Jugendpolitik - in der Partei
Im Vorfeld des Parteitags hat es einige Aufregung bei KSV und KJÖ wegen meiner Kandidatur für den Bundesvorstand gegeben. Gleich wie Manfred Mugrauer, der im letzten Argument seine beabsichtigten Beiträge am Parteitag in schriftlicher Form eingebracht hat, möchte auch ich einige m.E. wichtige Überlegungen zur Jugendpolitik schriftlich nachreichen. Doch vorab noch zur Kandidatur: seit längerem weise ich wohl zurecht darauf hin, dass sich die Jugendpolitik der KPÖ nicht ausschließlich auf die ausgezeichnete Arbeit des KSV und die schwierigen und unterschiedlich erfolgreichen Bemühungen der KJÖ stützen kann. Wir brauchen Konzepte und Verantwortliche, die neben der Unterstützung unserer befreundeten Jugendorganisationen, es den verschiedenen Bezirks- und Landerorganisationen ermöglichen verstärkt die Jugend anzusprechen. Als ich hatte Anfang Mai aufgrund dieser wohl von niemandem bezweifelten Hinweise von verschiedenen GenossInnen für die Kandidatur zum Bundesvorstand vorgeschlagen wurde, habe ich aus persönlichen Gründen und auch darum abgelehnt, weil für mich die weitere Entwicklung kommunaler Politik in Wien eine wichtige und herausfordernde Aufgabe ist. Meine kurzfristige Entscheidung für die vorgeschlagene Kandidatur doch zur Verfügung zu stehen, und das Versäumnis mich in der kurzen verbleibenden Zeit über meine Ideen mit den Jugendverbänden (und nicht nur mit vielen jungen Parteimitgliedern) auseinander zu setzen, waren grobe Fehler.
Jugendpolitische Überlegungen für die Arbeit der KPÖ müssen bei den sozialen und kulturellen Lebenswelten und Problemen verschiedener Jugendlicher ihren Ausgang nehmen und zur Beantwortung folgender Fragen führen: Wie formulieren unterschiedliche Jugendliche heute ihre brennenden sozialen und kulturellen Probleme, wie äußern sie ihren Protest? Welche Jugendlichen stehen uns für die Zusammenarbeit in Projekten, Bündnissen und auf Dauer am nähesten? Welche Schritte können die verschiedenen Parteigruppen setzen, um bei Jugendlichen Anerkennung als treibende Kraft zur Lösung ihrer und der allgemeinen gesellschaftlichen Probleme zu bekommen? Welchen notwendigen Lernprozessen muss sich die KPÖ stellen, um für das breitere Engagement junger Menschen innerhalb der Partei attraktiv zu sein?
Klar ist, dass in ihren objektiven Lebensperspektiven die meisten jungen Menschen von den wirtschaftlichen Krisen und Umstrukturierungen, von den Verschärfungen durch die herrschende Sozial- und Bildungspolitik besonders stark betroffen sind. Studierende gleich wie Lehrlinge, SchülerInnen, Arbeitslose oder ungelernt unter meist miserablen Verhältnissen Arbeitende, haben immer mehr Grund zu radikaler Wut auf die herrschenden Verhältnisse. Immer mehr eines Teils dieser junge Menschen zeigen diese Wut auch. Die weltweit seit einigen jahren wachsenden Bewegungen gegen den Kapitalismus werden von vielen jungen, oft ganz jungen Menschen getragen. Immerhin ist es ihre Generation, der so nachhaltig auf den Kopf geschissen wird, dass für viele ein Leben in relativem Wohlstand nur mehr ein Märchen aus Kindheitstagen und seltsame Bilder aus den Medien sind. Unter den in der sogenannten globalisierungskritischen Bewegung aktiven jungen Leuten ist die KPÖ sehr anerkannt, und sie ist es darum weil doch viele es könnten noch mehr sein GenossInnen die Proteste und das Wachsen dieser Bewegungen massiv unterstützen und mitgestalten. Dieser Teil der jungen Menschen bildet den m.E. derzeit aktivsten Teil einer neuen sozialen und politischen Dynamik und zeichnet sich auch eine neue Kultur und Herangehensweise aus: sie haben die Schnauze voll vom radikalen Individualismus vieler AltersgenossInnen, suchen aber auch nicht nach einer Wiederholung alter Formen der Organisierung und Unterordnung. In den 90er Jahren wurde zwar viel geredet von notwendiger Vernetzung seit einigen Jahren lassen sie diese neuen politischen Subjekte ganz einfach passieren. Einer ihrer Hauptsprüche vor allem im romanischen Sprachraum ist: wir gehen fragend voran. In diesem Satz steckt vieles am notwendigen Respekt gegenüber der Kompliziertheit der Verhältnisse gleich wie gegenüber den Mitkämpfenden und der gemeinsamen Bewegung. Durch verlässliche Arbeit zu zeigen, dass die Zusammenarbeit mit und die Organisierung in einer kommunistischen Partei ein wertvoller Beitrag zum Erstarken der Proteste ist, ist diesen jungen AktivistInnen gegenüber m.E. eine sehr wichtige Aufgabe.
Verstärkte Jugendpolitik in der KPÖ und von der KPÖ darf sich aber nicht nur auf die bereits politisch aktiven jungen Menschen beziehen. Wir müssen uns in den Stand bringen, auch die Probleme formulieren zu können, die die schweigenden, die sozial und kulturell Ausgegrenzten haben. Das sind viele verschiedene Gruppen in Wien z.B. müssen unsere zarten Wurzeln zu den Verbänden von MigrantInnen und Kindern von EinwanderInnen rasch wachsen, denn sie sind der weiter wachsende Teil des Proletariats, der vor vielen Problemen steht, sich langsam zum politischen Subjekt formiert aber sich durch die großen Parteien schlecht und in vielem gar nicht vertreten sieht. Zu ihren Problemen in der Ausbildung, am Arbeitsplatz, in der Freizeit, mit Behörden müssen wir Positionen formulieren. Das geht nicht vom Reißbrett, sondern nur in der Auseinandersetzung. In der KPÖ, den Jugendorganisationen und unserem anderen Umfeld gibt es vielfältiges Know-how, über die wir gebündelt informieren sollten: Arbeitsrechtliche und Sozialberatung, Unterstützung zur Lösung von Mietproblemen, Angebote zur Selbstorganisierung oder auch nur zur Freizeitgestaltung. Wer sich öfters an Verteilaktionen der KPÖ beteiligt, wird merken, dass Interesse an unseren Materialien bei vielen jungen Menschen aus den unterschiedlichsten Milieus besteht. Viele finden es einfach gut, dass es uns und unsere Positionen gibt, nicht wenige interessieren sich für unsere Orte und Aktivitäten. Das ist ein hoffnungsvolles Zeichen, auf das wir mit verstärkten gemeinsamen Bemühungen und möglicherweise mit der Erweiterung der Jungendverantwortung auf mehr als eine Person mit verschiedenen Schwerpunkten reagieren sollten.