Liebe GenossInnen,
anbei findet Ihr eine Kritik an der Teilnahme der KPÖ an der "Anti-Mauer-Demo". Der Text wird morgen an den BuVo weitergeleitet. Will ihn jemand unterstützen? Bitte rasch Bescheid sagen.
Freiheit Roland
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Der Schutz von Leben ist wichtiger als das Recht auf uneingeschränkte Freizügigkeit!
Kritik und deren Begründung am Aufruf der KPÖ zur Teilnahme an der Demo am 25. 09. 2004, anlässlich des Jahrestags der zweiten Intifada.
Die Mauer ist ein notwendiger Schutzzaun
Beim Sicherheitszaun, der um die Westbank gebaut wird, handelt es sich um eine defensive Maßnahme, die von der Mehrheit der israelischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger begrüßt wird. Aber auch die israelischen Araberinnen und Araber haben relativ wenig gegen den Bau einzuwenden, was dazu führt, dass palästinensische Anti-Zaun-Aktivisten arabischen Israelis mangelnde Unterstützung vorwerfen. Geplant wurde der Anti-Terror-Zaun bereits von Scharons Vorgänger Barak. Begonnen wurde der Bau mit der Zustimmung der Knesset 2002, nachdem der Oslo-Prozess endgültig gescheitert war und die Al-Aksa-Intifada ausgerufen worden war. Seit dem Herbst 2000 haben zahlreiche Menschen durch die neuerliche Terroroffensive durch Selbstmörder und auch Selbstmörderinnen ihr Leben verloren oder wurden verletzt.
In die Schlagzeilen geriet das Bauvorhaben, weil der Zaun nicht immer entlang der "Grünen Linie", der Grenze zwischen Israel und dem Westjordanland gebaut werden soll. Der Verlauf des Zaunes wurde vom Obersten Gerichtshof in Israel kritisiert; der Plan musste abgeändert werden. Seither wird um den Verlauf gestritten und es sollen mehr Tore und Übergänge errichtet werden. Das enteignete Land wird den Palästinensern ersetzt, wenn sie den Grundbesitz nachweisen können. Auch der (kurz befristete) Gang zum Obersten Gerichtshof in Jerusalem ist möglich. Die rechtsstaatlichen Möglichkeiten sollen hier keineswegs übergroß bewertet werden denn in jedem bürgerlichen Staat hat sich auch die Justiz "ganz unabhängig" an die staatlichen Bedingungen anzupassen. Doch muss schon darauf hingewiesen werden, dass Einspruchmöglichkeiten vorhanden sind. Es ist klar, dass der Bau für die palästinensische Bevölkerung zum Teil starke Einschränkungen bedeutet, doch ist er aus obigen Gründen notwendig.
Israel errichtete schon vor Jahren an der Grenze zum Libanon und zum Gaza-Streifen Sicherheitszäune, welche Intifadaterroristen an ihrem blutigen Werk nachhaltig stark behindern. In den letzten Jahren hat es faktisch niemand geschafft, die Sperranlage um den Gaza-Streifen zu überwinden.
Die palästinensische Autonomiebehörde kann nicht oder ist nicht Willens, dem Terror Einhalt zu gebieten. Somit kann Israel nicht in Absprache mit der palästinensischen Führung handeln, da es schon seit längerem keinen ernstzunehmenden Verhandlungspartner mehr auf palästinensischer Seite gibt.
Sowohl Teile der israelischen Linken als auch die ganz Rechten, vor allem aus der Siedlerbewegung sind, aus unterschiedlichen Motiven versteht sich, gegen den Zaun. Selbst Scharon war ursprünglich wenig begeistert von der Sperranlage, da er sich damit bei den Siedlern und Siedlerinnen in der Westbank nicht beliebt machte.
Der IGH in Den Haag und der OGH in Jerusalem
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag erwähnt in seinem Urteil, das als Grundlage für die UNO-Entscheidung diente, zwar den von Israel vorgebrachten Grund für den Zaunbau, nämlich den Terror palästinensischer Extremisten und Extremistinnen, doch spielten diese sicherheitspolitischen Interessen Israels bei der ablehnenden Urteilsfindung keine Rolle; wobei, nebenbei erwähnt, der IGH ebenfalls fälschlicherweise von einer Mauer, anstatt von einem Zaun spricht. Das zuvor ergangene Urteil des Obersten Gerichtshofes in Jerusalem wurde von Den Haag einfach ignoriert.
Apartheidmauer?
Wer von einer "Apartheidmauer" spricht, verharmlost nachträglich das ehemalige südafrikanische Regime. Doch ist es seit langem in der Linken verbreitet, alles und jedes willkürlich mit schlimmen Ausdrücken zu belegen, egal ob es zutrifft oder nicht. Wenn der Zionismus als Rassismus diffamiert wird, ist der Apartheid-Vorwurf nicht weit weg. Der Bau einer "Mauer" soll dann als Beweis dienen. Vielleicht war am Ende sogar die DDR ein Apartheidstaat; dort gab es bekanntlich auch eine Mauer? Die verquere Sicht der Linken kann diese Denkmöglichkeit schon nahe legen.
Mauern und Zäune die verbinden sollen?
Geradezu hirnrissig ist der Hinweis, dass Zäune bzw. Mauern trennen würden. So als ob ein Zaun bzw. eine Mauer einen Sinn machen würde, wenn die Trennung nicht schon länger offensichtlich geworden wäre.
Zäune und Mauern sind ein Zeichen des Misstrauens. Im Falle Israels ist dieses Misstrauen mehr als berechtigt. Hunderte tote Zivilistinnen und Zivilisten beweisen das. Man kann diese Trennung beklagen, doch ändert diese Klage nichts an den real existierenden Feinderklärungen und Frontstellungen. Im Falle einer offen ausgebrochenen Konfliktsituation bleiben Friedenserklärungen Makulatur, solange Leben nicht geschützt werden kann.
Die Sperranlage besteht bisher auf einer Länge von 8 Kilometern (ca. 3% der gesamten Länge) tatsächlich aus einer Betonmauer. Diese wird an Orten errichtet, an denen die Gefahr von Heckenschützen besteht, etwa bei Tulkarem. Es ist wohl einleuchtend, dass gegen Kugeln auch keine Zäune helfen, sondern eben nur Mauern!
Wer nur "weg mit der Mauer" fordert, steht dem ungehinderten Zugang palästinensischer Selbstmordterrorristen und Terroristinnen zu ihren potentiellen Opfern gleichgültig gegenüber. Der Zaun ist keine gute Lösung, doch in der Situation in der sich Israel heute befindet, ist sie die erträglichste.
Das Verhalten der KPÖ. Peinlich wie eh und je
Kommunisten und Kommunistinnen sollten Erklärungen liefern und Analyse betreiben, woraus dann die entsprechende Kritik folgen sollte. Durch diese Vorgehensweise unterscheidet sie sich von der übrigen Linken, die sich dauernd empört und die Moral in Stellung bringt.
Dass dem nicht (mehr) so ist, zeigt sich daran, dass die KPÖ die Bezeichnung "Apartheidmauer" kritiklos übernimmt, wenn weder von "Apartheid" und genau genommen nicht einmal von einer "Mauer" die Rede sein kann; wenn sie weiters ungeprüft auf eine Website verlinkt, auf der etwa "Beweise" für die jüdische Weltverschwörung geliefert und die gefälschten "Protokolle der Weisen von Zion" als interessante Fakten präsentiert und als beachtenswert angesehen werden (siehe: http://www.freunde-palaestinas.de/fp/page/akte2003/002semitismus/060104g ilad.html).
Da die Partei es bis jetzt unterlassen hat, eventuelle Argumente gegen die Mauer vorzubringen, abgesehen von der Nachäffung der unguten Statements des linken Mainstreams, sollte sie zumindest schweigen und weder zur Demo aufrufen, noch irgendeine Unterstützung gewähren.
Die Unterzeichnenden sind der Ansicht, dass das opportunistische Buhlen um Bündnispartner aus dubiosen Zusamenhängen langfristig der KPÖ mehr schadet als nützt. Auch kurzfristig sind nämlich nicht die anvisierten Partner die "nützlichen Idioten" sondern die KPÖ. Denn jeder Trottel kann Fahnen halten und den üblichen Scheiß-Sermon (siehe Aufruftext) lallen. Das sollte aber für eine historisch-materialistische Partei zu wenig sein: Falls die Bündnisse aber aus tiefster Überzeugung eingegangen werden, müssen die inhaltlichen Übereinkünfte mit dem historisch-materialistischen (marxistischen) Ansatz kompatibel sein. Im von uns kritisierten Fall lässt sich nicht einmal der Hauch eines emanzipatorisch-kritischen Ansatzes entdecken!
Oder aber man schmeißt alles Kommunistische über Bord und ist gleich bei der ehrlicheren antiimperialistischen Demovariante dabei, wie es die "GenossInnen" von der nVs mit ihrer "Kommunistischen Initiative für eine Erneuerung der KPÖ" in ihrer unnachahmlichen Art immer wieder vorexerzieren.
Bei der Demo vom Westbahnhof wird zwar die Intifada explizit nicht erwähnt und der Aufruftext ist auch nicht so blutrünstig gehalten. Doch auch die "gemäßigte" Demo ist um nichts besser und ihre Inhalte sind ebenso falsch, wie diejenigen der offen antisemitischen Intifada-Freaks. Beide "Demovarianten" interessieren weder Fakten, noch Diskussionen über die tatsächliche Lage. Beide Demos sind vom Ressentiment gegen Israel getragen.
Wir sind selbstverständlich weiterhin solidarisch mit der KPÖ, aber nicht mit der Teilnahme der Partei an dieser dubiosen Veranstaltung. Weder an der ehrlicheren Intifada-Demo, noch an der verlogeneren "Anti-Mauer-Demo".