Lieber Mond, liebe gods,
die angeblichen vielen Überlegungsfehler Auingers würden mich wirklich mal im Detail interessieren. H. Auinger hat Dir übrigens eine Antwort geschrieben (siehe unten), die ich auf die Homepage gestellt habe; unter (Keineswegs so)Umstrittene Texte. Zu dem von Dir ausgesandten Marx-Text: die von Marx kritisierten "Doktoren der Sozialwissenschaften" treffen auf den GegenStandpunkt genau genommen nicht zu. Und falls doch, dann wäre das auch im Detail zu überprüfen. Der GegenStandpunkt ist keineswegs gegen Streiks im Allgemeinen, sondern es muss den Streikenden und Demonstrierenden klar sein wofür und wogegen es geht. Eine derartige Klarsicht ist leider in Ö fast niemals der Fall. Zu einer solchen möchte der GegenStandpunkt verhelfen. Ein Beispiel aus dem letzten Jahr: Ihre harsche Kritik gegenüber dem ÖGB kann ebenfalls als antigewerkschaftliche Haltung aufgefasst werden. Orientiert man sich an ihrer Kritik und nimmt diese Ernst bzw. auch nur zur Kenntnis, dann ist ihre Haltung verständlich, kommen sie doch wegen ihrer Kritik zu keiner positiven Bewertung des ÖGB. Aber anstatt ihnen ihre anti-ÖGB-Einstellung vorzuwerfen und etwa als "nicht links" abzutun, sollten wir uns fragen, was den an ihrer Kritik dran ist und ob eine solche Ablehnung berechtigt ist. Eine Herausforderung stellen Auingers Texte, wie es scheint, allemal dar. :)
LG Roland
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Die Antwort von H. Auinger.
Vom Unterschied zwischen Kritik und Nörgelei
(Gegenstand sind die einleitenden zitierten Auslassungen des Genossen Mond zu meinen Texten auf der Homepage der GO Dogma. Die Reihenfolge ist von mir, Groß- und Klein-schreibung sowie Tippfehler wurden von mir korrigiert.) Unterstellungen, aber keine Kritik; Kritik, aber keine Vorschläge Problem der Texte ist dass sie dem "Gegenueber" immer leicht zu widerlegende naive An-sichten unterstellen. Ebenfalls problematisch ist dass zwar viel kritisiert wird aber keine Ge-genstrategien daraus konstruiert werden. Auinger präsentiert hier altbekannte Kritik an der bürgerlichen Demokratie. Präsentiert allerdings keine Gegenvorschläge. Dem jeweiligen Gegenüber wird gar nichts unterstellt; es wird das Gegenüber immer ausführlich zitiert, damit ein Leser, sofern überhaupt gewillt, die Argumentation zur Kenntnis zu nehmen, die Kritik an der angegriffenen Position nachvollziehen kann und nicht mit unbe-wiesenen Behauptungen konfrontiert wird, die er glauben kann oder auch nicht. Eine Vor-gangsweise, die dem Mond offenbar unbekannt ist er bleibt den Beweis, daß gar nicht die Position des Gegenüber beurteilt wird, sondern daß dem eine Position unterstellt wird, die dieses Gegenüber nicht vertritt, wie immer schuldig. Jede Strategie und jeder Vorschlag sind aus der Kritik an dem, was einem nicht paßt, ab-zuleiten; was man vorhat, ergibt sich doch selbstverständlich aus der Kritik, die man an den Verhältnissen hat. Wenn der Mond die Kritik ihrem Inhalt nach zur Kenntnis nehmen würde, könnte ihm vielleicht sogar ein diesbezügliches Licht aufgehen. Das erzbürgerliche und gegen jede Kritik ignorante Dogma, man dürfe auf keinen Fall nur kritisieren, sondern müsse auf alle Fälle um sich die Berechtigung zur Kritik überhaupt zu verdienen mit einem positiven Vorschlag aufwarten, das ist nichts als die unverschämte Forderung, auf alle Fälle positiv zu den Verhältnissen zu stehen. Angenommen, die Kritik hat ergeben, daß die Verhältnisse das nicht verdienen? Wenn herauskommt, daß die Demokratie gar keine Einrichtung ist, die den möglichen Einfluß der arbeitenden Mehrheit auf die politische Macht und damit auch den möglichen Nutzen der sozial Schwachen aus der marktwirtschaftlichen Ordnung eröffnet sondern eine Herrschaftstechnik, die dem modernen Kapitalismus auch noch die Zustimmung seiner vielen working poor organisiert wozu sollt man da noch einen Gegenvorschlag austüfteln? Dasselbe Ergebnis, nur anders? Die Strategie, die aus dieser Kritik folgt, ist ebenso schlicht wie naheliegend: Dann muß man sich halt mit unzufriedenen Leuten, die im-mer noch glauben, die Demokratie sei ein Mittel für ihre Interessen, und die deswegen sogar Zeit und Mühe in eigene Kandidaturen investieren, herumstreiten, um sie davon abzubringen. Zur frommen Frage, wo nach der ach so negativen Kritik das Positive bleibe, noch ein nettes Zitat eines bürgerlichen Schriftstellers: Es gibt eine Redensart, daß man nicht nur niederreißen, sondern auch wissen müsse, aufzu-bauen, welche Phrase von gemütlichen und oberflächlichen Leuten allerwegs angebracht wird, wo ihnen eine sichtende Tätigkeit unbequem gegenübertritt. Die Redensart ist da am Platz, wo obenhin abgesprochen oder aus törichter Neigung verneint wird; sonst aber ist sie ohne Verstand. Denn man reißt nicht stets nieder, um wieder aufzubauen; im Gegenteil, man reißt recht mit Fleiß nieder, um freien Raum für Licht und Luft zu gewinnen, welche überall sich von selbst einfinden, wo ein sperrender Gegenstand weggenommen ist. Wenn man den Dingen ins Gesicht schaut und sie mit Aufrichtigkeit behandelt, so ist nichts negativ, sondern alles ist positiv, um diesen Pfefferkuchenausdruck zu gebrauchen. (Gottfried Keller, Der grüne Heinrich) Daß eine Kritik an der bürgerlichen Demokratie dem Mond ohnehin schon altbekannt ist, kann sein oder auch nicht widerlegt ist sie durch diesen originellen Hinweis jedenfalls nicht. Sie ist nicht einmal thematisiert. Ich glaube auch nicht, daß sie dem Mond tatsächlich bekannt ist eine Kritik, die diesen Namen verdient, ist nämlich wesentlich mehr als ein bloßes Ab-winken, mehr als der Hinweis: ich bin dagegen. Die Ablehnung hat sich schon durch die Darstellung der abgelehnten Sache zu rechtfertigen, sonst ist sie ohne Substanz. Kritik heißt nicht, daß man die eigene grundlos negative Einstellung an diversen Gegenständen zur An-schauung bringt, sondern daß man die Sache klärt, deswegen heißt auch die Kritik der politi-schen Ökonomie so. Wenn dem Mond die Kritik an der Demokratie geläufig wäre, dann wüßte er auch, daß es ein Fehler ist, sich die Demokratie in Form eines Gegenvorschlags schöner vorzustellen zu wollen, als die real existierende bürgerliche ist. Ein Dogma: Die Bewegung ist nicht naiv! In diesem Text von H. Auinger wird der attac-slogan "spielt nicht mit dieser Welt" in einer moeglichst naiven Weise interpretiert um dann einen "GegenstandPunkt" zu dieser naiven Interpretation zu konstruieren unterstellt in gewohnter GegenstandPunkt-Manier der globalsierungskritischen Bewegung naive Kapitalismuskritik Der Slogan "spielt nicht mit dieser Welt" wird überhaupt nicht interpretiert, er wird von mir so zur Kenntnis genommen, wie attac ihn formuliert, wörtlich und im Original eben. Ich gehe schon davon aus, daß es sich bei den Protagonisten von attac um geistig zurechnungsfähige Leute handelt, die imstande sind, ihre Positionen adäquat auszudrücken, so daß die Slogans und Behauptungen von attac auch so gemeint sind, wie sie dastehen. Falls Mond das anders sieht oder falls er der von attac zur Interpretation bevollmächtigte Sachwalter ist, weil die selber es einfach nicht schaffen, ihre eigenen Positionen korrekt darzustellen, dann bitte um eine diesbezügliche Information. Der Mond bleibt das Argument für seine Unterstellung, daß dieser Slogan eigentlich einen anderen, und natürlich einen nicht-naiven Gehalt hätte, wie immer schuldig. Übrigens: Falls ich den Slogan wirklich zuerst um-interpretiert und erst nachher kritisiert hätte, würde mir der Mond und ausnahmsweise zurecht vorwerfen, daß ich gar nicht die authentische attac-Position, sondern meine eigene Unterstellung zum Thema mache ... Noch eine Bemerkung in Sachen naiv: Das Wort kommt in meinem langen Text gar nicht vor. Naiv trifft attac auch nur insofern, als diese Bewegung richtiggehend methodisch na-iv auftritt, im Sinn von vorsätzlich gutgläubig. Anders ausgedrückt: attac produziert Naivitä-ten am laufenden Band, aus politischen Erwägungen und nicht aus Weltfremdheit. Die Leute sind ja Studierte, und keine Kindergarten-Mitglieder. Die Bewegung glaubt, wenn sie die ver-antwortlichen Politiker mit deren eigenen Sonntagsreden über Wohlstand, Umwelt, Frau, Menschenwürde, soziale Absicherung und Allgemeinwohl konfrontiert, könnte sie diese in den Sonntagsreden formulierten Ideale gegen die tatsächlich praktizierte Verarmungspolitik in Anschlag bringen, nach dem Motto: Wenn wir schon unermüdlich bekunden, daß wir ganz fest an das Gute in der Politik und an Eure edlen Pflichten und Aufgaben glauben, dann könnt Ihr letzten Endes doch gar nicht mehr anders, als dem schönen Bild gerecht zu werden, das wir ständig von Euch malen. (Achtung, Mond: Das war kein attac-Zitat, sondern meine Cha-rakterisierung von deren Naivitäten.) Und insofern ist die Bewegung dann auch wirklich unglaublich naiv. Absichtlich. Komplementär zu dieser idealistischen Auffassung von Politik die attac-Interpretation von Hunger, Not und Elend: Verantwortungslosigkeit, Unterlassungen sehen sie überall walten. Kritik untauglich, weil unvollständig! Auinger unterstellt der globalisierungskritischen Bewegung dass dort keine anderen Model-le angedacht werden als der Sozialstaat der 70er Jahre. Anscheinend hat er die interessantes-ten Veranstaltungen bei den Sozialforen verpasst Dieser Text von Auinger unterstellt der globalisierungskritischen Bewegung dass sie meint die Beseitigung von Steueroasen waere ausreichend um alle Probleme der Welt zu beheben. Eine absurde Unterstellung. Albern ist die Unterstellung wirklich, nur stammt sie nicht von mir, sondern vom Mond, der sie netterweise gleich selber widerlegt: Wenn er schon bemerkt hat, daß ich mit den attac-Auffassungen sowohl zum Sozial- als auch zu denen vom Steuerstaat nicht einverstanden bin, ist es ein wenig gedankenlos, zweimal den identischen Einwand loszuwerden ich würde fälschlicherweise glauben, die Bewegung sei jeweils ausschließlich auf entweder den Sozial-staat oder die Steuerpolitik fixiert. Und sogar wenn ich noch nie was von der Tobin-Tax oder der Anti-Gats-Kampagne gehört hätte, sogar dann widerlegt der Hinweis, daß die Bewegung nicht nur über den Sozialstaat ihren Unsinn verzapft, sondern auch über den öffentlichen Sek-tor, kein einziges Argument meiner Kritik ihrer Auffassungen zum Sozialstaat! Die besteht vom Mond wieder mal nicht zur Kenntnis genommen nämlich nicht in der absurden Unter-stellung, daß die Bewegung außer Sozial- und Steuerpolitik nichts bequatschen würde, son-dern wirft ihr vor, was sie darüber vermeldet, nämlich daß sie zu beiden Abteilungen kon-struktive Gegenvorschläge entwickelt, und auf diese Weise das unerfreuliche real existierende Sozial- und Steuerwesen schönredet, indem die schlechte Wirklichkeit als die Möglichkeit ihrer eigenen Verbesserung dargestellt wird. Trostlos sind diese Auslassungen von Mond insgesamt, weil er sich kritisierend zu schaffen machen will, ohne sich auf die Themen überhaupt einzulassen: Ohne einen Nebensatz, ohne auch nur ein Wort zur Sache es geht doch um Demokratie, Steuern, Sozialstaat und noch einiges, oder nicht? zu vermelden, will er doch was dagegen sagen, und bleibt daher in die-sem trost- und substanzlosen Meckern stecken. Kritik geht nämlich nicht so, daß man andere Positionen mit der eigenen vergleicht und alles, was davon abweicht, dann halt irgendwie abfällig belegt. Das ist keine Kritik, sondern die übliche innerlinke Wadlbeißerei. Kritik heißt, daß man eine Sache oder eine andere Position nach-denkt, gedanklich verfolgt und dadurch ihre Momente bzw. ihre Mängel und Widersprüche dingfest macht. (Übrigens, Mond: Auch die beleidigte Wiederholung eines Vorwurfs Auinger wirft mir substanzloses Meckern vor, stimmt, so ist es wäre keine Widerlegung des Vorwurfs, ok? Da mußt Du Dich schon ein bißchen mehr anstrengen.)
-----Ursprüngliche Nachricht----- Von: franz schaefer [mailto:schaefer@mond.at] Gesendet: Freitag, 10. September 2004 23:36 An: Roland Starch Cc: god@mond.at Betreff: Re: [god] uraltes neues vom gegenstandpunkt
Sollen wir den Herbert Auinger für Sonntag, den 19. September zu uns einladen? Eventuell schon ab 16 oder 17 Uhr, damit diejenigen die sich partout nicht mit ihm auseinandersetzen wollen, es auch nicht müssen?
wie gesagt: ich halte nicht viel von einer auinger einladung: wenn einer in seinen ueberlegungen 1 oder 2 oder 3 fehler macht dann kann man darauf hinweisen und sagen: hier oder da sind wir nicht einer meinung das sollten wir diskutieren..da kann dann spannendes rauskommen was fuer beide seiten etwas an erkentnissen bringt. der auinger ist aber so ein wirrkopf der es schaft in 10, 20 oder 30 ueberlegungsfehler in einen relativ kurzen text einzubauen.. da erwarte ich mir dann nicht mehr viel konstruktive diskussion...
lieber roland: ich hab in jetzt eh 2 mails geschrieben die einige der fehler von auinger aufzeigen. (hast du den marx text gelesen? den kannst du auf fast jede auingerzeile direkt anwenden... ) vielleicht sollten wir zuerst mal darauf eingehen.
kein neuer unsinn bevor der alte nicht aufgeraeumt ist! :-)
lg mond.