lieber Kurto, liebe GenossInnen,
aus dem Text von Kurto kann ich mir ein Stimmungsbild machen, aus welchem mehr Klarheit hervorgeht, als aus "offiziellen" Verlautbarugen. Es scheint wirklich so zu sein, dass Linke in der Partei nur als ImpulsgeberInnen gebraucht würden; "wichtige" Entscheidungen werden in "bewährter" Altherrenmanier getroffen. Die ganze Vorgehensweise war ein klares Mißtrauensvotum gegenüber der EKH-Verhandlungsgruppe. Baier und leider auch Michael Graber, worüber ich persönlich sehr enttäuscht bin, dürfen sich nicht wundern, wenn sie nicht mehr ganz ernst genommen werden. Wenn Kurto sogar daran denkt, auszutreten, muss der Zustand sehr düster sein. Und genau das ist der Punkt: Austreten gerade jetzt bedeutet doch, dass Baier schalten und walten kann, wie er will. Wer soll den den Baiers noch Paroli bieten? Wenn kein Platz mehr für Linksradikale, linker Flügel, usw. bleiben sollte, dann werden wir sowieso irgendwann rausgeträngt. Aber diese Position sollte, gerade aus der GO Dogma, niemand freiwillig aufgeben, obwohl der Frust über die Partei mehr als verständlich ist. Es ist sehr bedauerlich, dass die (mittlerweile Ex-)Genossinnen Sabine Sölkner, Sylvia Köchl und Tina Leisch der Partei den Rücken gekehrt haben und dass andere folgen wollen. Dringend nötig wäre es, die ex-Genossinnen und neue Leute für eine Plattform links von Baier zu gewinnen, obwohl mir bewusst ist, dass es wie ein Hohn klingt, gerade jetzt Leute f ü r die Partei zu gewinnen. Es kann doch nicht sein, dass, wie Kurto sie treffend charakterisert, die autistische Führung sebstherrlich das einzige autonome Zentrum verkauft und damit sicher zerschlägt; und als Nachfolgeeffekt verabschieden sich auch noch diejenigen aus der Partei, die dem ganzen Treiben am ehesten Widerstand und bessere Inhalte entgegensetzen könnten. Wollt Ihr, werte GenossInnen, es der Parteileitung so einfach machen? Ich hoffe, nicht.
LG Roland
hallo genossInnen normalerweise denkt man ein problem zu ende und teilt seine eigenen schlussfolgerungen dann denen mit, von denen man sich erhofft, sie könnten durch ihre kritik und unterstützung die gedanken verfeinern, um dann gemeinsam die conclusio öffentlich zu vertreten. 3 1/2 wochen vor dem parteitag ist meine stimmung ein dichter brei zwischen entschlossenheit und verunsicherung und ich möchte diese meine lage hier mit ein paar thesen und vorschlägen präsentieren, in der hoffnung, dass euch was dazu einfällt..
wir sind alle in der erwartung eines ruhigen, zukunftsweisenden parteitag in den herbst gegangen, wahrscheinlich auch in der hoffnung, dass der parteitag eine klärung und abrechnung mit der parteirechten bringt mit einer später folgenden wie auch immer gearteten annäherung an so manche steirische genossInnen.
völlig überraschend traf uns der verkauf des ekh und zeigte wieder auf, dass uns linken in der partei nur der platz der impulsgeberInnen und theorieentwicklerInnen zugetraut wird. zum wiederholten mal hat eine handvoll funktionärInnen (baier, graber, stiefsohn, ...) die allesamt schon länger als ein jahrzehnt, baier und graber schon länger als 20 jahre in ähnlich verantwortlicher position zum wohle der partei in autistischer art und weise eine entscheidung getroffen haben, die vielen von uns die luft zum politischen atmen genommen hat. es geht nicht um solidarität mit autonomen versus solidarität mit der kpö, es geht auch nicht um träumerei versus finanzrealismus, sondern um politische verläßlichkeit und berechenbarkeit und das vertrauen auf kollektive beschlußfassungen.
es gab eine arbeitsgruppe, die das ziel hatte eine lösung des ekh-dilemmas zu erarbeiten. die katastrophale verkaufsperformance wird jetzt sogar gegen uns gerichtet. wir hätten nichts weitergebracht und seien letztendlich durch den klammheimlichen verkauf vor gewissenskonflikten geschützt worden. (waltraut stiefsohn auf der stadtleitungssitzung, in der die wiener leitung vom verkauf informiert wurde, 3 stunden nachdem dies schon auf standard-online nachzulesen war)
ein paradebeispiel von paternalistischem handeln, das einerseits auf die eingebunkerte entscheidungssituation der fast ewigen führung andererseits auf das selbstbewußtsein dieser führung, nur sie könne die partei retten, andererseits zurückzuführen ist.. der kpö-newsletter befasst sich seitenweise mit der verbreitung von kominform-inhalten, die diese nicht verdient hat, die verbreitung von strategien der führung spielt dort keine rolle.
wir sind tief getroffen, da uns mit dieser vorgangsweise das mißtrauen ausgesprochen wurde und wir, ohne das sie es wahrscheinlich wollten, von der führung mit den rechten in der partei in einen topf geworfen wurden. 3 genossinnen sind bereits ausgetreten 15 weitere überlegen sich diesen schritt (ich gehöre übrigens auch dazu) und bereits jetzt kommt darauf nur die antwort, diese würden sich aus der verantwortung stehlen, die sie jetzt mitübernehmen sollten.
auch das argument, des schweren politischen schadens in großen teilen der politischen linken in wien wird geleugnet. damit wird uns erneut die fähigkeit der einschätzung abgesprochen. die go dogma hat einen antrag an die wahlvorschlagskommission gerichtet, dass weder baier, graber noch zach dem neuen bundesvorstand angehören sollen, nicht als rache oder selbstüberschätzung, sondern aus der tiefen überzeugung, dass ein anderer, kollektiverer führungsstil, also ein wesentlicher parameter für die organisatorische umsetzung des politischen programms der öffnung, von diesen drei genossen gehemmt werden würde.
es liegt mehr als ein jahrzehnt zurück das walter baier damals als bundessekretär der kpö, in vorbereitung des linzer parteitags meinte, er werde nicht mehr kandidieren. heute gilt er in der kpö als genauso unersetzbar wie damals und dies ist die meinung der großen mehrheit des vernünftigen kerns der partei. für michael graber gilt dies in noch höherem maß. dies ist ein resultat unsystematischer (oder nichtvorhandener) kaderpolitik, die sowohl für die beiden, als auch für die kpö eine erstarrende situation herstellen.
ich gehe davon aus, dass sich die ängstlichkeit der schweigenden mitte, die am parteitag ohne steiermark die große mehrheit darstellen wird, eine wiederwahl fordern wird, unser vorhaben inclusive faktischem ausschluß von uns, auf großes unverständnis stossen wird. Trotzdem möchte ich mich dafür einsetzen, genossInnen zu suchen, die die enge aufbrechen könnten, die eine gesprächsbasis zur steiermark herstellen können und gleichzeitig ein klares signal an die linke darstellen, die weit größer ist als die paar wichtigen menschen, die mit uns bei den eu-wahlen kandidiert haben. um eines klar zu stellen: ich selbst sehe mich weder qualifiziert genug, noch akzeptiert genug, eine rolle in dieser neuen kollektiven führung zu spielen.
die austrittsoption von mir und vielen anderen dogma- und jungen genossInnen ist keine position der stärke, sondern eine der verzweiflung, in dem politischen umfeld, in dem wir jetzt und künftig politik machen werden, weiter tätig sein zu können. niemand will austreten, viele sehen sich aber gezwungen, wenn die autistische und autoritäre entscheidung keine folgen haben würde.
auf der intensiven suche nach kompromissen ist mir heute folgendes eingefallen, was ich euch noch zur diskussion stellen möchte:
- das verhätnis zu den steirischen genossInnen, die geschlossen dem
parteitag fernbleiben werden wird nicht kurzfristig zu verbessern sein. da nicht nur die politische realität, sondern auch die ideologische ausrichtung klar unterschiedlich ist, gleichzeitig die positionen nicht unvereinbar, sondern gegenseitig tolerabel sind, wäre mittelfristig eine CDU/CSU-Lösung spannend.. mit unterschiedlichen leitungen, einem koordinierungsausschuß, viel kommunikation und gegenseitigen respekt.
- die vorgangsweise bezüglich der gruppe, die den amstettner parteitag
organisiert finde ich charmant und zielstrebig, das ist zu unterstützen und zügig umzusetzen.
- sollte der parteiruf nach baier und graber so groß sein, dass sie
erneut wiedergewählt werden, schlage ich vor, dass wir darüber verhandeln, dass folgendes vereinbart wird, das den faktischen ausschluß vieler linker in der kpö verhindern könnte: a) es wird beschlossen, dass der nächste parteitag im frühjahr 2006 stattfindet. b) baier und graber geben bekannt, dass sie an diesem parteitag nicht mehr kandidieren. c) diejenigen, die sich zum austritt gezwungen sehen, verzichten darauf und lassen ihre mitgliedschaft bis zum nächsten parteitag ruhen..
der vorteil wäre, dass die partei nicht an einer stelle bricht, die nicht notwendig ist. es wären 15 monate zeit, dass sich genossInnen auf verantwortliche positionen vorbereiten könnten, dass für die steirerInnen genug raum ist, sich auf ihre 2 wichtigen wahlen vorzubereiten, die kpö sich konsolidieren könnte und die öffnung bis märz/april 2006 sinnlich wahrnehm- und überprüfbar sein wird. eine teilnahme der kpö an den gemeinderatswahlen in wien (egal ob herbst 2005 oder frühjahr 2006) erscheint mir derzeit sowieso als völlig zwecklos.
ich danke euch für das lesen und hoffe auf viele reaktionen
kurtO
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