Liebe Leute,
T. Zenker zeigt wieder mal, wie man die Antideutschen falsch, nämlich von einer (befreiungs-)nationalistischen Weise kritisiert. Er erkennt zwar, dass die Antideutschen den US-Imperialismus als "zivilisatorische" Konkurrenz zum "barbarischen" deutschen Imperialismus betrachten und deshalb befürworten. Aber er selbst ist dem Imperialismus keineswegs abgeneigt, wie er glauben machen möchte. Neben einer Verharmlosung des demokratischen Deutschimperialismus, der seit 45 im Fahrwasser der USA geschäftsmäßig äußerst erfolgreich war, setzt er auf den (Befreiungs-)imperialismus der "unterdrückten Völker". Und diesen Schmarrn verkauft er und seinesgleichen als Antiimperialismus. So weit, so altbekannt. Es scheint, als ob im Vorfeld des 8.Mai zu praktischen Störmanövern gegen die Antideutschen gehetzt werden soll.
lg, Rol
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Tibor Zenker: Die "Antinationalen" - rechte Positionen in antifaschistischer Verkleidung
07.05.2007, 21:32 Beitrag von: Tibor Angezeigt: 88
Seit Beginn der 1990er Jahre haben einige ehemalige Linke in Deutschland und Österreich einen Sonderweg nach rechts beschritten. Sie bilden jenes ideologische Konglomerat, das als "antinational" oder "antideutsch" bezeichnet wird. Was als angeblich "linksradikal" und "radikale Kritik" daherkommt, ist in Wahrheit ein politisch im rechten Raum anzusiedelndes, elitäres Wirrnis. Es basiert ebenso auf einer gewissen Orientierungslosigkeit wie auf dem schlechten Gewissen radikalisierter BürgerInnen- und KleinbürgerInnenkinder nach Wegfall des antifaschistischen Teiles von Deutschland.
Wohl wurde hier mit dem absehbaren Erstarken des deutschen Imperialismus ein gravierendes Problem erkannt, doch wird versucht, es mit dem Beelzebub auszutreiben: nämlich mit der Bejahung eines anderweitigen Imperialismus, eines Konkurrenzimperialismus, namentlich des Imperialismus der USA. Diese angeblichen "Linken" orientieren sich nicht mehr am gesellschaftlichen, sozialen Antagonismus, an der Eigentumsfrage, sondern wollen geradezu die Linke vom Antikapitalismus befreien. Sie "befreien" die als ArbeiterInnenbewegung verstandene Linke auch von ihrem historischen Subjekt: Als zentrales Element besteht in der "antinationalen" Ideologie eine gewisse Urangst des pseudo-intellektuellen elfenbeinernen Narrenturms vor der Masse - nämlich jener des Proletariats und der Mehrheit der Weltbevölkerung in den abhängigen und unterdrückten Ländern. Diese sind, wie Marxismus und Klassenkampf lehren, revolutionäre Subjekte in Bezug auf die Überwindung des gegenwärtigen Monopolkapitalismus (Imperialismus) und seiner Gesellschaftsformation.
Die "Antinationalen" misstrauen diesen Massen, sprechen ihnen revolutionäre, progressive Einsichten ab, schreiben ihnen Dumpfheit und - in der Regel gerade die eigenen - Vorurteile zu. Sie verachten und bekämpfen diese entrechteten Massen. Folgerichtig unterstützt die "antinationale" Ideologie das vorherrschende globale System, d.h. die Teilung in imperialistische Herrschaftszentren und abhängige Peripherie. Mehr noch: sie unterstützt dabei notwendigerweise die imperialistische Zentralmacht USA. Zwar ist natürlich richtig, dass diese der Gegenpart des deutschen Imperialismus im Kampf um die globale Hegemonie sind, doch sind sie als gegenwärtige Hegemonialmacht tatsächlich zur Zeit selbst die größte Gefahr für den Weltfrieden und die Hauptursache für das Elend der Menschen in den abhängigen Ländern. Der deutsche Imperialismus der Gegenwart ist daneben (noch) ein harmloser Säugling. Doch dem weiteren Aufkommen des deutschen Imperialismus ist nicht mit dem antideutschen Pro-Amerikanismus beizukommen, sondern ausschließlich mit internationalistischem Antiimperialismus. Wer aber auf den Konkurrenzimperialismus als "Lösung" setzt, orientiert bloß auf den nächsten Weltkrieg.
Gegenüber dem Marxismus entbehrt die antinationale Ideologie vor diesem Hintergrund jeder historisch-materialistischen Grundlage, sie führt stattdessen neue "Bezugspunkte" ein. Ein zentraler Bezugspunkt ist an der faschistischen Form des deutschen Imperialismus und am Holocaust festgemacht. Fraglos steht der deutsche Faschismus für das verbrecherischste Terrorregime, das es bislang auf diesem Planeten gab, ebenso fraglos ist das gewaltigste Verbrechen dieses deutschen Faschismus der systematische industrielle Massenmord an Millionen Menschen. Daher wird nun freilich keinE MarxistIn etwas anderes behaupten, als dass jeder neuen Aggression des deutschen Imperialismus und ebenso jedem Antisemitismus überall und immer sofort entgegengetreten werden muss; als zentrale oder sogar alleinige Bezugspunkte eines linken Theoriesystems taugen der deutsche Faschismus und der Holocaust jedoch nicht. Diese beiden Hauptanliegen der "antinationalen" Ideologie sind ahistorisch, idealistisch aufgeladen und klassenindifferent angewandt - oder bestenfalls so weit klassenspezifisch, als sie grundsätzlich den Imperialismus verewigen helfen, ob gewollt oder nicht.
Realistisch gesehen ist die "antinationale" Ideologie ein bloß gewendeter Deutschnationalismus - ohne Deutschtum kein Antideutschtum und gerade in Österreich ist nichts in gründlicherer Weise deutsch als die hiesige Sektion der "Antinationalen". Ihre Bezugspunkte sind letztlich erstrecht nationalistischer Natur, insbesondere bezüglich einer völlig undifferenzierten Betrachtung der USA und Israels sowie einer zutiefst nationalistischen, chauvinistischen bis rassistischen Feindschaft gegenüber jedem Widerstand gegen die Auswüchse des Imperialismus. Somit ist die "antinationale" Ideologie ein negativ definierter, aber real positiver Nationalismus - und mit den USA wird ausgerechnet der aggressivste, kriegerischste und verbrecherischste aller gegenwärtig existierenden Nationalstaaten zum positiven Bezugspunkt gemacht; auch der zumeist allzu blinde positive Bezug auf die israelische Staatsmacht ist angesichts der Okkupationspolitik und ihrer brutalen Methoden in den palästinensischen Gebieten mehr als fragwürdig: damit erweist man der israelischen politischen Rechten und dem Militarismus wohl einen guten, hingegen dem israelischen Staat an sich, Friedensperspektiven und nicht zuletzt den in Israel lebenden Menschen einen schlechten Dienst.
Den USA (und Israel als Regionalmacht) werden von den "Antinationalen" historisch-messianische Sendungen zugestanden, wie sie sich der Faschismus oft angemaßt hat. Ebenso wie in der Propaganda des deutschen Faschismus (nun um 180 Grad gewendet) erhält die "antinationale" Propaganda mittels ihrer Verschwörungstheorien eine einzige Kategorie von Feinden, von denen sie umgeben ist: AntisemitInnen - oder gleich FaschistInnen; und wer solche sind, entscheidet freilich die "antinationale" Inquisition in bekannt autoritärer Willkür. Ebenso wie für den Faschismus wird unter solchen Voraussetzungen auch jedes Mittel legitim. Menschen- und BürgerInnenrechte, das Völkerrecht und die UN-Charta, demokratische Grundprinzipien sowie Gleichbehandlungsgrundsätze werden abgeschafft; stattdessen zählt wieder das Recht des Stärkeren, der kraft seiner angeblichen kulturell-moralischen Überlegenheit zur Herrschaft über die Schwächeren berufen, ja verpflichtet ist. In "antinationalen" Medien wird schon mal offen die Bombardierung "islamischer Zentren" und damit der Zivilbevölkerung (!) verlangt, um sie - so wird suggeriert - aus dem Mittelalter herauszubomben... - Man fordert also offen militärische Aggressionen der imperialistischen Mächte gegen Länder der "Dritten Welt". Zur Rechtfertigung dient in der Regel alles vom offenen Rassismus (insbesondere gegenüber AraberInnen und Menschen islamischen Glaubens), über kulturkämpferische Zivilisierungsideologien bis hin zu mechanistischen Fortschrittsphantasien. So propagiert die "antinationale" Ideologie in Wirklichkeit einen antihumanistischen Rückfall in die dunkelste Barbarei. (Erwähnt sei aber, dass hier eine gewisse Bandbreite vorliegt - natürlich gibt es auch "gemäßigte" Antinationale.) - Der gemeinsame Nenner, der den "Antinationalen" und dem Faschismus zugrunde liegt, lautet eben: Imperialismus.
Die "Antinationalen" sind Rechte mit einer pseudo-antifaschistischen Maskerade, die mehr als durchsichtig ist. Wer den Imperialismus nicht bekämpft, braucht vom Faschismus nicht reden. Wer den Imperialismus de facto unterstützt, ist nicht nur zur antifaschistischen Tat unfähig, sondern er fördert das neuerliche Erstarken des Faschismus geradezu. Dahinter steht natürlich auch ein völlig absurdes "Verständnis" des Faschismus: Wenn das Wesen des Faschismus der Holocaust sein soll, dann dient dies im Sinne einer Nicht-Fassbarkeit des Holocausts der Anti-Aufklärung - man leistet abermals einen "Bärendienst" am Antifaschismus und am Kampf gegen den Antisemitismus. Wird so "argumentiert", dann hat der Faschismus freilich mit dem Monopolkapital oder überhaupt mit dem Kapitalismus kaum noch was zu tun. Und man landet erstrecht wieder bei nationalistischen Bezugspunkten: hauptverantwortlich für den Faschismus ist nicht mehr das imperialistische Monopolkapital (natürlich nicht, denn die "Antinationalen“ sind ja pro-imperialistisch), sondern sind "die Deutschen", womit die Konstruktion der "Volksgemeinschaft" der NS-Ideologie zur erneuten Anwendung, nun durch die angeblich antifaschistischen "Antinationalen", gelangt. Auch hier bedürfte es bloß einer gewissen Differenziertheit anstelle der dumpfen "antinationalen" Pauschalisierungen: Freilich muss es eine kollektive Verantwortung und ein entsprechendes historisches Bewusstsein geben. Aber die "antinationalen" Verkürzungen ermöglichen es geradezu, dass sich die bestimmenden politisch-ökonomischen Interessensgruppen, die nun mal in einer gegebenen Klassengesellschaft ein Handlungsprimat haben, dahinter oder darin verstecken können.
Der blinde positive Bezug zu den USA unterstreicht den Pseudo-Antifaschismus der "Antinationalen": dass gerade die USA ein höchst unsauberes Verhältnis zum Faschismus haben, zeigen z.B. die Unterstützungen der historischen faschistischen Staatsstreiche in Chile und Griechenland, und nur durch die Hilfe der USA waren die faschistischen Diktaturen auf der iberischen Halbinsel derart langlebig. Dieses Verhältnis kann auch kaum anders sein, höchstens aufgrund sehr spezifischer Interessenslagen in Einzelfall. Denn der Imperialismus kann per se nicht antifaschistisch sein, ist der Faschismus doch die äußerste Konsequenz des dem Imperialismus unweigerlich innewohnenden Drangs zu Antidemokratismus, Reaktion und Gewalt. - Für den praktischen Antifaschismus sind die Positionen der "Antinationalen" daher nicht nur wertlos, sondern hinderlich und gefährlich.
Treten nun die diversen Ansätze der "antinationalen" Ideologie zusammen, so ergibt sich eine zentrale Technik im pro-imperialistischen Kampf gegen revolutionäre Bewegungen und Bestrebungen: beinahe jede emanzipatorische Bewegung, jede ernsthafte Kapitalismuskritik, SozialistInnen ebenso wie KommunistInnen, Befreiungsbewegungen gegen imperialistische Unterdrückungsszenarien etc. müssen in die Nähe des Antisemitismus gerückt werden, damit auf diese Weise revolutionäre Befreiungskämpfe in den Zentren wie in der Peripherie moralisch delegitimiert werden können. Dass es hierbei in der Regel mit der Wahrheit nicht gerade genau genommen wird, versteht sich im Sinne einer konsequenten Imperialismusapologie von selbst. Entweder wird sehr selektiv abstrahiert oder wiederum ein eigenes Vorurteil hineininterpretiert, das niemals vorhanden war - oder es wird einfach unverschämt gelogen. Schlussendlich zimmert sich die "antinationale" Ideologie in ihrem Kampf gegen die revolutionären Bewegungen immer wieder bemerkenswert bizarre Verschwörungstheorien zusammen, die wohl Dan Brown vor Neid erblassen ließen. Man bedient sich hierzu allzu banaler Gleichsetzungen, einer manipulierenden "Hermeneutik" und geradezu infantiler Wortverdrehungen, die bar jeder Vernunft sind - von den fehlenden logischen Kausalzusammenhängen gar nicht zu sprechen.
Die "antinationale" Ideologie ist mit ihrer pro-imperialistischen Realität in ihren Nuancen zutiefst reaktionär, antiemanzipatorisch und gegebenenfalls konterrevolutionär; sie ist rassistisch, chauvinistisch und militaristisch, mitunter sexistisch; sie ist eine in ihrer Ausrichtung antiproletarische und ihrem Charakter nach bürgerliche Ideologie im Kampf gegen den Marxismus und Sozialismus, sie nützt offensichtlich ausschließlich den Interessen des Imperialismus. Das Eindringen dieser Ideologie in die Organisationen der ArbeiterInnenbewegung zu unterbinden, erscheint als wichtige Aufgabe. Ihr grundsätzlich entgegenzutreten, ist eine vorrangige Aufgabe für jede progressive Organisation, die sich zum Selbstbestimmungsrecht der Nationen, zum Recht der ausgebeuteten und unterdrückten Menschen auf ein Leben in Freiheit und Würde sowie zum Kampf für die Gleichstellung der Geschlechter bekennt. - Auch gegenüber dem "antinationalen" Maskenball gilt: Kein Fußbreit den Rechten, Reaktionären und Imperialisten!
Quelle: http://www.kominform.at/article.php?story=20070507213232247