wie, zumindest nicht unter Berücksichtigung eines gesunden Wahrscheinlichkeitsrahmens. Es wird nämlich behauptet, das Augenmerk müsse auf das Urheberrecht im Wissensbereich, auf die Gemeindeebene, auf die Gewerkschaften, auf das Europaparlament und auf die Sozialforen fallen. Die Arbeiterklasse, inklusive der nicht bezahlten Frauenarbeiter im häuslichen Bereich, fällt sogar in ihrem Neuverständnis aus den kommunistischen Überlegungen heraus, denn, so heißt es tatsächlich, sie selbst sei „heute breit und vielgestaltig zu fassen“, ganz so als seien die Klassen, durch den Akt parteilichen Denkens und auch als beständiges soziologisches Faktum, plötzlich weg-relativiert. Was dennoch nachweislich bleibt, sind materielle Geburtsprivilegien durch Eigentum und Kapital – aber, etwa ohne ihr klassenmäßiges Gegenstück, die Lohnabhängigkeit oder gar Armut? Waren denn Klassen irgendwann durch völlig strenge Demarkationslinien getrennt? Konnten man das Bürgerrecht, auch wenn nur einer der Cäsar war, nicht schon im alten Rom erkaufen? Was soll die parteiverherrlichte „breite und vielgestaltige“ Auffassung der Klassen dann noch ausdrücken? Man sieht, dieses sicherlich gut gemeinte, aber breit ausufernde Gespräch, das sich auch um den Preis des Aussagelosigkeit um Differenzierung bemüht, führt zu nichts. Reden wir also der Reihe nach über die aufgezählten Fokusse: Urheberrechte, Gemeinden, Syndikate, Europaparlament und Sozialforen. Nun sollte zunächst angemerkt werden, daß zwar Verschärfungen des Urheberrechts Wissen in der Tat zur Ware degradieren, die Verhinderung dieses Trends aber einzig und allein über juristischem Wege erreicht werden kann, also mittels gutmütiger Hilfe der bürgerlichen, kapitalismusfreundlichen Gesetzgebung. Die implizite Vorgangsweise klingt deshalb weder kommunistisch, noch wahrscheinlich. Die hier betriebene Bejahung der Befreiung von Information, derer man sich rühmt, hat in diesem Sinne einen abstrakten Beigeschmack. Des Weiteren endet ein Kapitel über das „Scheitern des Reformismus“ mit dem unpräzisierten Wunsche, sich endlich auf revolutionäre Politik umzupolen, von welcher aber genauso wie vorher nichts ausgeführt wird, da beim wichtigsten Punkt, dem methodischen Knoten sozusagen, das Kapitel bruchartig abgeschlossen wird – nach dem Motto, wer sich nicht festlegt, kann weder Fehler eingehen, geschweige denn sich strafbar machen. Das wird umso deutlicher, als man das traditionell gebrauchte Schlagwort „revolutionär“ keineswegs definiert, nicht alt, nicht neu, sondern überhaupt nicht. Und nicht zu vergessen wäre auch das deutlich zu Beginn artikulierte Ziel der kommunistischen Partei, wie schon erwähnt, Reformen anzustreben, die ebenfalls nach Reformismus riechen. Was die Gemeinde betrifft, von der manchmal sogar als Kommune (wie bitte!?) die Rede ist, wird im Text festgehalten, wie ihre Befugnisse und Einflußsphären zunehmends beschnitten werden, um hernach allen Ernstes vorzuschlagen, daß dort angesetzt werden müsse, weil auf einmal an dieser engen Stelle große Potentiale zu lichten wären. Nicht thematisiert verbleibt auch die Frage, in welchem Ausmaß die Bevölkerung, wo „lokal handeln“ wesentlich sein solle, an der Kommunalpolitik im großen und ganzen teilnimmt bzw. ihr Vertrauen dafür hergibt, vor allem in den stark urbanisierten Ballungsräumen. Innerhalb der kommunistischen Partei hofft man daher offensichtlich, durch obere, durch bürgerliche Instanzen wie Gemeinderäte und Bezirksvorsteher Geschichte schreiben zu können, und zwar im Geiste von Klassenkampf und Stürzung des immer internationaler verknüpften Kapitals. Wie wahrscheinlich all das bei der Willkür des kapitalistischen Gesetzesapparates und seiner Lobbys anmutet, braucht nicht einmal näher diskutiert werden, wenn man die Geschichtsbücher ab und zu aufgeschlagen hat. Will man dies erst gar nicht, sollte man den Parteinamen baldigst ändern; will man jedoch geschichtlicher Akteur sein und mehr als nur ein Bauern am Schachbrett des fremdbestimmten Lebens, muß man sich etwas Anderes, etwas Adäquateres überlegen, als den Hebel, wie Marx es treffend bezeichnete, an den „ökonomischen Überbau“ der Legislative zu legen. Im Bezug auf die Gewerkschaften äußert man sich mit gutem Grund interessiert, doch gleichzeitig mit der Distanz eines Beobachters. Es heißt in der Plattform ganz pauschal, die Gewerkschaften müßten sich entscheiden, und so verbleibt man bei der Umschreibung ihrer verzwickten Lage, anstatt eine mögliche Radikalisierung anschaulich zu besprechen – dort wäre gegebenenfalls noch so manche Frucht nötigen Ärgers zu pflücken. Umso erschreckender entpuppt sich die neue kommunistische Freundlichkeit im Hinblick auf gewerkschaftliches Klassenbewußtsein, wenn im nahezu vatikanischen Stil verkündet wird, die Aufgabe von Kommunisten sei es, hier „aktiv beizutragen, daß Solidarität und Zusammenhalt entstehen – Einheit in der Differenz“. Faktum ist: die kommunistische Partei ist doch kein gesamtgesellschaftliches Eheberatungszentrum, sondern ein Bund engagierter Leute zur Ausmerzung der Klassengesellschaft, ihrer immanenten Widersprüche und sonstigen profitabel organisierten Verbrechen an Mensch und Natur. Das wird, soviel steht zumindest fest, durch eine neue Welle positiven Denkens und Harmonierednerei niemals passieren, was andererseits nicht automatisch bedeutet, daß im Gegenzug Bombenanschläge und roter Terror befürwortet werden müssen. Bloß, Nächstenliebe ist, obwohl sehr christlich und wünschenswert, leider kein politisch brauchbares Konzept! Denn solch wässrige Vereinfachungen wie „Einheit in der Differenz“ gehören, abseits jeglichen Zusammenhangs und völlig getrennt von Radikalisierungsstrategien, in den ideologischen Kindergarten oder gleich auf den Müllhaufen der Geschichte, wo sie eindeutig besser aufgehoben sind. Und zuletzt wären da noch die viel besungenen Sozialforen, für so manche mit Recht ein Abdruck oder nur eine Art Nachahmung der unzähligen Unternehmerkongresse. Das heißt: mehr oder minder relevante Sozialforen ohne absehbare Tragweite, an denen sich oft sehr bürgerliche Geister zu den Kurzsichtigkeiten utopischer Sozialisten wie Fourier und Saint-Simon mühsamst hinaufarbeiten, weil sie sowohl Totalität als auch historische Dimension der kapitalistischen Produktionsweise nicht verstehen oder nur nicht kennen (wollen). Will etwa die kommunistische Partei auf diesem angeblich „wichtigen Aktionsfeld“ mitreden, wo das soziologische Einmaleins erst neu erfunden werden muß, mitmachen als Hauptanliegen, mitschwimmen, weil Anwesenheit alles ist? Welche reale Erwartungshaltung legt sie an den Tag? Enttäuschend sähe es aus, würde man dort zuviel Hoffnung hegen und wie bislang reine Überbewertung betreiben, die nicht stichhaltig auf Analysen fußt, sondern auf gesellschaftlichem Wunschdenken. Das Gleiche gilt insofern für das europäische Parlament, jenes wenig demokratische Großgebilde eines Orwellsch mächtigen Europa, dessen Außenminister Javier Solana bis vor kurzem, sicherlich nicht durch Zufall, das Amt des NATO-Generalsekretärs innehatte. Sind das vielleicht die richtigen Rahmenbedingungen für den geforderten Aktivismus? Man könnte gar leicht unter dem Deckmantel übergreifender Zusammenarbeit in Europa eine ähnliche Argumentation wittern, wie sie die Sozialdemokraten schon vor dem „Anschluß“ vertraten: in Großeuropa gäbe es mehr von uns. Aber nicht alles sieht so trübe aus. Nachzulesen ist ja auch sehr wohl in der Broschüre, daß die politische Funktion von Kommunisten es sei, „die Notwendigkeit von (gesellschaftspolitischen) Veränderungen bewußt zu machen“. Das zumindest ist lobenswert. Inwiefern sich, obwohl die zitierte Aufgabe außer Zweifel steht, dies durch ein Aufzählen der daraufhin aufgetischten Punkte in der Broschüre erzielen läßt, bleibt noch eingehender zu besprechen: Politische Bewußtseinshebung zum Zwecke künftiger Umwälzungen ist gewissermaßen immer zugleich ein unglaublicher Kraftakt, welcher Substanz braucht, wenn die nötigen menschlichen und materiellen Ressourcen dazu fehlen; wo der Nagel auf den Kopf zu treffen ist, wirkt nur Substanz überzeugend! Man schlägt jedoch diesen Kraftakt durch die folgenden programmatischen Schwachpunkte vor, nämlich, durch „Bedürfnisorientierung“, „Gleichberechtigung“, „Hinterfragen“ und „Besinnen“. Bitte, was sagt das schon aus, außer daß man sozial zementierte Zustände durch Grundsatzerklärungen und psychologische Selbsthilfekurse zu sprengen versuchen möchte?! Die strukturelle Gewalt des Staates und seine, wie Engels es einmal ausdrückte, „Allianz der Regierung und Börse“, die heute als Begriff der Sozialpartnerschaft ihr prellendes Unwesen treibt, sind dermaßen verankert sogar im zeitgenössischen Kapitalismus, daß die nette kommunistische Aussage im Vergleich fast witzig klingt, wie ein netter Appell für Fairplay, aber nicht gerade kämpferisch. Kein Wunder demnach, wenn „die grundlegenden Fragen revolutionärer Politik“ beim alleinigen Erwähnen bereits als abgehandelt posieren, obgleich in Wirklichkeit diese Weise zu reden – an Inhaltlichkeit fatale Mängel erleidet. Aus diesem Grund sticht es auch recht schmerzhaft ins Auge, daß die Überwindung des kapitalistischen Systems mit anderen linken Strömungen „als längerfristige Möglichkeit“ offen gehalten wird. Es ging, nebenbei angemerkt, im Text nicht um Feststellungen, sondern um Absichtserklärungen, und man rufe sich anschließend die Wortwahl hierbei ins Gedächtnis: langfristig, Möglichkeit, offen halten. All das riecht verdächtig nach einer Form von Reformismus, den sich als politischen Luxus nur die privilegierte weiße Welt zu leisten vermag, denn sie hat Zeit darüber „besinnend“ zu diskutieren, während die Wälder anderer abgerodet werden, die Länder anderer okkupiert und zerstört, die Rohstoffe anderer geplündert und die Frauen derselben anderen zweifach und dreifach ausgebeutet, sei es als Maquiladora, Putzfrau oder Prostituierte für die Bedürfnisse der selbsternannten Zivilisierten. Man müsse das eben zivilisiert und parlamentarisch lösen, durch Einkehr, Gespräch, durch Wahlen, die Sozialforen und das Europaparlament! Was letztendlich bleibt, ist Heuchlerei und darüber hinaus ein ruhiges Gewissen, wenigstens im Prinzip, als (bewußter) Langzeitkommunist, mit alledem nicht einverstanden zu sein. Dann muß halt der Begriff der „Pluralität“ hinhalten, wo Widerstandskonzepte zu kurz kommen – und somit ist, als Krönung der Bescherung, jede innere Parteikritik auf bürgerlichem Wege, wie es sich geziemt, im Namen der Vielfalt und Toleranz, faktisch unterbunden! Der Kommunismus, der schon einmal eine Umkehrung in sein Gegenteil, in autoritäre Parteilinie und sture Dogmatik, erlitten hat, wird sich nicht freuen. Jetzt predigt man wegen der Angst vor seiner deterministischen Strenge kurzum seine philosophische Auflösung...
LG
Mladen Savić