Liebe Leute,

am 5.12.2006 gibts im Cafe 7stern, um 19 Uhr wieder eine Diskussionsveranstaltung der Gruppe Gegenargumente (www.gegenargumente.at, diesmal zur Gewerkschaft.

Grüsse, Roland

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Die GEGENARGUMENTE - bieten regelmäßig einmal im Monat Gelegenheit zur politischen Diskussion zu den Themen der jeweils letzten Radiosendungen "Gegenargumente" und "Kein Kommentar" auf Radio Orange 94.0.

Ort: Cafe 7stern, Siebensterng. 31, 1070 Wien, jeweils um 19:00 Uhr

Dienstag, 5. Dezember 2006, um 19:00 Uhr

Thema: "Die Gewerkschaft"

Achtung! Keine Solidaritätsveranstaltung!

Was der ÖGB braucht – viel Geld –, haben wir nicht, und wenn wir es hätten, würden wir’s dem ÖGB nicht schenken.

Achtung! Kein Beitrag zur ÖGB-Reform!

Das anstehende "Gesundschrumpfen", die Einsparungen, die Personalausdünnung und die Versuche, mit moralischem ("Solidarität!") und juristischem Druck den ÖGB-Pensionisten die vertraglich garantierte Zusatzpension zu senken; kurz, die Behandlung der Gewerkschaftsangestellten und -pensionisten als "Kostenfaktor" – das kriegen Hundstorfer und Kollegen schon hin. Zur Frage, wie das – auch dadurch gewonnene – Geld in Zukunft zwischen Einzelgewerkschaften und Dachverband zu verteilen ist, haben wir keine Meinung. Und sonstige publik gewordene Vorschläge von Initiativen, die ausgerechnet in der Geldnot des ÖGB eine Chance für ihre bisher missachteten Anliegen wittern – Mehr Frauen in Gewerkschaftsfunktionen! Keine zu großen Einkommen für Funktionäre! Keine Mehrfachfunktionen und -bezüge! Wahl des Vorsitzenden durch die Basis und überhaupt mehr Abstimmungen! Mehr Engagement des ÖGB für "prekär" Beschäftigte! – sind mit der Gewerkschaft offenbar so zufrieden, dass sie abgesehen von der aufs gewerkschaftliche Image bezogenen Nörgelei über zu wenig Frauen und zu viel Einkommen dem ÖGB nur vorwerfen, dass er nicht alle vom Zwang zum Geldverdienen Betroffenen mit der ihm eigenen Effizienz vertritt, sondern nur die althergebrachten "Vollzeitbeschäftigten" …

Zur Erinnerung: Die Bank des ÖGB verspekuliert sich und ist in den USA von einem Verfahren wegen Bilanzfälschung und Betrug bedroht, der ÖGB übernimmt die Verluste, zahlt die Kläger aus und muss dafür die Bank und diverse Vermögenswerte verkaufen, er verliert dadurch auch eine bisherige Einnahmequelle in Gestalt der Dividenden; sein Ansehen als moralische Instanz ist weg, was sich auf die Mitgliedsbeiträge ebenso auswirkt wie auf sein Gewicht in der Öffentlichkeit und seine Mobilisierungsfähigkeit; die bisherige Position der Gewerkschafter innerhalb der SPÖ ist ebenso abhanden gekommen und der damit verbundene politische Einfluss drastisch reduziert – so weit, so bekannt. Der Treppenwitz besteht nun darin, dass ein normaler Arbeitnehmer oder Arbeitsloser gar nicht merken wird, zumindest nicht beim Einkommen und den Arbeitsbedingungen, dass er bis gestern von einer angesehenen, finanziell potenten und einflussreichen Organisation vertreten wurde – die heute ein "Glaubwürdigkeitsproblem" hat, als wirtschaftlich inkompetent dasteht und im Interesse ihrer Organisationsbilanz gegen ihre eigenen Betriebspensionen kämpft!

Das liegt an der Gewerkschaft. Denn falls ein Arbeitnehmer in Österreich bisher schon der Meinung war, dass er zu wenig verdient, konnte ihm einiges einfallen: Vielleicht einen Job suchen, der mehr einbringt – es hängt aber nicht von ihm ab, ob es solche Jobs überhaupt gibt und ob er einen davon ergattert. Oder Überstunden machen, mit dem Nachteil, noch weniger Zeit fürs Leben zu haben – es hängt aber wieder nicht von ihm ab, ob der Betrieb welche verlangt. Oder Lotto spielen. Auf eine Idee ist der Mensch mit seinen Geldsorgen auch bisher nicht gekommen: Auf die Idee, dass es gegen proletarische Geldprobleme ein Mittel gibt, nämlich eine Gewerkschaft. Wie denn auch?

Eines ist ziemlich klar, nicht nur Marxisten. Falls Arbeiter im Kapitalismus etwas für sich erreichen wollen, bzw. mehr erreichen wollen als das, wofür sie ohnehin eingeplant sind – als Abhängige nach den betrieblichen Vorgaben mehr oder weniger zu arbeiten und zu verdienen, entlassen zu werden, Steuern zu zahlen und sich darüber zu beklagen, dass der "kleine Mann" und die "kleine Frau" immer "die Dummen" sind – dann müssen sie sich zusammentun. Und dann müssen sie auf Basis der Gewissheit, dass ein solidarisches Proletariat schon etwas in der Hand hat, ihre Macht als vereinigte Arbeiter auch einsetzen. Ebenso klar ist, dass der ÖGB eine solche Organisation des Klassenkampfes nicht ist und nicht sein will. Er will nichts als ein ordentlicher "Partner" sein, und kein Gegner.

Kritisiert wird dennoch, vor wie nach der "Bawag-Affäre", von der Öffentlichkeit, der Politik und den Unternehmern wegen mangelnder "Flexibilität" und "überholten" Vorstellungen von Arbeitsrecht und Arbeitszeit und Ladenöffnungszeiten. Darauf kontert der ÖGB in der Regel mit "Gesprächsbereitschaft". Auch von links gibt es Einwände – die Gewerkschaft sei "zu wenig kämpferisch" oder drücke schon länger vor einer "Richtungsentscheidung". Aber vielleicht ist es genau andersherum: Der ÖGB hat nie gewerkschaftliche Anliegen oder Prinzipien "verraten". Er hat auch bei der Interessenvertretung nichts falsch gemacht. Das "Problem" der Gewerkschaft sind womöglich gar nicht ihre angeblichen Fehler, das Problem ist, dass sie eine Gewerkschaft ist. Insofern ist zu klären, was die Gewerkschaft macht, anstatt über das zu jammern, was sie alles nicht macht. Vielleicht ist das, was sie nicht macht, auch gar nicht ihre Sache.

Gegenargumente im 7stern am 5.12.2006 um 19 Uhr

Thema: Die Gewerkschaft