hallo genossInnen!
hab mir (nach einwenig ausschlafen) jetzt eiwenig gedanken zu den eindruekcen des parteitages gemacht:
einerseits zu den problemen mit den abstimmungsmodus und andererseits zu den dort inhaltlich vertretenen positionen.
zum abstimmungsmodus. wie doris schlager schon richtig bemerkte: man haette sich leicht ausrechnen koennen dass es etwa so enden wuerde. einwenig mathematik einwenig statistik gemischt mit dem wissen dass vermutlich jeder nur wenig persoenlich bekannte ankreuezen wird und dass das meist nicht fuer 50 prozentmehrheiten reichen wird. ebenso das problem dass anfaenglich viel zu wenige wahlzellen aufgestellt waren. eine kurze kopfrechnung haette hier ebenfalls schon bei der vorbereitung das problem erkennen lassen. (das couragierte einschreiten von genossin stiefsohn hat hier das schlimmste verindert...)
was das schockierende an diesen problem ist: wir wollen eine andere welt. wir wollen die spielregelen veraendern nach denen gespielt wird aber wir schaffen es nichteinmal vernuenftige spielregeln fuer unsere eigenen wahlvorgaenge aufzustellen. das aufstellen von veraenderten spielregeln sollte ja eigentlich unsere kernkompetenz. die wissenschaftlichkeit unseres weltbildes betonen wir bei jeder gelegenheit aber anscheinend ist es damit nicht so weit her. wie wollen wir gesellschaftliche tendenzen und kraefteverhaeltnisse abschaetzen um drauf aufbauend aktionen zu finden die dise kraefte nuetzt um die welt in unserem sinne zu veraendern und zu verbessern? das zumindest waere was ich mir als laie unter wissentschtlichem marxismus vorstellen wuerde.. und das setzt neben kentnissen an mathematik, statistik, soziologie und in unserer komplexen vernetzen welt knowhow in vielen anderen spezialgebieten vorallem voraus dass wir auch gewillt und gewohnt sind die welt mit einem kritischen wissenschaftlichen blick zu betrachten...
in diesem sinne ist dieser parteitag in jedem falle in ziemlich grosses armutszeugniss fuer unsere partei. wem ist das ganze vorzuwerfen? offensichtlich uns allen die wir dort mitgestimmt haben ohne uns gedanken zu machen, die wir uns aus der vielzahl an wahlmodi einen herausgepickt haben ohne nachzudenken wie das ablaufen wird... vielleicht war es aber auch nicht blos unvermoegen an kritischem denken, vielleicht war es auch ganz einfach das alte phaenomen: jede/r verlaesst sich auf die anderen. sind ja eh genuegend leute dort die "herumgscheitln" mit ihren geschaeftsordnungsantraegen die werden sich doch schon was dabei gedacht haben..
aber in einer partei die zunehmend auf die hilfe von freiwilligen baut werden wir uns daran gewoehnen muessen dass das was wir nicht selbst mitdenken nicht mitgedacht wird und das wo wir nicht selbst mitanpacken nicht erledigt wird. an dieser stelle laesst sich schoen an die gedanken von kurto anknuepfen: die partei als paltform sehen in der man/frau projekte verwirklichen kann ist wichtiger als alle paar jahre mal auf parteitagen eine stimme abzugeben fuer projekte die ohnehin nicht umgesetzt werden wenn man nicht selbst mitmacht.. von der idee seine meinug kundzutun und irgend wer wir dann schon das machen wofuer gestimmt wurde sollten man/frau sich verabschieden.
nichtsdestotrotz brauchen wir eine vernuenftige stabile wahlordnung. meine ideen dazu in einem eigenen mail.
der zweite punkt betrifft die positionen die am parteitag vertreten wurden bzw die personen die fuer diese postitionen standen und die tatsache dass sie in dem einfen fall eine mehrheit bekommen haben und in dem anderen fall nur knapp unterlegen sind.
dass hier leute die z.b. in der eu-frage die falsche (und am ersten teil des parteitages ja zum glueck abgelehnte forderung nach einem austritt vertreten) womit sie den menschen nationalismus und regionalpatriotismus als loesung fuer die probleme der globalisierung verkaufen wollen und dass solche standpunkte so grosse zustimmung finden ist ebenfalls einer kommunistischen partei eigentlich unwuerdige. interessant finde ich dass sich diese leute hier auf marxismus berufen wo doch bei marx genau das gegenteil nachzulesen ist.
auch auf eine wissenschaftliche analyse der bestehenden gesellschaft koennen sie sich bei solchen positionen wohl kaum beraufen. es ist doch mit freien augen erkennbar dass, um gegen konzern, deren macht inzwischen groesser ist als die kleiner und mittlerer staaten, auftreten zu koennen es staatliche institutionen bedarf die maechtiger sind als diese. (nicht dass die bestehende EU dies in grossem stile machen wuerde.. in den meisten bereichten arbeitet sie leider den konzernen in die haende aber es geht darum dass ein kampf ueberhaupt moeglich gemacht werden kann.. wer nicht kaempfen kann hat schon verloren)
hier bin ich wieder bei dem eingangs erkannten problem: wissenschaftlichkeit, sachliche analyse sind defizite in unserer partei. auf allen seiten, aber wie mir scheint dort am staerksten wo die besinnung auf den marxismus am lautesten gefordert wird. (so machte sich das steirische programme ja nirgends die muehe die umstrittene eu-frage sachlich aus analysen abzuleiten. die im steirischen programmentwurf gefundene "analysen" waren grossteils "no-na-ned" einsichten die in kaum in einem verhaeltniss zu dem im hinteren teil angefuehrten aktionsprogramm standen.
was tun um diese situation zu verbesseren? es wurde marxistische schulung vorgeschlagen. ist meiner gut und da ich ja auch noch laie auf diesem gebiet bin begruesse ich es sehr. aber ich denke diese schulungen reichen nicht. was es noch dringender bedarf ist eine andere diskussionskultur. diese sollte vorallem auf sachliche fragen eingehen und stets bereit sein mit analysen und sachlichen ableitungen die positionen zu begruenden. es sollte in unserer partei verpoent zu sein positionen zu vertreten die man nicht notfalls ausreichend argumentieren kann sondern einfach so, oder "weil wir das immer schon so gemacht haben" oder weil es "dazu schon irgendwann mal ueberlegungen gab" oder es mit floskeln zu beantworten (ala: "ich will mehr fuer die arbeiterkallse tun" oder "weil es um das K geht") oder weil zufaellig gerade leute aus der einen oder anderen fraktion dafuer oder dagegen sind.
d.h. das naechste mal wenn wir ein/e genossIn treffen fragen wir: ach du bist in opositin zu dieser oder jener linie? gut. schoen. was sind denn deine hauptkritikpunkte? kannst du 3, 4 oder 5 wichtige gegensaetzte bennenen? kannst du diese punkte sachlich argumentieren? warum kommst du hier oder dort zu anderen schlussfolgerungen? sicherlich werden sich auf diese weise nie alle differenzen ausraeumen lassen. gesllschaftlicher kraefteverhaeltnisse lassen sich nicht mit der praezission einer mikrometerschraube ermitteln, die wirkung neuer technologien of unsere gesellschaft laesst sich nicht bis in jedes detail auf jahre prognostizieren, etc, etc, etc, ... trotz korrekter argumentationslogik koennen daher auffassungsunterschiede bestehenbleiben. aber: wenn wir zumindest versuchen rational vorzugehen werden aus meinungsverschiedenheiten keine persoenlichen differenzen sondern sachliche auffassungsunterschiede.
um uns sachlich auseinandersetzten zu koennen brauchen wir nicht alle eng befreundet. vielleicht sind solche beziehungen zum teil auch hinderlich: man ist versucht positionen nur desshalb zu beziehen weil sie im eigenen beziehungsumfeld vertreten werden ohne sich selbst damit kritisch auseinander zu setzen. und gute freundschaft kann trotz sachlicher meinungsverschiedenheiten bestehen.
manchmal kann das eine oder andere argument vielleicht auch einen standpunkt aendern. niemand ist perfekt und es ist keine schwaeche einen fehler einzugestehen. es ist eine groesse. (in diesem sinne habe ich eine tiefe hochachtung vor den vielen alten genossInnen die es geschaft haben sich voellig von den standpuntkten von "damals" zu loesen, die lehren aus der geschichte zu ziehen und die heute ein glaubhaft vertretenes, konsistentes weltbild vorweisen koennen. genau das ist zeichen der intellektuellen faehigkeiten die die KP braucht).
staendiges hinterfragen ist auch aus einem anderen grunde wichtig: schliesslich kann, in einer welt die sich immer rascher immer staerker veraendert eine position die gestern noch sinnvoll war heute schon kontraproduktiv sein...
besonders absurd finde ich in diesem zusammenhang die position mancher genossInnen zur volksstimme. hier wird gefordert man moege die zeitung in ein stumpfes verkuendungsorgan offizieller parteimeinung umfunktionieren. eine lebendige KP braucht aber eine offene zeitung mit denkanregungen von aussen und kontroversiellen beitraegen. dass solche offene meinungsbildung nicht nur in internen parteizeitungen sondern auch nach aussen hin passiert halte ich fuer extrem wichtig: pluralitaet und offenheit kann man leicht proklamieren. glaubhaft vermitteln koennen wir sie nur in gelbter form. die volksstimme war fuer mich ein wesentlicher grund der partei beizutraegen. genau wegen dieser offenheit.
fuer eine wissenschaftliche, rationale KP. politik mit herz, aber bitte aus dem kopf und nicht aus dem bauch.
lg mond.