hallo,
hier wieder eine Veranstaltungsankündigung. Mehrfachzusendungen bitte zu entschuldigen.
lg, Rol
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GegenStandpunkt & Diskussion
Kritik - wie geht das? Referent: Dr. Peter Decker
Donnerstag 4. März 2010, 19:00 Neues Institutsgebäude (NIG) der Uni Wien, Universitätsstraße 7, 1010 Wien
Kritik ist in der Demokratie nicht verboten. Sie wird auch nicht gefürchtet. Sie ist kein Privileg. Jeder kritisiert und beschwert sich.
Rundfunk und Fernsehen, Zeitungen, die freie Wissenschaft und die konkurrierenden Parteien machen es sich und ihrem Publikum geradezu zur Pflicht, kritisch zu sein. Man stört sich nicht daran, dass eine solche Pflicht Kritik zu einer Haltung erklärt, die immer und überall angebracht und berechtigt ist - als ob es nicht ein wenig davon abhinge, was einer vor sich hat, wenn er Einwände vorbringt. "Kritisch" zu sein, das wird zu einer subjektiven Einstellung relativiert, die man sich zulegt oder auch nicht, zu einer Art Voreingenommenheit, die sich gar nicht mehr aus der Kritikwürdigkeit des Gegenstands begründet, auf den sich der kritische Geist richtet.
Andererseits ist mit der Allgegenwart kritischer Einstellungen die begründete Ablehnung einer Sache - jenes theoretische Handwerk, das den Namen "Kritik" verdient - so gut wie ausgestorben. An ihre Stelle tritt der Brauch, Gott und die Welt mit Verbesserungsvorschlägen zu überschütten. Rechte, linke und ganz normale Bürger üben sich in der Disziplin der konstruktiven Kritik, ganz als ob es logisch und zwingend wäre, dass aus Einwänden niemals die Ablehnung des Kritisierten, sondern stets dessen Vervollkommnung zu folgen hat. An allem, woran kritisch denkende Zeitgenossen Anstoß nehmen, wollen sie hilfreich mitwirken - wirklich an allem!
Da wird die Unfähigkeit von Sozialpolitikern kritisiert, die Lage der Armen zu verbessern, auch wenn die das gar nicht versuchen. Professoren, Studenten, Journalisten, Gewerkschafter, Oppositionelle beteiligen sich in kritischer Solidarität an den "Problemen" der Universität, des Staatshaushalts, der Finanzkrisenbewältigung und des Krieges in Afghanistan usw. usf. Höchstens dort, wo es nichts zu kritisieren gibt, nämlich beim Wetter, wird Kritik kompromisslos: "Für die Jahreszeit zu kühl!"
Solche Kritik als Begleiterscheinung von allem und jedem führt einerseits nicht dazu, dass die Gründe für Kritik schön langsam beseitigt werden, so dass mit der Verbesserung von allem und jedem auch die andauernde Kritik überflüssig wird. Andererseits führt sie auch nicht zur Zersetzung von Staat und Gesellschaft; was ja immerhin beim ewigen Fortbestand der Gründe für Kritik nicht ganz abwegig erscheint - und früher und anderswo von der Obrigkeit auch gefürchtet, bekämpft und unterdrückt wurde und wird.
Das liegt nicht an Kritik überhaupt, sondern an einer absurden demokratischen Kritik-Kultur. Die Bürger kritisieren, was das Zeug hält - aber sie machen es verkehrt: Sie wissen, wie sich Kritik hier gehört - aber nicht, wie sie geht. Der Vortrag will darlegen, was sie verkehrt machen, so dass ihre Kritik regelmäßig entgleist und immer wieder bei der Bekräftigung des Kritisierten landet.
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