hallo genossInnen!
hab mir (nach einwenig ausschlafen) jetzt eiwenig gedanken zu den eindruekcen des parteitages gemacht:
einerseits zu den problemen mit den abstimmungsmodus und andererseits zu den dort inhaltlich vertretenen positionen.
zum abstimmungsmodus. wie doris schlager schon richtig bemerkte: man haette sich leicht ausrechnen koennen dass es etwa so enden wuerde. einwenig mathematik einwenig statistik gemischt mit dem wissen dass vermutlich jeder nur wenig persoenlich bekannte ankreuezen wird und dass das meist nicht fuer 50 prozentmehrheiten reichen wird. ebenso das problem dass anfaenglich viel zu wenige wahlzellen aufgestellt waren. eine kurze kopfrechnung haette hier ebenfalls schon bei der vorbereitung das problem erkennen lassen. (das couragierte einschreiten von genossin stiefsohn hat hier das schlimmste verindert...)
was das schockierende an diesen problem ist: wir wollen eine andere welt. wir wollen die spielregelen veraendern nach denen gespielt wird aber wir schaffen es nichteinmal vernuenftige spielregeln fuer unsere eigenen wahlvorgaenge aufzustellen. das aufstellen von veraenderten spielregeln sollte ja eigentlich unsere kernkompetenz. die wissenschaftlichkeit unseres weltbildes betonen wir bei jeder gelegenheit aber anscheinend ist es damit nicht so weit her. wie wollen wir gesellschaftliche tendenzen und kraefteverhaeltnisse abschaetzen um drauf aufbauend aktionen zu finden die dise kraefte nuetzt um die welt in unserem sinne zu veraendern und zu verbessern? das zumindest waere was ich mir als laie unter wissentschtlichem marxismus vorstellen wuerde.. und das setzt neben kentnissen an mathematik, statistik, soziologie und in unserer komplexen vernetzen welt knowhow in vielen anderen spezialgebieten vorallem voraus dass wir auch gewillt und gewohnt sind die welt mit einem kritischen wissenschaftlichen blick zu betrachten...
in diesem sinne ist dieser parteitag in jedem falle in ziemlich grosses armutszeugniss fuer unsere partei. wem ist das ganze vorzuwerfen? offensichtlich uns allen die wir dort mitgestimmt haben ohne uns gedanken zu machen, die wir uns aus der vielzahl an wahlmodi einen herausgepickt haben ohne nachzudenken wie das ablaufen wird... vielleicht war es aber auch nicht blos unvermoegen an kritischem denken, vielleicht war es auch ganz einfach das alte phaenomen: jede/r verlaesst sich auf die anderen. sind ja eh genuegend leute dort die "herumgscheitln" mit ihren geschaeftsordnungsantraegen die werden sich doch schon was dabei gedacht haben..
aber in einer partei die zunehmend auf die hilfe von freiwilligen baut werden wir uns daran gewoehnen muessen dass das was wir nicht selbst mitdenken nicht mitgedacht wird und das wo wir nicht selbst mitanpacken nicht erledigt wird. an dieser stelle laesst sich schoen an die gedanken von kurto anknuepfen: die partei als paltform sehen in der man/frau projekte verwirklichen kann ist wichtiger als alle paar jahre mal auf parteitagen eine stimme abzugeben fuer projekte die ohnehin nicht umgesetzt werden wenn man nicht selbst mitmacht.. von der idee seine meinug kundzutun und irgend wer wir dann schon das machen wofuer gestimmt wurde sollten man/frau sich verabschieden.
nichtsdestotrotz brauchen wir eine vernuenftige stabile wahlordnung. meine ideen dazu in einem eigenen mail.
der zweite punkt betrifft die positionen die am parteitag vertreten wurden bzw die personen die fuer diese postitionen standen und die tatsache dass sie in dem einfen fall eine mehrheit bekommen haben und in dem anderen fall nur knapp unterlegen sind.
dass hier leute die z.b. in der eu-frage die falsche (und am ersten teil des parteitages ja zum glueck abgelehnte forderung nach einem austritt vertreten) womit sie den menschen nationalismus und regionalpatriotismus als loesung fuer die probleme der globalisierung verkaufen wollen und dass solche standpunkte so grosse zustimmung finden ist ebenfalls einer kommunistischen partei eigentlich unwuerdige. interessant finde ich dass sich diese leute hier auf marxismus berufen wo doch bei marx genau das gegenteil nachzulesen ist.
auch auf eine wissenschaftliche analyse der bestehenden gesellschaft koennen sie sich bei solchen positionen wohl kaum beraufen. es ist doch mit freien augen erkennbar dass, um gegen konzern, deren macht inzwischen groesser ist als die kleiner und mittlerer staaten, auftreten zu koennen es staatliche institutionen bedarf die maechtiger sind als diese. (nicht dass die bestehende EU dies in grossem stile machen wuerde.. in den meisten bereichten arbeitet sie leider den konzernen in die haende aber es geht darum dass ein kampf ueberhaupt moeglich gemacht werden kann.. wer nicht kaempfen kann hat schon verloren)
hier bin ich wieder bei dem eingangs erkannten problem: wissenschaftlichkeit, sachliche analyse sind defizite in unserer partei. auf allen seiten, aber wie mir scheint dort am staerksten wo die besinnung auf den marxismus am lautesten gefordert wird. (so machte sich das steirische programme ja nirgends die muehe die umstrittene eu-frage sachlich aus analysen abzuleiten. die im steirischen programmentwurf gefundene "analysen" waren grossteils "no-na-ned" einsichten die in kaum in einem verhaeltniss zu dem im hinteren teil angefuehrten aktionsprogramm standen.
was tun um diese situation zu verbesseren? es wurde marxistische schulung vorgeschlagen. ist meiner gut und da ich ja auch noch laie auf diesem gebiet bin begruesse ich es sehr. aber ich denke diese schulungen reichen nicht. was es noch dringender bedarf ist eine andere diskussionskultur. diese sollte vorallem auf sachliche fragen eingehen und stets bereit sein mit analysen und sachlichen ableitungen die positionen zu begruenden. es sollte in unserer partei verpoent zu sein positionen zu vertreten die man nicht notfalls ausreichend argumentieren kann sondern einfach so, oder "weil wir das immer schon so gemacht haben" oder weil es "dazu schon irgendwann mal ueberlegungen gab" oder es mit floskeln zu beantworten (ala: "ich will mehr fuer die arbeiterkallse tun" oder "weil es um das K geht") oder weil zufaellig gerade leute aus der einen oder anderen fraktion dafuer oder dagegen sind.
d.h. das naechste mal wenn wir ein/e genossIn treffen fragen wir: ach du bist in opositin zu dieser oder jener linie? gut. schoen. was sind denn deine hauptkritikpunkte? kannst du 3, 4 oder 5 wichtige gegensaetzte bennenen? kannst du diese punkte sachlich argumentieren? warum kommst du hier oder dort zu anderen schlussfolgerungen? sicherlich werden sich auf diese weise nie alle differenzen ausraeumen lassen. gesllschaftlicher kraefteverhaeltnisse lassen sich nicht mit der praezission einer mikrometerschraube ermitteln, die wirkung neuer technologien of unsere gesellschaft laesst sich nicht bis in jedes detail auf jahre prognostizieren, etc, etc, etc, ... trotz korrekter argumentationslogik koennen daher auffassungsunterschiede bestehenbleiben. aber: wenn wir zumindest versuchen rational vorzugehen werden aus meinungsverschiedenheiten keine persoenlichen differenzen sondern sachliche auffassungsunterschiede.
um uns sachlich auseinandersetzten zu koennen brauchen wir nicht alle eng befreundet. vielleicht sind solche beziehungen zum teil auch hinderlich: man ist versucht positionen nur desshalb zu beziehen weil sie im eigenen beziehungsumfeld vertreten werden ohne sich selbst damit kritisch auseinander zu setzen. und gute freundschaft kann trotz sachlicher meinungsverschiedenheiten bestehen.
manchmal kann das eine oder andere argument vielleicht auch einen standpunkt aendern. niemand ist perfekt und es ist keine schwaeche einen fehler einzugestehen. es ist eine groesse. (in diesem sinne habe ich eine tiefe hochachtung vor den vielen alten genossInnen die es geschaft haben sich voellig von den standpuntkten von "damals" zu loesen, die lehren aus der geschichte zu ziehen und die heute ein glaubhaft vertretenes, konsistentes weltbild vorweisen koennen. genau das ist zeichen der intellektuellen faehigkeiten die die KP braucht).
staendiges hinterfragen ist auch aus einem anderen grunde wichtig: schliesslich kann, in einer welt die sich immer rascher immer staerker veraendert eine position die gestern noch sinnvoll war heute schon kontraproduktiv sein...
besonders absurd finde ich in diesem zusammenhang die position mancher genossInnen zur volksstimme. hier wird gefordert man moege die zeitung in ein stumpfes verkuendungsorgan offizieller parteimeinung umfunktionieren. eine lebendige KP braucht aber eine offene zeitung mit denkanregungen von aussen und kontroversiellen beitraegen. dass solche offene meinungsbildung nicht nur in internen parteizeitungen sondern auch nach aussen hin passiert halte ich fuer extrem wichtig: pluralitaet und offenheit kann man leicht proklamieren. glaubhaft vermitteln koennen wir sie nur in gelbter form. die volksstimme war fuer mich ein wesentlicher grund der partei beizutraegen. genau wegen dieser offenheit.
fuer eine wissenschaftliche, rationale KP. politik mit herz, aber bitte aus dem kopf und nicht aus dem bauch.
lg mond.
franz schaefer schaefer@mond.at schreibt:
dass hier leute die z.b. in der eu-frage die falsche (und am ersten teil des parteitages ja zum glueck abgelehnte forderung nach einem austritt vertreten) womit sie den menschen nationalismus und regionalpatriotismus als loesung fuer die probleme der globalisierung verkaufen wollen und dass solche standpunkte so grosse zustimmung finden ist ebenfalls einer kommunistischen partei eigentlich unwuerdige. interessant finde ich dass sich diese leute hier auf marxismus berufen wo doch bei marx genau das gegenteil nachzulesen ist.
Da wüsste ich dann doch gerne, wo genau Du glaubst derartiges herauslesen zu können... Ein paar (schlampig geordnete) Anmerkungen meinerseits zu obigem Statement:
Nationaler und internationaler Kampf
Marx und Engels schreiben im Manifest z.B.: Obgleich nicht dem Inhalt, ist der Form nach der Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie zunächst ein nationaler. Das Proletariat eines jeden Landes muss natürlich zuerst mit seiner eigenen Bourgeoisie fertig werden. (MEW IV, S. 473). Angedeutet ist hier, der unabdingbare, notwendige Zusammenhang zwischen Arbeit im nationalen wie im trans- und internationalen Rahmen. Es kann kein ausschließendes Prinzip, sondern immer nur ein dialektisches, integrales geben. Ein vielzitiertes Flugblatt Karl Liebknechts aus dem Ersten Weltkrieg endet bekanntlich mit den Sätzen Der Hauptfeind jedes Volkes steht in seinem eigenen Land! (..) Diesen Feind im eigenen Lande gilt's ... zu bekämpfen, zu bekämpfen im politischen Kampf, zusammenwirkend mit dem Proletariat der anderen Länder, dessen Kampf gegen seine heimischen Imperialisten geht (Liebknecht Ausgewählte Werke, Berlin 1952, S. 300 f.). Und etwa zur gleichen Zeit schreibt Lenin: Das Kapital ist eine internationale Kraft. Um sie zu besiegen, bedarf es des internationalen Bündnisses der Arbeiter, ihres internationalen brüderlichen Zusammenschlusses. (LW XXX, S. 282 f.). Beide haben recht - heute mehr denn je. Wesentlich ist hierbei: Es besteht ein entscheidender Unterschied zwischen den Bewegungen in den internationalen Formen, Strukturen und Mechanismen des KAPITALS einerseits und dem zutiefst marxistischen Prinzip des PROLETARISCHEN Internationalismus das darf nicht oberflächlich verwechselt werden. Um dass zu verdeutlichen, will ich zunächst noch mal ein paar Schritte zurückgehen.
Der Klassencharakter des Staates
Wie ist es mit einzelnen Staaten, sog. Nationalstaaten? Engels schreibt: Der moderne Staat, was auch seine Form, ist eine wesentlich kapitalistische Maschine, Staat der Kapitalisten, der ideelle Gesamtkapitalist. (MEW XIX, S. 222). Der heutige Staat ist (in den EU-Ländern mit der gegenwärtigen Form der bürgerlichen Demokratie) immer ein Vehikel, ein Machtinstrument und sogar eine Waffe der Bourgeoisie er steht nicht neutral über den Klassen oder gar der Gesellschaft, das kann er auch nicht, solange es Klassengesellschaften gibt: Da der Staat entstanden ist aus dem Bedürfnis, Klassengegensätze im Zaum zu halten, da er aber gleichzeitig mitten im Konflikt dieser Klassen entstanden ist, so ist er in der Regel Staat der mächtigsten, ökonomisch herrschenden Klasse, die vermittelst seiner auch politisch herrschende Klasse wird und so neue Mittel erwirbt zur Niederhaltung und Ausbeutung der unterdrückten Klasse. So war der antike Staat vor allem Staat der Sklavenbesitzer zur Niederhaltung der Sklaven, wie der Feudalstaat Organ des Adels zur Niederhaltung der leibeignen und hörigen Bauern und der moderne Repräsentativstaat Werkzeug der Ausbeutung der Lohnarbeit durch das Kapital. (MEW XXI, S. 166 f.). Daraus zieht Engels für die revolutionäre ArbeiterInnenbewegung den Schluss: Es wäre also eine völlig unbegründete Illusion, sie [die bürgerliche Demokratie; Anm.] ihrem Wesen nach für eine sozialistische Form zu halten oder ihr, solange sie von der Bourgeoisie beherrscht ist, sozialistische Aufgaben anzuvertrauen. Wir können ihr Zugeständnisse entreißen, aber ihr niemals die Ausführung unserer eigenen Arbeit übertragen. (MEW XXXIX, S. 216). Das sind ganz wesentliche Erkenntnisse für KommunistInnen, gerade diese Einschätzung unterscheidet MarxistInnen, KommunistInnen von der reformistischen/revisionistischen Sozialdemokratie. Und Marx kommt eben aufgrund dieser Einschätzung (und der konkreten Erfahrung der Pariser Kommune 1871) zu einem wesentlichen Kernpunkt jeder konsequent-revolutionären Strategie: Die Arbeiterklasse kann nicht die fertige Staatsmaschinerie einfach in Besitz nehmen und diese für ihre eignen Zwecke in Bewegung setzen. Die ArbeiterInnen müssen die alte Maschinerie zerschlagen und ihre eigene Maschinerie für eigene Zwecke aufbauen. Im größeren Kontext von Antonio Gramsci erklärt: Der sozialistische Staat ... ist ein Übergangsstaat, der die Aufgabe hat, den kapitalistischen Wettbewerb abzuschaffen, indem das Privateigentum, die Klassen und die nationalen Ökonomien abgeschafft werden. Diese Aufgabe ist nicht umsetzbar auf dem Boden des demokratischen Parlamentarismus. Die Formel der Eroberung der Staatsmacht muss so verstanden werden, dass es um die Erschaffung eines neuen Typs von Staat geht, der generiert wird aus der gemeinsamen Erfahrung des Proletariats und den demokratisch-parlamentarischen Staat ersetzt. (Gramsci: La conquista dello stato. LOrdine Nuovo, 12.7.1919). Soviel also zum Staat. Ist ja alles schön und gut was bedeutet dies nun in Bezug auf die EU?
Der Klassencharakter der EU
Es herrscht wohl Einigkeit, dass die Staaten, die Mitglieder der EU sind, kapitalistische (und imperialistische) Staaten sind sie sind also im obigen Sinne nichts als ein Machtmechanismus der Bourgeoisie, den es nicht zu instrumentalisieren und transformieren, sondern in seiner Gesamtheit zu überwinden, ja zu zerschlagen gilt. Wenn nun die Einzelstaaten klaren Klassencharakter haben, wie wird es nun um einen Zusammenschluss dieser Staaten bestellt sein? Lenin bereits 1916: Natürlich sind zeitweilige Abkommen zwischen den Kapitalisten und zwischen den Mächten möglich. In diesem Sinne sind auch die Vereinigten Staaten von Europa möglich als Abkommen der europäischen Kapitalisten ... worüber? Lediglich darüber, wie man gemeinsam den Sozialismus in Europa unterdrücken, gemeinsam die geraubten Kolonien gegen Japan und Amerika verteidigen könnte. (LW XXI, S. 344). Das soll heißen, auch die Staatengemeinschaft der EU kann nur den Charakter haben, den die Staaten haben, die sie bilden: einen kapitalistischen Klassencharakter. Die EU ist nichts weiter als ein imperialistisches Bündnis kapitalistischer Staaten und kann auch gar nichts anderes sein. In diesem Sinne gilt auch im transnationalen Kontext, was Engels oben über die bürgerlich-demokratische Herrschaftsform grundsätzlich gesagt hat: sie kann niemals für unsere Zwecke instrumentalisiert werden. Da die EU ein imperialistisches Bündnis ist, muss sie als solches in ihrer Totalität überwunden werden. Es ist geradezu grotesk, zu behaupten, bei einer EU-Austrittsforderung durch MarxistInnen ginge es um Motive wie Nationalismus oder Regionalpatriotismus das Gegenteil trifft zu: Gerade das Beharren auf Mitgliedschaft in der EU, auf Integration ist schlussendlich nichts als Sozialimperialismus nun eben nicht mehr im nationalen Rahmen (wie im Ersten Weltkrieg durch die II. Internationale), sondern eben im europäischen Kleid, genau DAS ist regionale Blockbildung mit entsprechender Abgrenzung nach außen. Und das wäre seitens der Linken auch der vollzogene Schulterschluss mit dem EU-Imperialismus und wenn der vollzogen ist, dann ist es für mich nicht gerade glaubwürdig, dann an der Heimatfront die Kriegskredite (den Eurofighter-Ankauf) bekämpfen zu wollen.
Schlussfolgerungen
Was heißt das nun für den Umgang mit der EU? Das heißt, die EU ist ein gemeinsamer Machtmechanismus verschiedener kapitalistischer Staaten, der v.a. in neokolonialer Manier dazu dienen soll, die imperialistische Spaltung in Wohlstandsgesellschaft (USA, EU, Japan) einerseits und in ausgebeutete Peripherie (Entwicklungsländer) andererseits aufrechtzuerhalten. Die EU ist ein Mittel, das es den führenden kapitalistischen Staaten Europas ermöglichen soll, weltweit dafür zu sorgen, dass die Globalisierung derart bleibt, wie sie im Kapitalismus sein muss: mit allen sozialen Antagonismen, mit Armut, Hunger und Krieg etc. in den rückständigen Ländern. Die EU ist eine jener Institutionen (neben NATO, IWF, Weltbank usw.), die den Kapitalismus institutionalisieren. Das heißt, wir wollen und müssen die EU fraglos als SYSTEM überwinden nicht verändern. Die EU muss zerschlagen werden, eine wirklich friedliche und soziale Union kann es erst im Sozialismus geben, Lenin: Die Vereinigten Staaten der Welt sind jene staatliche Form der Vereinigung und der Freiheit der Nationen, die wir mit dem Sozialismus verknüpfen solange nicht der vollständige Sieg des Kommunismus zum endgültigen Verschwinden eines jeden, darunter auch des demokratischen, Staates geführt haben wird. (...) Die politische Form der Gesellschaft, in der das Proletariat siegt, indem es die Bourgeoisie stürzt, wird die demokratische Republik sein, die die Kräfte des Proletariats der betreffenden Nation oder der betreffenden Nationen im Kampfe gegen die Staaten, die noch nicht zum Sozialismus übergegangen sind, immer mehr zentralisiert. (LW XXI, S. 246 f.). Wenn ich aus marxistischer/kommunistischer Position also der Ansicht sein muss, dass die EU als System überwunden werden muss, und nicht in eine soziale (oder gar sozialistische) Union verwandelt werden kann, sondern nur durch eine solche ersetzt werden kann, dann ist aus marxistischer Sicht ja wohl der logische erste Schritt, sich an diesem gegenwärtigen imperialistischen Machtinstrument NICHT ZU BETEILIGEN (oder im realistischen Fall der KPÖ: sich nicht beteiligen zu wollen...). Das ergibt also für den Status quo nur eine einzige konsequent antiimperialistische, antikapitalistische und kommunistische Forderungsmöglichkeit: Raus aus dem imperialistischen Block! Und in weiterer Folge: Den imperialistischen Block zerschlagen! Das wird nur gehen (damit sind wir wieder bei meinem Ausgangspunkt), wenn wie Marx und Engels oder Liebknecht ganz oben erklärt haben die transnational systemgebenden Elemente ihren Charakter (wohl nötigenfalls individuell) ändern: die Nationalstaaten also egal wie transnational oder international der Imperialismus agiert. Da er dies aber eben auch tut, muss das hat Lenin schon weiter oben gesagt und das is ja auch richtig der internationalen Kraft und Macht des Kapitals eine ebenso global agierende Gegenmacht entgegengestellt werden, müssen nationaler und internationaler Kampf natürlich verbunden werden. Natürlich sind etwa die weltweite Vernetzung der ArbeiterInnen, internationale Solidarität und transnationale Kooperation von Gewerkschaften unabdingbar aber das ist eben proletarischer Internationalismus: eine GEGENmacht. Nicht die Strukturen des Kapitals (sei es ein Staat oder ein Staatenbund und seine Institutionen) können mit kommunistischen Inhalten erfüllt werden, sondern es muss PARALLEL im ebenso trans-/internationalen Ausmaß sozialistische, kommunistische, gewerkschaftliche, progressive Strukturen, Bewegungen, Mechanismen, Zusammenarbeit und Aktionen geben. Wenn die kapitalistische Globalisierung, der Imperialismus, der Neoliberalismus (oder was auch immer...) ihren Klassencharakter weltweit entfalten dann muss die Gegenbewegung ebenso einen klaren Klassencharakter haben: einen proletarischen. Imperialismusapologetische oder reformistische Illusionen hingegen stützen nur die Kapitalherrschaft im Falle der EU sogar international. Das ist ja fast schon ironisch...
lieber genosse tibor!
Nationaler und internationaler Kampf
die hier zitierte passage behandelt die frage wo man unter den gegebenen umstaenden eines nationalen staates zu kaempfen sein und die frage wird richtig beantwortet. sie behandelt aber nicht die fragestellung ob nicht andere strukturen eine besser bedingugn fuer diesen kampf schaffen wuerden. in allen passagen die ich dazu bei ME gefunden habe werden von unseren klassikern die groesseren strukturen bevorzugt. die eu-austrittsforderung ist dieser position diametral entgegengesetzt: sie will bereits entstandene bzw entstehende groessere strukturen wieder durch kleine ersetzten.
ich habe dazu vor einigen wochen eine email an den verteiler geschickt. ich haenge sie am ende dieser mail noch einmal an.
die restliche mail von dir behandelt ebenfalls eine andere frage als die ob groessere oder kleinere staatliche strukturen besser fuer den kampf gegen den kapitalismus geeignet sind. es behandelt die frage ob der buergerliche staat geeignet ist um gegen den kapitalismus zu kaempfen und diese frage wird verneint. die antwort ist dass es eines sozialistischen staates bedarf und selbst dieser nur eine uebergangsrolle spielt.. (wir haben uebrigens zu diesem thema oefters recht interessante diskussionen bei den GO treffen... waere nett wenn du oefters mal vorbeikommst...)
alles richtig aber geht halt etwas am thema vorbei. ob die groessern struturen den kampf erleichter oder nicht. marx begruesst SOGAR den bismarck'schen staat nur allein aus der tatsache weil er von seiner struktur aus groesser (in diesem falle national statt regional) ist:
hans hautmann zitiert im "vademekum" seite 217 einen briefwechsel von engels und marx:
engels musste sich eingestehen, dass die demokratische volksbewegung zu schwach war, um eine verpreussung deutschlands zu verhindern. am 25. juli 1866 schrieb engels an marx:
"die geschichte in deutschland scheint mir jetzt ziemlich einfach. von dem augenblick an, wo bismarck den kleindeutschen bourgeoisplan mit der preussischen armee und so kolossalem skuzess durchfuehrte, hat die entwicklung in deutschland diese richtung so entschieden genommen, dass wir ebensogut wie andere das fait accompli (vollendete tatsachen) anerkennen muessen, we may like it or not.
die sache hat das gute dass sie die situation vereinfacht... die ganze kleinstaaterei wird in die bewegung hineingerissen, die schlimsten lokalisierenden einfluesse hoeren auf, und die partein werden endlich wirklich nationale, statt bloss lokale"
marx pflichte dem bei, als er antwortete:
"fuer die arbeiter ist natuerlich alles guenstig, was die bourgeoisie zentralisiert"
dass die EU in ihrer jetztigen form nicht gut fuer den kampf gegen den kapitalismus ist ist wohl keine frage aber die umwandlung einer EU in ein sozialistisches europa ist eine zwar schwere aber moegliche aufgabe, die umwandlung kleiner sich konkurenzierender nationalstaaten in sozialistische erscheint mir dagegen, angesichts der massiven internationalen wirtschaftlichen und kapitalistischen verflechtungen als eine wesentliche schwierigere aufgabe. und marx ist hier offensichtlich ganz auf meiner seite (siehe zitate am ende).
wie gesagt: ich stimme auch der kritik am buergerlichen staat zu. man muss sich nur ueberlgen wo man anfaengt. heute sind grosse internationale konzerne maechtiger als kleine und mittlere staaten.. es wuerde nichts nuetzten dort den staat zu bekaempfen weil man damit nur die relative macht der konzerne staerken wuerde. (warum sind wir wohl gegen privatisierung oeffentlichen eigentums und fuer verstaatlichung? etc, etc, etc.. ) kurzfristige, mittelfristige und langfristige ziele sollte man nicht verwechseln.
ein kleines gedankenexperiment: angenommen das kleine oesterreich will jetzt die sozialistische arbeiterrepublik ausrufen: aber die konzerne werden sagen: unter diesen umstaenden bauen wir keine fabrik bei euch. unter diesen umstaenden ziehen wir unsere standorte bei euch ab. alle kapitalisten werden ihre gelder ins ausland transferieren noch bevor unser sozialistisches paradies errichtet wurde.. wir stehen alleine da und waeren kaum lebensfaehig.. die bevoelkerung wuerde murren und der traum waere beendet..
jetzt das ganze experiment in einem europaeischen rahmen (eventuell mit einer achse zu den neuen sozialistischen staaten suedamerikas): ein internationaler konzern wird nicht so leicht auf hunderte millionen konsumenten verzichten wollen.. die werden wohl oder uebel unsere auflagen schlucken muessen.. und wenn sie es nicht tun wollen ist europa gross genug um in wesentlichen bereichen autark zu sein.. auch wenn die ganze sache nach wie vor utopisch klingt ist das szenario schon wesentlich realistischer.
aber mir scheint dass es vielen kommunistInnen nicht darum geht sich ueber konkrete veraenderungsszenarien gedanken zu machen (damit meine ich jetzt nicht dich) sondern man schwebt viel lieber in nostalgie und der selbstbestaetigten gewissheit dass man alles ja eigentlich viel besser wuesste wie es gehen wuerde... fuer mich ist es aber wesentlich den weg wie wir von A nach B kommen immer mitzudenken... ich will meinen lebensabend nicht in einer kapitalistischen diktatur verbringen. und wir sind leider momentan am besten wege dorthin...
hier die mail die ich vor einigen wochen ausgesendet habe:
hab jetzt nochmal einwenig marx-engles suche betrieben hier ein paar stellen wo sich die beiden fuer zentralisierung und gegen lokalisierung aussprechen:
Schon die Bourgeoisie arbeitet durch ihre Industrie, ihren Handel, ihre politischen Institutionen darauf hin, überall die kleinen, abgeschlossenen, nur für sich lebenden Lokalitäten aus ihrer Vereinzelung herauszureißen, sie miteinander in Verbindung zu bringen, ihre Interessen miteinander zu verschmelzen, ihren lokalen Gesichtskreis zu erweitern, ihre lokalen Gebräuche, Trachten und Anschauungsweisen zu vernichten und aus den vielen bisher voneinander unabhängigen Lokalitäten und Provinzen eine große Nation mit gemeinsamen Interessen, Sitten und Anschauungen zu bilden. Schon die Bourgeoisie zentralisiert bedeutend. Das Proletariat, weit entfernt davon, hierdurch benachteiligt zu sein, wird vielmehr erst durch diese Zentralisation in den Stand gesetzt, sich zu vereinigen, sich als Klasse zu fühlen, sich in der Demokratie eine angemessene politische Anschauungsweise anzueignen und endlich die Bourgeoisie zu besiegen. Das demokratische Proletariat hat nicht nur die Zentralisation, wie sie durch die Bourgeoisie begonnen ist, nötig, sondern es wird sie sogar noch viel weiter durchführen müssen. Während der kurzen Zeit, in der das Proletariat in der französischen Revolution am Staatsruder saß, während der Herrschaft der Bergpartei, hat es die Zentralisation mit allen Mitteln, mit Kartätschen und der Guillotine durchgesetzt. Das demokratische Proletariat, wenn es jetzt wieder zur Herrschaft kommt, wird nicht nur jedes Land für sich, sondern sogar alle zivilisierten Länder zusammen so bald wie möglich zentralisieren müssen.
Friedrich Engels, Der Schweizer Bürgerkrieg Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 4, S 397
hans hautmann zitiert im "vademekum" seite 217 einen briefwechsel von engels und marx:
engels musste sich eingestehen, dass die demokratische volksbewegung zu schwach war, um eine verpreussung deutschlands zu verhindern. am 25. juli 1866 schrieb engels an marx:
"die geschichte in deutschland scheint mir jetzt ziemlich einfach. von dem augenblick an, wo bismarck den kleindeutschen bourgeoisplan mit der preussischen armee und so kolossalem skuzess durchfuehrte, hat die entwicklung in deutschland diese richtung so entschieden genommen, dass wir ebensogut wie andere das fait accompli (vollendete tatsachen) anerkennen muessen, we may like it or not.
die sache hat das gute dass sie die situation vereinfacht... die ganze kleinstaaterei wird in die bewegung hineingerissen, die schlimsten lokalisierenden einfluesse hoeren auf, und die partein werden endlich wirklich nationale, statt bloss lokale"
marx pflichte dem bei, als er antwortete:
"fuer die arbeiter ist natuerlich alles guenstig, was die bourgeoisie zentralisiert"
wir haben hier, denke ich eine sehr gute analogie zu den verhaeltnissen heute.. fuer marx und engles war der preussische staat alles andere als wuenschenswert aber selbst da war ihnen der zentralisierungseffekt sehr willkommen..
ich glaube man muss auch nicht darauf hinweisen wie sehr marx auf internationalismus wert gelegt haben.. z.b.
in der "kritik des gothaer programms":
Es versteht sich ganz von selbst, daß, um überhaupt kämpfen zu können, die Arbeiterklasse sich bei sich zu Haus organisieren muß als Klasse, und daß das Inland der unmittelbare Schauplatz ihres Kampfs. Insofern ist ihr Klassenkampf, nicht dem Inhalt, sondern, wie das "Kommunistische Manifest" sagt, "der Form nach" national. Aber der "Rahmen des heutigen nationalen Staats", z.B. des Deutschen Reichs, steht selbst wieder ökonomisch "im Rahmen des Weltmarkts", politisch "im Rahmen des Staatensystems". Der erste beste Kaufmann weiß, daß der deutsche Handel zugleich ausländischer Handel ist, und die Größe des Herrn Bismarck besteht ja eben in seiner Art internationaler Politik.
Und worauf reduziert die deutsche Arbeiterpartei ihren Internationalismus? Auf das Bewußtsein, daß das Ergebnis ihres Strebens "die internationale Völkerverbrüderung sein wird" - eine dem bürgerlichen Freiheits- und Friedensbund entlehnte Phrase, die als Äquivalent passieren soll für die internationale Verbrüderung der Arbeiterklassen im gemeinschaftlichen Kampf gegen die herrschenden Klassen und ihre Regierungen. Von internationalen Funktionen der deutschen Arbeiterklasse also kein Wort! Und so soll sie ihrer eignen, mit den Bourgeois aller andern Länder bereits gegen sie verbrüderten Bourgeoisie und Herrn Bismarcks internationaler Verschwörungspolitik das Paroli bieten!
In der Tat steht das internationale Bekenntnis des Programms noch unendlich tief unter dem der Freihandelspartei. Auch sie behauptet, das Ergebnis ihres Strebens sei "die internationale Völkerverbrüderung". Sie tut aber auch etwas, um den Handel international zu machen, und begnügt sich keineswegs bei dem Bewußtsein - daß alle Völker bei sich zu Haus Handel treiben.
Die internationale Tätigkeit der Arbeiterklassen hängt in keiner Art von der Existenz der "Internationalen Arbeiterassoziation" ab. Diese war nur der erste Versuch, jener Tätigkeit ein Zentralorgan zu schaffen; ein Versuch, der durch den Anstoß, welchen er gab, von bleibendem Erfolg, aber in seiner ersten historischen Form nach dem Fall der Pariser Kommune nicht länger durchführbar war.
ich frage mich. wenn der rahmen des kampfes schon im jahre 1875 fuer marx zu eng war... was wuerde er dann heute sagen? fuer mich ist der internationalismus ein wichtiger bestandteil von kommunismus. wenn man den leuten erzaehlt dass nationalstaatlichkeit und damit auch nationalismus ein mittel zur loesung von globalen problemen ist dann ist das das rezept dass die extreme rechte den menschen anbietet...
zusammenfassend: ich bin in den meisten punkten die du in deiner mail aufgefuehrt hast grundsaetzlich deiner meinung... blos sie waren nicht zum thema: grosse strukturen oder kleine strukturen politische strurkturen als bessere voraussetzung fuer den kampf gegen den kapitalismus.
lg mond.
franz schaefer schaefer@mond.at schreibt:
zusammenfassend: ich bin in den meisten punkten die du in deiner mail aufgefuehrt hast grundsaetzlich deiner meinung... blos sie waren nicht zum thema: grosse strukturen oder kleine strukturen politische strurkturen als bessere voraussetzung fuer den kampf gegen den kapitalismus.
EinE MarxistIn stellt sich eben nicht nur die oberflächliche Frage nach einer Form (Größe), sondern nach einem Charakter (Inhalt). Um genau dies darzulegen, habe ich etwas weiter ausgeholt (wo Du meinst, es hätte nichts mit dem Thema zu tun...) - wenn da jetzt freilich der Kontext nicht ersichtlich ist, wird's schwierig. Der Charakter der EU ist jener eines imperialistischen Bündnisses - es ist grundfalsch, hier irgendeinen angeblichen "Integrationsprozess" auf Basis eines (klein-)bürgerlichen Kosmopolitismus (so anti-nationalistisch dies sein mag) gleichzusetzen mit der Herausbildung der Nationalstaaten in Europa. Die EU wird nicht der übergeordnete transnationale Staat mit derselben bürgerlich-demokratischen Maske werden, wie es die Nationalstaaten heute sind - daran hat die Bourgeoisie (konkret: das bestimmende deutsche Finanzkapital) ja auch kein Interesse - sie also keine analoge "größere Struktur". Die EU ist die Form, die sich das westeuropäische transnationale Monopolkapital (transnational heißt: transnational agierend, nicht charakterlich transnational) gibt für die Ziele der supranationalen Unterstützung seiner Verwertungsbedingungen, der Absicherung neokolonialer Mechanismen zur Ausbeutung der rückständigen Lander und der Unterdrückung jeglicher emanzipatorischen Bestrebung in den einzelnen Staaten sowie als Machtmechanismus zwischenimperialistischer Konkurrenzbedingungen. Solange sie zu alledem dient, wird die EU bestehen - wenn sie diesen Anforderungen nicht mehr entspricht, wird es sie nicht mehr geben. Genau deshalb ist sie weder transformier- noch instrumentalisierbar. Jede Analogie (wie Du fälschlich glaubst aus Marx und Engels amputieren zu können) mit dem Deutschen Reich, das die zersplitterten Kleinstaaten tatsächlich zusammengefasst hat und eine zweckmäßige (auch als emanzipatorischer Gegen- und Ansatzpunkt) reale Zentralisation, die den Gegebenheiten entspricht, darstellt, ist eine Fehleinschätzung. Aber vielleicht ist das auch einfach zu konkret, ich versuch's nochmal abstrakt. Inhalt und Form sind zwei zentrale Kategorien materialistischer Dialektik. "Inhalt" bezeichnet die Gesamtheit der inneren Elemente, Eigenschaften, Prozesse eines Gegenstandes oder einer Erscheinung. Unter "Form" ist eben die Struktur, die Organisation, die äußere Gestalt, die sichbaren Oberflächenerscheinungen von Gegenständen, Prozessen etc zu verstehen. Und der "Schmäh" ist: Inhalt und Form bilden eine dialektische Einheit. Sie stehen als zwei objektive Wesensmerkmale aller Gegenstände und Prozesse in einem dialektischen Wechselverhältnis zueinander. Und materialistisch betrachtet ist klar, dass hinter der Form der Gegenstände immer innere Prozesse stattfinden. Die Form ist aber nicht nur eine Widerspiegelung als äußere Gestalt, sondern eine Organisation der Gegenstände, die eine bestimmte Art der Wechselwirkung ihrer inneren Prozesse untereinander und mit den äußeren Bedingungen gewährleistet. Die Form steht dem Inhalt also nicht beziehungslos gegenüber und kann auch nicht mit einem beliebigen Inhalt ausgefüllt werden, sondern wird wesentlich vom Inhalt bestimmt. Innerhalb dieser dialektischen Einheit sind Inhalt und Form nun auch Gegensätze: Der Inhalt ist das bestimmende bewegliche Element dieser Einheit und die Form ist relativ stabil. Die Dynamik dieser gegensätzlichen Einheit bedingt eine Entwicklung, die an einem bestimmten Punkt zur Zuspitzung der Widersprüche zwischen dem sich rasch entwickelnden Inhalt und der mehr oder minder stabilen Form führt. Schlussendlich wird die alte Form zerstört, der neue Inhalt schafft sich eine neue Form. Erst ausgehend von der Entwicklung des Inhalts entwickelt sich immer die Form (und auch die Einheit von Form und Inhalt weiter). Wie kannst Du also behaupten, hier könne es nur um die "Größe von Strukturen" gehen und alles andere täte nichts "zum Thema"? Du darfst das eine nicht ohne das andere Denken, weil's ja gerade in bedingender Beziehung steht. Marxistisch denken heißt totalitär denken. ;-) Du selbst verlangst konkrete Anwendung marxistischer Wissenschaftlichkeit, reduzierst im gleichen sorglosen Atemzug Deine "Analyse" jedoch auf abstrahierte Äußerlichkeiten auf Basis einer recht selektivistischen Marx-"Rezeption". Hier ist die Marx-Rezeption "unmarxistisch" und folgerichtig sind es auch Herangehensweise, Fragestellung und - nona - Beantwortung der konkreten "EU-Frage".
Ciao, Tibor